Samstag, 5. Mai 2018

Plotbunnyzirkus – bloß nicht den Fokus verlieren!

Ihr kennt das sicher: Man sitzt an einer Geschichte, es läuft ganz gut und plötzlich fällt einem die nächste Geschichte ein. Wenn das nicht geschieht, ruft eine befreundete Autorin zu einer gemeinsamen Schreibaktion auf oder es gibt eine interessante Ausschreibung. Der neue Plot drängt sich auf und man kommt ins Grübeln, ob das, was man gerade schreibt, überhaupt Sinn macht und seine Zielgruppe finden wird. 


Dazu gibt es jede Menge Statistiken, was im Selfpublishingbereich gerne gelesen wird, man sieht Autoren erfolgreich werden und überlegt, wie man selber vielleicht einen ähnlichen Weg gehen kann. Dazu kommen dann noch all die handwerklichen Fähigkeiten, die man entwickeln soll und allgemeine Tipps zur Schreibroutine, über die ich in meinem letzten Artikel bereits geschrieben habe.

Gerade als neuer Autor ist es da oft schwierig (wenn man nicht ohnehin „das eine Projekt“ im Kopf hat, das man umsetzen will), sich zu orientieren und herauszufinden, wohin die Reise gehen soll. Mir zumindest ging es lange so. Ich wollte immer Fantasy schreiben und hatte eigene Ideen. Aber ich bin ein sehr begeisterungsfähiger Mensch, was meistens gut ist, da ich an beinahe allem Interesse entwickeln kann und somit die Welt für mich ein sehr spannender Ort ist, wo es immer Neues zu entdecken gibt. Beim Schreiben ist das aber manchmal nicht so einfach. Ich kann schlecht bei einer Sache bleiben. Irgendwo gibt es immer eine Ausschreibung für einen Schreibwettbewerb, der interessant klingt, durch eine Unterhaltung komme ich auf neue Ideen (es gibt Menschen, die ihre Asche nach dem Tod zu einer Schallplatte pressen lassen? Was für ein toller Aufhänger für eine Geistergeschichte!), durch das Schmökern im Internet fliegen mir die Ideen nur so zu (Climate fiction klingt ja spannend!). Alles gute Ablenkungsmöglichkeiten, um nicht beim aktuellen Thema zu bleiben. Mein Gehirn ist leider super gut darin, aus all dem Geschichten zu machen, was dazu geführt hat, dass ich regelmäßig mit gefühlten hundert Ideen da saß, die mich alle so mittelmäßig überzeugten. Aber ich wollte ja nichts verpassen, keine Chance verstreichen lassen, also hatte ich irgendwann einen vollen Zeitplan mit jeder Menge Deadlines (neben Job und anderen Verpflichtungen) und wusste nicht mehr, wo ich anfangen sollte.

Irgendwann wurde mir klar, dass das so nicht mehr funktionieren konnte, denn ich hatte zwar viele Ideen, aber kaum eine davon umgesetzt, seit mein erstes kleines Büchlein entstanden war. Die letzten Monate habe ich also angefangen, alles rauszuschmeißen aus meinen Plänen, woran ich nicht wirklich hänge. Mein halbfertiges „Voodoo“-Manuskript musste dran glauben, mehrere Wettbewerbstexte und -deadlines sowie einige fast fertige Plots. Sie alle sind in den hintersten Winkel meines PCs verbannt worden und werden in Zukunft wohl nur noch als Inspirationshilfe dienen. Jetzt arbeite ich ausschließlich an einem größeren Projekt und das fühlt sich gut an. Bei gemeinsamen Projekten, z.B. Anthologien von Kollegen, mache ich nur mit, wenn diese zu mir passen, anstatt jeder Gelegenheit hinterherzurennen. Ich komme voran, verzettele mich nicht dauernd und muss vor dem Schreiben nicht überlegen, woran ich schreibe, denn es gibt nicht mehr so viel Auswahl. Außerdem tut es gut, genau das zu schreiben, was mir gefällt. Es macht wieder Spaß, an den Geschichten zu sitzen.

Zufälligerweise lese ich gerade das Buch „Von Beruf Schriftsteller“ von Haruki Murakami und habe darin einen Satz entdeckt, der die Inhalte von diesem und meinem letzten Artikels ganz gut zusammenfasst:

„Ich wollte meine Romane nach meinem eigenen Zeitplan und nach meinem eigenen Geschmack schreiben. Das war für mich das Minimum an Freiheit, das ein Schriftsteller braucht.“

Das trifft es für mich ins Schwarze. Ich glaube auch, dass so letztendlich die besten Geschichten entstehen können. Ich glaube, dass (fast) nur so auch wirklich neue Geschichten entstehen können, die noch nicht in abgewandelter Form hundert Mal erzählt wurden. Natürlich besteht auch ein Risiko darin, dass das „Neue“, das man geschaffen hat, nicht gut ankommt. Im Gegensatz dazu weiß man z.B. bei klassischer Romantasy, wo man seine Leser findet und die Leser wissen ungefähr, was sie erwartet, wenn sie ein solches Buch kaufen.

Letztens habe ich ein Interview mit Dennis Kelly gesehen, der unter anderem für BBC schreibt. Auch wenn die Arbeit in einem „writers room“ vermutlich etwas anders abläuft als bei uns Romanautoren, möchte ich euch seinen Tipp nicht vorenthalten.

Als er gefragt wird, welchen Rat er jungen Autoren geben würde, antwortet er: „Der beste Rat, den ich bekommen habe, war (…) wenn du jetzt Kompromisse eingehst, wirst du das während deiner ganzen Karriere weiterhin tun.“ Er geht nicht davon aus, dass man irgendwann einen Status erreicht, mit dem man dann letztlich einfach tun kann, was man will und die Leute einem zuhören werden. Stattdessen sollte man von Anfang an entscheiden, wer man sein will und diese Person dann weiterhin sein. Er gibt den Rat, zu versuchen, die Dinge zu schreiben, die einem wichtig sind.

Die Lehren, die ich aus diesen Tipps und meinen Erfahrungen für mich gezogen habe sind: 

  • Überlege dir, was du schreiben möchtest und bleib dabei.
  • Fokussiere dich auf ein Projekt (oder eine überschaubare kleine Menge).
  • Kooperationsprojekte (Wettbewerbe, Anthologien …) nur machen, wenn sie zum „großen Ganzen“ passen und nicht zu viele zeitliche Reserven kosten. 

Jetzt, wo ich das hier so niederschreibe, klingt es sehr banal. Aber ich habe einige Zeit gebraucht, um das für mich zu erkennen, also lasse ich es so stehen, da es vielleicht da draußen den oder die eine/n gibt, dem/der diese Gedanken ebenfalls weiterhelfen.


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Zum Weiterlesen:


Sabrina bloggt außerdem auf sabi-writing-whatever.com 


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