Gerade zu Beginn jedes NaNoWriMos ist die Motivation hoch, viele Schreiberlinge posten ihre Erfolge in Form von kurzen Videos, Fotos oder Meldungen. Nicht wenige haben nach dem ersten Tag schon einen fünfstelligen Wordcount, manche erreichen sogar innerhalb der ersten Woche die 50.000 Wortmarke. Klar – am Anfang hat man sich noch Zeit freigeschaufelt, Termine verschoben und auch ich lege da die höchsten Wordcounts hin, weil ich schlichtweg noch nicht so erschöpft bin. Die Ideen sprudeln, der Plot steht und meine Figuren machen noch nicht ihr eigenes Ding.
Als ich 2016 zum ersten Mal teilgenommen habe, hat mich die Schnelligkeit einiger Buddies erschrocken und demotiviert. Warum sollte ich mich diesen Vergleichen also vermehrt in Social Media aussetzen? Wird nicht immer gepredigt, als Autor*In soll ich mich nicht mit anderen vergleichen? Denn letztlich liefert dieser Vergleich Futter für den Inneren Kritiker, den ich mithilfe des NaNos ausschalten möchte.
Natürlich ist dieser Druck, dieses Mitgezogenwerden, auch gewünscht. Innerhalb der 30 Tage, die der NaNo andauert, hatte ich immer die Endlichkeit dieser Mammutaufgabe vor Augen. Trotzdem kann sie unerreichbar scheinen. Neben Beruf, Studium, Krankheit (erfahrungsgemäß grätscht im November immer eine Erkältung dazwischen), Privatleben und anderen Verpflichtungen ist tägliches Schreiben, trotz intensiver Planung immer noch ein Kraftakt. Wenn ich dann auf Facebook, Twitter und Co. die Wordcounts anderer Autoren/Autorinnen sehe, kann mich das ganz schön zurückwerfen. Zudem prokrastiniere ich am liebsten auf Twitter das, was ich eigentlich tun sollte und tausche mich eher mit anderen über das Schreiben aus, statt tatsächlich zu schreiben. Durch die Benachrichtigungen werde ich zusätzlich nur allzu leicht von meinem kreativen Prozess abgelenkt, verliere mich im News Feed und dadurch wertvolle Zeit.
Trotzdem verteufle ich Social Media nicht.
Wie eingangs erwähnt, lebt der NaNoWriMo erst durch Social Media. Auf Facebook, Twitter und Instagram habe ich Schreibbuddies gefunden. Auch durch die Bilder, die von der Seite des NaNos für Social Media bereitgestellt werden, erkenne ich schnell, welche meiner Kontakte am NaNoWriMo teilnehmen. Dadurch kann ich mich unheimlich schnell vernetzen und lerne Leute kennen – jedes Jahr aufs Neue.
Wenn ich am NaNo teilnehme, dann ist das Schreiben überall: In Facebookgruppen oder auf Twitter wird sich zu Wordwars, Sprints oder gemeinsamen Schreibstunden verabredet und in der Instagramstory erzählt eine befreundete Autorin von ihrem Fortschritt. Nichts ist für mich motivierender, als von so viel Kreativität umgeben zu sein und auch mal in den Hintern getreten zu werden, wenn ich das brauche. Auch habe ich in Facebookgruppen und auf Twitter immer Hilfe bekommen, wenn ich ein Plotproblem hatte, erhielt Aufmunterungen, wenn es für mich nicht lief, wie gewünscht und positive Rückmeldung auf meine Statusmeldungen in Form von Likes. All das gibt mir das Gefühl, dass es Menschen gibt, die sich für mein Schreiben interessieren und mich unterstützen.
Von anderen Autoren/Autorinnen habe ich in jedem NaNo viel lernen können. Über das Plotten und darüber, die Selbstzweifel auszuschalten. Vor allem auch dass ein Rohentwurf erst einmal nicht mehr als das ist: eine Rohform, aus der meine Überarbeitung dann erst einen Roman macht. Zwar gibt es in jedem Jahr auch NaNo-Treffen in größeren Städten, jedoch innerhalb Deutschlands nur in wenigen Orten. Zudem bin ich eher ein Alleinschreiber und kann in Gruppen zwar über Ideen sprechen und neue Motivation erhalten, am besten komme ich dann aber am heimischen Schreibtisch voran.
In der letzten NaNo-Woche werden noch einmal alle Kräfte gesammelt, denn mich motivieren meine Buddies und ich feuere im Gegenzug andere Autoren/Autorinnen an. Dann ist es geschafft: Ich kann das große Ziel auf Facebook, Instagram und Twitter feiern und mich online in Glückwünschen baden, wo mich in meinem Alltagsleben dann bald wieder Uni und Arbeit einholen.
Auch in Zeiten des NaNoWriMo kommt es bei mir auf die Balance an. Ich feiere Social Media für die Unterstützung und die Motivation, die mich in der ersten Novemberwoche zu Höchstleistungen anspornt. An schlechten Tagen lasse ich es gerne aus, um mich nicht runterziehen zu lassen, weil andere schneller sind. Es tut mir auch gut, an einigen Tagen des NaNos nur still in meinem Zimmer vor mich hin zu tippen und Niemanden davon etwas zu verkünden.
Alles in allem vernetze ich mich vor diesem NaNo mit einer Handvoll Leuten, die ebenfalls teilnehmen und deren Erfolge ich aktiv verfolge, verabrede mich zum obligatorischen Reinschreiben und werde zur Mitte des Events Twitter auch mal ausgeschaltet lassen, um in meinem Flow zu bleiben. Wenn ich zu stark prokrastiniere, werde ich das Internet für tägliche eine Stunde ganz abschalten und meinen Wordcount abarbeiten, bevor ich mir das Jammern auf Facebook wieder erlaube. Für mich kann es eine gute Motivation sein, zu lesen wie fleißig andere Autoren/Autorinnen sind und wie weit sie es bereits geschafft haben. In mir weckt das den Kampfgeist und wird mich bestimmt auch dieses Jahr über die Ziellinie ziehen.
Manchmal hasse ich den Druck, der durch Social Media in Zeiten des NaNos entsteht. Meistens liebe ich ihn aber.
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Zum Weiterlesen:
- Social Media – Brauch ich das wirklich?
- Social Media Detox – Erfahrungsbericht einer Autorin
- Social Media: Von Ehrlichkeit, Rechtfertigung und Selbstbetrug
Nadine wildert unter ihrem Pseudonym "Caytoh Nezach" nicht nur in fantastisch- melancholischen Welten, sondern zwitschert auch über ihr Autorenleben zwischen Arbeit, Uni und Alltagsstress unter @CaytohNezach
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