Samstag, 1. Dezember 2018

Von der Berufung zum Hobby – Wann ist der Traum vom Bestsellerautor-Dasein ausgeträumt?



Die Schreibmeer-Kolumne. Einmal im Monat dürfen unsere Autoren unter diesem Deckmantel aus den Tiefen des Schreibmeers blubbern.



Träumen wir nicht alle davon, dass unsere Bücher irgendwann in den Bestsellerlisten dieser Welt erscheinen? Einer Verfilmung unserer Geschichten sind wir natürlich auch nicht abgeneigt. Irgendwann. Wir müssen nur hart genug daran arbeiten, fleißig schreiben, zurückstecken und uns immer weiter verbessern. Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Verlage auf uns aufmerksam werden. Viele von uns hegen vermutlich schon seit Teenagertagen den Wunsch, irgendwann vom Schreiben leben zu können. Also warum nicht bis zum bitteren Ende daran festhalten?



Wenn es erst einmal so weit ist, werden wir unseren Erfolg allen Zweiflern unter die Nase reiben. All jenen, die das Schreiben als “nettes Hobby” bezeichnet haben und unseren Traum als “unmöglich” abgetan haben. Ja, denen werden wir’s zeigen … Mit Zwanzig können wir diesem Traum aus Schulzeiten auch noch leicht nachhängen. Wir leben in kleinen Wohnungen, womöglich in WGs, verzichten auf ein Auto, auswärts essen ist ein Luxus, Fernreisen sind ein Ding der Unmöglichkeit. Unser Verdienst reicht gerade einmal aus, um die monatlichen Kosten zu decken. Aber das ist zweitrangig. Hauptsache, wir haben genug Zeit zum Schreiben, um irgendwann unseren Traum zu erfüllen. Schreiben ist kein Gefühlsausbruch, sondern harte Arbeit. Das wusste auch damals schon Stephen King, als er nachts neben seinem Job als Lehrer geschrieben hat. Und er hat es schließlich auch geschafft. Warum sollte uns das also nicht auch gelingen? Und es bleibt ja noch viel Zeit, wir sind ja erst in der Anfangsphase …
Mit Dreißig wird es aber schon schwieriger, an dieser Überzeugung festzuhalten. Schließlich gibt es auch noch andere Wünsche, die man sich erfüllen will. Eine größere Wohnung, vielleicht sogar ein eigenes Häuschen mit Garten, ein Auto wäre auch mal ganz nett, vielleicht sogar Kinder … Das alles kostet Geld. Aber die eigenen Bücher werfen noch immer nicht viel ab. 10 Euro im Monat sind das Höchste der Gefühle.
Irgendwann müssen wir uns unweigerlich die Frage stellen, ob wir unseren Traum vom Autoren-Dasein wirklich noch erfüllen können. Der/Die Partner/Partnerin strebt vielleicht ein anderes Lebensziel an, wünscht sich Kinder oder möchte auch mal in den Urlaub fahren. Ich bin mir sicher, dass es wegen dieser unterschiedlichen Lebensvorstellungen von Autor und Nicht-Autor mehr Beziehungskrisen gibt, als wir denken. Der eine verzichtet weiterhin lieber auf “unnötige” Dinge, während der andere sich im Laufe der Zeit etwas mehr Komfort wünscht. Und wenn wir ehrlich sind: Ein Geschirrspüler in der Küche wäre schon ganz nett, aber in der aktuellen kleine Küche hat einfach keiner Platz; ein kleiner Garten anstelle des 3m²-Balkons ist auch nicht zu verachten. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: All das kostet Geld und es ist immer noch nicht absehbar, dass wir in Kürze vom Schreiben leben können.



Wird es allmählich Zeit loszulassen? Wann ist der Zeitpunkt gekommen, den Traum vom Autorenleben beiseitezuschieben und der Realität ins Auge zu sehen?

Ich sehe mich in letzter Zeit immer öfter mit diesen Fragen konfrontiert. Dabei geht es nicht darum, ob ich das Schreiben generell aufgeben soll. Dieser Punkt steht nicht zur Debatte. Aber ich muss mir selbst eingestehen, dass ich realistisch bleiben muss. Ich möchte mit Vierzig nicht denselben Lebensstandard führen wie mit Zwanzig. Ich möchte Reisen nicht immer auf “später” verschieben, weil ich es mir momentan noch nicht leisten kann. Werde ich überhaupt jemals von meinen Büchern leben können? Und mir dadurch sogar kostspieligere Dinge leisten können? Diese Fragen kann ich nicht beantworten. Womöglich sitze ich gerade an einem zukünftigen Bestseller und weiß es nur noch nicht. Womöglich schreibe ich aber nur eine weitere Geschichte, die weder von Verlagen noch von Lesern genügend Aufmerksamkeit bekommen wird und es nicht einmal in die Top 1000 Bestsellerlisten auf Amazon schafft. Das Schreiben von erfolgreichen Büchern hat nicht nur mit Talent, einer guten Geschichte und Marketing zu tun. Es gehört vor allem eine riesige Portion Glück dazu und das können wir nicht beeinflussen. Daher muss sich jeder von uns irgendwann eine ehrliche Antwort auf die Frage stellen, ob man es jemals zu einem Bestsellerautor schaffen wird.
Wir können nicht alle Kings, Rowlings oder Fitzeks sein. Es gibt vermutlich nicht einmal genug Bestsellerlisten, damit jeder, der es sich wünscht, dort einmal mit seinem Titel erscheinen kann. Es ist hart, sich mit diesem Punkt auseinanderzusetzen und im ersten Moment wollen wir es vielleicht auch gar nicht wahrhaben. Schließlich arbeiten wir schon seit Jahren an unserem lang gehegten Wunsch und Träume können sich erfüllen, wenn man nur daran glaubt. Natürlich können wir weiterhin eisern an unserer Vision festhalten, daran arbeiten und auch mit Fünfzig immer noch auf Dinge verzichten, um unserem Traum aus der Jugend hinterherzujagen. Es besteht schließlich immer die Möglichkeit, dass eines Tages alle Faktoren für einen Bestseller zusammentreffen und wir endlich den gewünschten Erfolg haben. Vielleicht passiert das aber auch nie und im Alter blicken wir auf unser Leben zurück und bereuen es, diese eine Reise aus finanziellen Gründen nie angetreten zu haben oder sich der Kinderwunsch nie erfüllt zu haben, weil man es sich nicht leisten wollte. Sind wir mal ehrlich: Wir haben doch alle mehr als nur einen Traum. Sollen diese tatsächlich unser gesamtes Leben für eine einzige Wunschvorstellung auf der Strecke bleiben?
Versteht mich nicht falsch. Ich möchte hier niemandem die Hoffnung nehmen, aber ich gehöre zu jenen Menschen, die nicht blind irgendwelchen Wunschvorstellungen nachlaufen, sondern die sich mit der Realität auseinandersetzen und sich klare Ziele festlegen. Wir können nicht alle berühmte Bestsellerautoren werden. Viele von uns werden sich vielleicht ab und zu einen Kaffee oder sogar ein schickes Abendessen von den monatlichen Buchverkäufen leisten können, aber mehr wird nicht drin sein. Ich für meinen Teil bin auch noch nicht zu 100 Prozent dazu bereit, den Traum aufzugeben, irgendwann vom Schreiben leben zu können. Dennoch werde ich mich schrittweise mit dem Gedanken anfreunden, dass meine Berufung ein Hobby wird. Und womöglich bin ich dann soweit, meinen Traum abzuändern. Dann ist es nicht mehr mein Ziel, vom Schreiben zu leben. Stattdessen schreibe ich einfach Geschichten, weil ich es gern mache und es für mich kaum einen schöneren Zeitvertreib gibt.
Letzten Endes muss jeder für sich selbst entscheiden, wann es aufgrund der eigenen Lebensumstände Zeit wird, den Traum vom Bestsellerautor loszulassen oder abzuändern. Und im Grunde ist es auch überhaupt nicht schlimm. Schließlich schreiben wir um des Schreibens Willen und nicht, um Geld damit zu verdienen.

Wie stehst du dazu? Steht dein Traum vom Bestsellerautor über allem anderen? Lass es uns gerne in den Kommentaren wissen.




Die Schreibmeer-Kolumne. Einmal im Monat dürfen unsere Autoren unter diesem Deckmantel aus den Tiefen des Schreibmeers blubbern. 


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