Als unser Schreibmeer-Team mögliche Themen zum NaNoWriMo diskutierte, war mir sofort klar, welches davon ich haben wollte. Klar hätte ich auch zu NaNo Communities etwas schreiben können, oder über das Balancieren von Job und Schreiben im November – denn mit beidem habe ich reichlich Erfahrung. Aber was Selbstzweifel angeht, bin ich Experte. Der NaNo hat in dieser Hinsicht zwei Gesichter – das Aufmunternde, Lächelnde, das deine Selbstzweifel schmelzen lässt wie Eis an der Sonne, und das Kritische, Unbarmherzige, das sie ins Unermessliche verzerrt. Ich kenne beide gut, und ich glaube, dass es vielen Wrimos genauso geht – egal ob Anfänger oder erfahrener Teilnehmer.
„Wow, ich schaffe das ja tatsächlich“ – der NaNo als großartige Motivation
Die Teilnahme am NaNoWriMo wird oft mit dem Erlegen eines Drachen verglichen – oder zumindest mit dem Versuch, dies zu tun. Mein allererster NaNo im Jahr 2015 war für mich genau das; nur, dass der Drache nicht die Herausforderung an sich war. Der Drache war ein Teil von mir selbst.
Bildquelle: Pixabay
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Denn früher hatte ich mit Leichtigkeit geschrieben, doch auf Grund einer sehr negativen persönlichen Erfahrung in meiner damaligen Schreib-Community war ich nicht mehr in der Lage, meine verletzten Gefühle und das Schreiben zu trennen. Ich versuchte mich an diversen Projekten, und scheiterte immer wieder. Mein Selbstbewusstsein fiel auf den Nullpunkt.
Ich schrieb immer noch. Ich plottete immer noch. Aber ich plottete ewig, war nie zufrieden und nie in der Lage, die Ergebnisse in eine vorzeigbare Geschichte zu verwandeln.
Und dann, im Oktober 2015, wurde ich an den NaNoWriMo erinnert. Ich hatte seit Jahren geplant, einmal selbst teilzunehmen, aber es war jeden November etwas dazwischen gekommen. Dieses Jahr hatte ich Zeit, doch machte es mit diesem “Schreibtrauma” überhaupt Sinn, es auch nur zu versuchen?
Ich entschied schließlich, dass ich nichts zu verlieren hatte. Dieser November würde die Entscheidung bringen. Entweder ich würde es schaffen, zum Schreiben zurückzufinden, oder ich würde scheitern. Der Planer und der Perfektionist in mir waren beide entsetzt, aber ich hatte das Gefühl, dass dies der einzige Weg war.
Ja, ich hatte alles Mögliche erwartet. Dass ich nicht einmal wüsste, wo anfangen. Dass ich nicht jeden Tag schreiben könnte. Dass ich bald hoffnungslos festhängen würde, ohne die Wörter oder den Willen zum Weiterschreiben. Dass mein innerer Kritiker mir schonungslos mitteilen würde, dass es eh alles keinen Sinn hätte.
Doch das absolute Gegenteil war der Fall. So ziemlich jeden Tag erreichte ich mein Ziel von 1 667 Wörtern. Endlich konnte ich mich wieder hinsetzen und stundenlang schreiben, nur um dann aufzuschauen und mich zu wundern, wie die Zeit vergangen war. Meine Geschichte entwickelte sich schneller und besser als erwartet. Mit Tränen in den Augen verfasste ich dann Ende November mein finales NaNo Update, denn ich hatte etwas geschafft, was ich nie für möglich gehalten hätte. Ich hatte meinen inneren Drachen und meine Selbstzweifel besiegt.
Gewinnerbadge 2014. Quelle: https://nanowrimo.org |
„Wie soll ich das bloß schaffen?“ – Der NaNo als unüberwindliche Hürde
Nach einer so positiven ersten Erfahrung war es natürlich keine Frage, dass ich im nächsten Jahr wieder teilnehmen würde. Schließlich wusste ich ja jetzt, was mich erwartet – und wie positiv alles werden konnte. Doch ich sollte wieder überrascht werden.
Denn 2016 lernte ich das zweite Gesicht des NaNo kennen. Es fühlte sich von Anfang an anders an als das Jahr zuvor, zäher, schwieriger. Auch 2015 zuvor hatte ich gekämpft, war aber gerade deswegen am Ende unglaublich stolz auf mich. Und dieses Gefühl des Stolzes fehlte in meinem zweiten NaNo völlig.
Ich hatte es einmal geschafft, also erwartete ich von mir, es problemlos wieder zu schaffen. Und nicht nur problemlos, nein, besser. Mehr Wörter, mehr Organisation, weniger Kampf. Doch das Gegenteil war der Fall. Ich war nicht mehr zufrieden. Zu wenig Wörter, nicht gut genug.
Und dann begann ich auch noch, mich mit anderen zu vergleichen, die scheinbar mühelos und mit großem Spaß vorankamen. Und je mehr ich mich verglich, desto schlechter schnitt ich ab. Desto weniger motiviert war ich, mich wieder an den Schreibtisch zu setzen. Es wurde ein Teufelskreis. Ja, ich kam am Ende auf meine 50 000 Wörter, aber der Zauber des NaNoWriMo war verflogen. Der innere Drache war zurück.
Wie also besiege ich den Drachen?
Als ich 2017 überlegte, meinen dritten NaNo in Angriff zu nehmen, machte ich mir im Vorfeld viele Gedanken. Aber nicht zur Geschichte, sondern darüber, was ich tun konnte, wenn die Selbstzweifel wieder die Oberhand gewinnen würden. Statt zu plotten suchte ich mögliche Strategien, um den inneren Drachen zu besiegen.
Klar, am besten wäre es, den NaNo mit dem olympischen Gedanken „Dabeisein ist alles“ anzugehen, oder mit der Einstellung, die auch die Gründer empfehlen: Jedes geschriebene Wort ist ein Wort mehr auf dem Weg zum fertigen Buch, und ein Wort mehr, als wenn man nicht teilgenommen hätte. So ist jeder Teilnehmer ein Gewinner, auch wenn man die 50 000 am Ende knapp oder sogar deutlich verfehlt.
Ich versuche sehr stark, diese Worte zu verinnerlichen; aber ganz ehrlich: ich kämpfe damit. Und dann sind es vor allem drei Strategien, die mir persönlich helfen:
1) Zweifel zulassen, aber den Spaß nicht verlieren
Egal, wie viel Spaß man am NaNo hat und wie gut vorbereitet man startet – früher oder später lässt die Energie nach, und man beginnt an sich selbst zu zweifeln. Das ist völlig normal und gehört dazu – allein dieses Wissen kann schon helfen.
Außerdem ist es wichtig, die Zweifel zwar zuzulassen, aber dann auch wieder wegschieben zu können. Denn sobald man in den Sog des „letztes Jahr lief das aber besser“ oder des „alle anderen schaffen mehr Wörter als ich“ gerät, ist man verloren. Der Spaß am NaNo ist dahin, und Schreiben wird zur Qual.
Besinnt euch lieber darauf, dass es ja um die Geschichte geht – nicht um persönliche Rekorde und nicht darum, anderen etwas zu beweisen. Es geht um die Geschichte, die man aus so vielen Gründen unbedingt erzählen will und für die man brennt.
2) Den Perfektionismus abschalten
Oft hilft es auch, sich immer wieder vor Augen zu halten, dass im NaNo kein perfekter Roman entsteht, der bereit zur Veröffentlichung ist. Das gelingt nicht einmal professionellen Autoren. Dennoch schafft ihr euch ein wertvolles Grundgerüst, mit dem man danach in seinem gewünschten Tempo weiterarbeiten kann. Um Autorin Shannon Hale zu zitieren: „I'm writing a first draft and reminding myself that I'm simply shovelling sand into a box so that later I can build castles.” Und der NaNo ist eine gute Zeit zum Sandschaufeln.
3) Gleichgesinnte suchen
Am besten man sucht sich eine kleine Gemeinschaft mit Autoren, die man kennt, und wo nicht nur Wortzahlen verglichen werden, sondern auch mal gejammert werden kann, wenn so gar nichts vorangeht. Es kann enorm helfen zu sehen, dass auch andere mit dem Wordcount kämpfen. Oder tut euch einfach mit dem besten Schreib-Buddy oder Autorenkollegen zusammen, und bestreitet den NaNo als Team, das alle Aufs und Abs teilt und sich gegenseitig motiviert. Ich habe meinen besten Schreib-Buddy (und inzwischen auch meine beste Freundin) übrigens im NaNo 2015 kennengelernt.
Abschließend möchte ich euch auf jeden Fall einen großartigen NaNoWriMo 2018 wünschen. Denkt daran, egal wie hoch euer Wordcount am Ende ist, ihr seid bereits Sieger, weil ihr den Kampf mit dem Drachen aufgenommen habt.
Wie sind eure Erfahrungen mit Selbstzweifeln im NaNo? Habt ihr weitere gute Strategien, die ihr empfehlen könnt?
NaNoWriMo-Poster 2018. Quelle: https://nanowrimo.org |
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Zum Weiterlesen:
- Fanfiction and Me, Teil 1 – ein Rückblick
- Der Antagonist ist immer der Böse – Regeln für Gegenspieler, gegen die man verstoßen kann und sollte
- Die Dystopie - „Es war doch alles gut gemeint …“
Stella Delaney – Autorin, Bloggerin und Geschichtenerzählerin aus Winterthur in der Schweiz. Süchtig nach Kaffee, Tee und allem Süssen. Liebt Katzen, gute Gespräche und Geschichten in jeder Form.
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