Mittwoch, 9. September 2015

Die 3-Akte-Struktur

Plotten oder nicht Plotten – das ist oft die Frage, wenn sich ein Autor an eine neue Geschichte setzt. Die einen schwören darauf, die anderen machen lieber einen großen Bogen darum.
Nicht jedem liegt es, vor dem Schreiben ein grobes Gerüst der gesamten Handlung zu basteln, doch vielen Autoren kann es helfen, ihre Probleme in den Griff zu kriegen. Egal ob es sich dabei um Probleme des Spannungsaufbaus handelt oder ob der Autor mitten in der Handlung hängen bleibt und nicht mehr weiß, wie es weitergehen soll.
Ein Romanprojekt ist groß. Es hat viele Szenen, Orte und Personen – gar nicht so leicht, aus diesen Bausteinen eine stimmige Geschichte zu konstruieren. Dabei helfen Plotmuster wie die 3-Akte-Struktur, die ich heute vorstellen möchte.





Im Grunde ist die 3-Akte-Struktur eine Vereinfachung der 5-Akte-Struktur und besteht aus den drei Teilen Exposition (Einleitung), Konfrontation (Hauptteil) und Auflösung (Schluss).
Sie ist besonders durch den US-amerikanischen Schriftsteller und Drehbuchautor Syd Field bekannt und in seinen Büchern gut erklärt.

Der Aufbau sieht wie folgt aus:

  1. Akt Exposition/Einleitung: Einführung von Thema, Hauptfigur und Hauptproblem 
  2. Akt Konfrontation/Hauptteil: Die Geschichte und Handlung über und bis zur Lösung des Hauptproblems 
  3. Akt Auflösung/Schluss: Lösung des Hauptproblems 
Jeder Akt endet mit einem Wendepunkt, leitet dadurch den nächsten Akt ein und gibt der Geschichte eine neue Richtung.



1. Akt

Exposition/Einleitung

Der erste Akt nimmt in etwa ein Viertel der Geschichte ein und ist eine Art einführende Vorgeschichte.
Die Einleitung sollte möglichst kurz und präzise sein und keine langen Beschreibungen oder unnötige Hintergrundinformationen enthalten. Sogenannter Infodump ist hier der Tod jeder Geschichte. Die Einführung von Figur, Situation, Problem und Konflikt steht im Vordergrund und ist wichtig, um dem Leser klar zu machen, um was es geht. Für weiterführende Informationen ist später noch Zeit und Platz genug.


Die Hauptfigur ist die handelnde und tragende Figur in der Geschichte und durchlebt in ihr eine Entwicklung, die für den Ausgang der Geschichte essenziell ist. Es ist wichtig, dass die Hauptfigur gut ausgearbeitet und durchdacht ist, um dem Leser Möglichkeiten zur Identifikation zu geben und die Figur glaubwürdig erscheinen zu lassen. Das beinhaltet Aussehen, Fähigkeiten, Wünsche und Ängste, Gesten, Mimik, Sprechweise und die bisherige Lebensgeschichte. Das Anlegen von Charakterbögen ist ein gutes Hilfsmittel. Nicht jede Information wird später in der Geschichte auftauchen, doch der Autor sollten sie kennen. 

Die Hauptfigur braucht weiterhin einen Grund, wieso sie das Hauptproblem lösen will. Niemand nimmt sich freiwillig eines Problems an, wenn nicht etwas auf dem Spiel steht, also ein Grund zum Handeln existiert. Damit meine ich, dass der Ritter nicht ohne Grund in die Drachenhöhle steigt oder der Kommissar nicht ohne Grund einen Mordfall aufklärt. Der Grund der Hauptfigur zu handeln sollte dem Autor immer klar sein und muss dem Leser kommuniziert werden.

Jede spannende Geschichte braucht ein Hauptproblem, das es zu lösen gilt.
Solche Probleme in Romanen sind z.B. die Lösung eines Rätsels, Suche eines Schatzes, Lösung eines Mordfalls, Zusammenfinden zweier Liebender, Eroberung einer Person oder Überleben einer Katastrophe.

Oft gibt es in Romanen ein äußeres Problem, das nicht nur die Hauptfigur betreffen muss, und ein inneres Problem der Hauptfigur, wobei sie das innere Problem überwinden muss, um das äußere lösen zu können.

Problem, Figur und Grund zum Handeln sind also nötige Komponenten für den Plot.

Am Ende des 1. Aktes wird die Auseinandersetzung mit dem (äußeren) Hauptproblem unumgänglich und der erste Wendepunkt ist erreicht. Der Ruf zum Abenteuer läutet nun den 2. Akt ein.


2. Akt

Konfrontation/Hauptteil

Der Hauptteil besteht aus dem Lösungsweg. Dieser nimmt in etwa die Hälfte der Geschichte ein und darf nicht gradlinig verlaufen. Wenn man sich den richtigen, geraden Lösungsweg überlegt und notiert hat, dann sollte man an den falschen Wegen arbeiten, die die Figur einschlagen könnte und auch wird, um am Ende die richtige Lösung zu finden.
Falsche Wege und Hindernisse sind nötig, um die Geschichte spannend zu machen. Im Leben läuft selten alles so wie geplant. Und selbst wenn – wer würde eine so langweilige Geschichte schon lesen wollen?

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Antagonist.
Die Hauptfigur braucht einen Konkurrenten, der das gleiche oder gegenteilige Ziel hat wie sie selbst. Weiterhin sollte man sich Gedanken machen über Ängste und innere Probleme der Hauptfigur, die der Lösung des Hauptproblems im Weg stehen könnten.
Ein Protagonist braucht einen Antagonisten. Dieser kann also eine Person sein, ein innerer Gegenpart, wie etwa Ängste, oder auch einfach die Umgebung und das Wetter.
So wird die Hauptfigur mit Hindernissen konfrontiert, die im Laufe der Geschichte die Auflösung des Hauptproblems immer schwerer machen. Dies gipfelt meist in einem Tiefpunkt, der die Hauptfigur dazu veranlasst, weitere Kräfte zu mobilisieren, umzudenken oder sich Hilfe in Form von Personen oder Informationen zu holen. Manchmal kommen diese Personen oder Informationen auch von außen auf die Hauptfigur zu. Hat diese dann die entscheidenden Informationen zur Problemlösung, kommt es zu einer weiteren Wendung der Geschichte.

Der 2. Akt wird durch den sogenannten Zentralen Punkt in zwei Teile gegliedert.
Der Zentrale Punkt ist der Moment des entscheidenden Hinweises zur Lösung des Problems. Ob sich die Hauptfigur hier einer Sache bewusst wird, ihr Zusammenhänge klar werden, ein wichtiger Beweis gefunden oder eine Information ergattert wird – der gesamten Geschichte wird hier eine neue Richtung gegeben.

Die Lösung des Hauptproblems kann nun gezielter verfolgt werden und dies führt zum zweiten Wendepunkt.


3. Akt

Auflösung/Schluss

Der Schluss umfasst etwa das letzte Viertel der Geschichte.
Die Hauptfigur kann nun mit Hilfe seiner Hinweise und Mittel das Hauptproblem lösen, was den Höhepunkt der Geschichte darstellt. Bis zu diesem Höhepunkt sollte Spannung und Geschwindigkeit der Geschichte aufrecht erhalten werden.

Das Ende sollte für den Leser befriedigend sein. Das bedeutet vor allem, dass das Hauptproblem gelöst wird und alle nötigen Antworten auf Fragen gegeben werden, die im ersten Akt aufkamen. Der erste und dritte Akt müssen sich für einen guten Schluss dringend aufeinander beziehen. Alle Handlungsstränge sollten wieder aufgenommen und zusammengeführt werden.

Für den Schluss sollte man aber auch überlegen, was der Leser erwartet und für die wahrscheinlichste Lösung hält - und diese Version abändern. Das Ende sollte zwar zufriedenstellend sein, jedoch nicht zu vorhersehbar.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Ende der Geschichte.
Nicht selten schreibt ein Autor über den eigentlichen Schluss der Geschichte hinweg und trägt den Leser zu einem Lebensabschnitt der Hauptfigur, der gar nicht mehr zum Hauptproblem und dessen Lösung gehört und somit nicht mehr Bestandteil der eigentlichen Geschichte ist. Also Augen auf, und am Ende noch mal genau hinschauen.
Hier können besonders Betaleser helfen und wichtige Hinweise zum perfekten Schlussmoment geben.

An dieser Stelle sei auch erwähnt:
Logikfehler oder Spannungsprobleme, die sich beim Schreiben des dritten Aktes auftun, können gelöst werden, indem Korrekturen am ersten Akt vorgenommen werden, denn die Wurzeln der Probleme reichen meist bis an den Anfang zurück.


Kritik

Das Arbeiten nach einem Schema wie der 3-Akte-Struktur hat jedoch auch Kritiker.
Nicht nur wird von vielen Discovery-Writern die fehlende Freiheit bemängelt und das Gefühl, sich dadurch beim Schreiben in einen Käfig gezwängt zu fühlen, auch wird kritisiert, dass durch solche Gerüste immer die gleiche Art von Geschichten entstehen, die nur wenig zum Variationsreichtum der Buchwelt beitragen.

Dazu sei gesagt, dass sich niemand penibel genau an solche Gerüste halten muss. Es sind Wegweiser und jedem Autor ist selbst überlassen, ob er davon die Finger lässt, sie für sich nutzt oder so biegt, dass sie ihm passen.
Gerade die 3-Akte-Struktur lässt sehr viel Freiraum und eignet sich hervorragend, um das Arbeiten mit solchen Plotmustern einmal für sich zu testen.

Aufgabe:
Versuche die Geschichte, die du zur Zeit schreibst (oder die du gerade fertig hast) in diese drei Akte zu teilen und die Wendepunkte herauszufinden.

Weiterführende Links:

Ein Video zur 3-Akte-Struktur (englisch): https://www.youtube.com/watch?v=H6QD5Pbc50I

Ein Video zur 3-Akte-Struktur (deutsch): https://www.youtube.com/watch?v=DHY15BMr63w

Englischer Artikel zur 3-Akte Struktur mit Beispiel: http://www.writerswrite.com/screenwriting/lecture4.htm

Sehr ausführlicher englischer Artikel zur 3-Akte-Struktur: http://blog.janicehardy.com/2013/10/how-to-plot-with-three-act-structure.html

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