Mittwoch, 16. Mai 2018

Crowdfunding für Autoren

Machen wir uns nichts vor: Wenn man sein Buch selbst veröffentlichen will, kostet das eine Menge Geld. Nicht jeder hat die nötigen finanziellen Mittel auf der hohen Kante oder kann monatlich einen bestimmten Betrag beiseite legen. Eine attraktive Möglichkeit ist das Crowdfunding. Da ich gerade erst anfange, mich näher mit dem Thema zu beschäftigen und Autorenkollegen eher von außen dabei beobachtet habe, habe ich mir ein paar Experten gesucht und sie dazu befragt.

 


Ines Zimzinski
Meine erste Interviewpartnerin ist Ines Zimzinski. Sie ist bereits seit fünf Jahren im Vorstand des Deutschen Crowdsourcing Verband tätig und hat auch schon Bücher übers Crowdfunding herausgebracht.

Hallo Ines,

da du diejenige meiner Interviewpartner bist, die sich schon eine Weile intensiv mit dem Thema beschäftigt, habe ich ein paar Fragen vorbereitet, die ich mir momentan stelle:

 

Welche Aspekte sollte man als Autor beim Crowdfunding unbedingt im Auge behalten?

Zuallererst: Crowdfunding ist Werbung mit angeschlossener Finanzierung und ich werde als AutorIn nie wieder so nah an meine Leser kommen. Wichtig ist Kommunikation: Updates vom Schreibprozess, Covergestaltung, Lektorat (Foto mit roten Kreisen und Notizen) und etwas aus dem Leben des Autors, der Autorin. Also eigentlich auch nichts anderes, als das was der AutorIn macht, wenn sie/er die Fanbase auf Facebook oder Instagram bespielt und teilhaben lässt. Das Video sollte authentisch sein. Und auch sagen, worum es geht.

Crowdfunding sind per se Einnahmen, die es so zu versteuern gilt. Aber es gibt ja auch Ausgaben, die gegengerechnet werden können. So bliebt die Restsumme dann fürs Finanzamt. Gegenleistungen sind wichtig: 80% der Summe werden mit kleinen Gegenleistungen finanziert. Von Lesezeichen, über Danksagung im Buch, Widmung bis hin zu einer Person, die den Namen des Unterstützers trägt, kann der Fantasie freien Lauf gelassen werden. Auch Abos für Kurzgeschichten oder eine Wohnzimmerlesung ist möglich. Und wo die Fans dann da sind, kann gleich der zweite Band oder gar das Hörbuch wieder ge-crowdfundet werden.

 

Wie sieht es mit der Sicherheit aus? Woher wissen die Unterstützer, dass das Geld auch dort landet, wofür es bestimmt war?

Rechtlich ist es ein Kaufvertrag, der eingegangen wird. Hier wäre dann das BGB die Richtschnur.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 433 Vertragstypische Pflichten beim Kaufvertrag
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.


Was der AutorIn mit der überfinanziertes Summe macht, ist seine Sache. Es gilt Vertrauen und Transparenz. Der Unterstützer ist aber nicht zeitgleich der "Boss" oder das "Elternteil". Aber auch hier: stimmen die Updates oder Kommunikation, kommt auch kein Zweifel auf ...
Zusätzlich gibt es viele Plattformen, die dem Unterstützer das Geld zurück zahlen, wenn die benötigte Finanzierung nicht zustande kommt.

 

Gibt es irgendeinen Nachteil am Crowdfunding?

Ja, der AutorIn muss es mögen zu kommunizieren. Sie oder er muss es mögen, Fotos zu machen oder Teil des Schaffens/Schreibens öffentlich zu machen. Wenn das getan wird, gewinnt aber die Bindung der Leser, denn sie lieben es, Teil der Erfolgsgeschichte zu sein. Nicht umsonst sind viele Selfpublisherinnen so erfolgreich: Sie lassen Leser ein bisschen in ihr Leben. Und ganz ehrlich: Was nützt es, wenn ein tolles Buch ungesehen im (Online)Regal steht? Dann doch lieber vorab Werbung UND Vorbestellungen sammeln und sehen, wie viele Leser einen den Autoren-Rücken stärken.

Vielen Dank für deine Antworten, Ines. 




Selfpublishern, wie ich es einer bin, liegt es einfach im Blut, sich und ihre Projekte, der Öffentlichkeit zu zeigen. Es macht mir Spaß, mit meinen Lesern zu kommunizieren, also könnte ich das Thema Crowdfunding wirklich für eines oder mehrere meiner Projekte in Erwägung ziehen. Wenn ich die rechtlichen Dinge im Hinterkopf habe, sollte dabei eigentlich wenig schief gehen.

Benjamin Spang
Mein nächster Interviewpartner ist Benjamin Spang. Tatsächlich bin ich auf ihn durch seine Crowdfunding-Kampange aufmerksam geworden. Er beschreibt sich selbst als verlagsunabhängigen Autor, der gerne Dark Fantasy mit weiblichen Hauptcharakteren schreibt. Wenn er nicht gerade an seinem Manuskript arbeitet, schreibt er Tweets, isst Döner oder schlürft eine eisgekühlte Capri-Sonne.

Über die Plattform Startnext hat er das Lektorat seines Romans „Blut gegen Blut“ finanziert.

 

Warum hast du dein Buch „Blut gegen Blut“ über Crowdfunding finanziert? Denkst du nicht, du hättest es über einen Verlag einfacher haben können?


Dafür muss ich etwas weiter ausholen. Ich war schon immer ein kreativer Selbermacher. Als Kind habe ich eigene Comics gezeichnet. Dann ging ich dazu über, eigene Computerspiele zu entwickeln. Alles was ich gemacht habe, ging direkt an den "Endkunden". Ohne Umweg. Als dann Amazon mit seinem KDP-Programm startete, und man selbst geschriebene Bücher direkt dort anbieten konnte, war ich sofort begeistert.

Ich glaube nicht, dass ich es über einen Verlag einfacher gehabt hätte. Ich finde es recht mühsam, jemanden von seiner Arbeit erst überzeugen zu müssen, immer wieder Verlage anschreiben und hoffen, dass einer Interesse zeigt. Darauf hatte ich einfach keinen Bock. Ich wollte das Schreiben, was mich selbst begeistert und damit meine Leser direkt beliefern und ebenfalls begeistern.

Ebenso wäre es ohne Crowdfunding nie möglich gewesen, meinen Lesern zum Beispiel eine Special- oder Limited Edition meines Romans anbieten zu können. Das ging, gerade finanziell, nur durch die finanzielle Vorleistung meiner Leser und Fans.

Man darf aber auch nicht vergessen, dass man Crowdfunding zum Großteil auch wegen des Marketings macht. Ich war sehr oft in der Zeitung oder mit Interviews in Zeitschriften deswegen. Und dieses Interview belegt es ein weiteres mal, haha :).

 

So wie ich dich kenne, hattest du für das Crowdfunding einen ausgeklügelten Plan (und natürlich einen schönen Döner). Magst du uns ein paar Details verraten?

Ich bin einfach eine Person, die sich immer auf alles minutiös vorbereiten muss. So war es auch bei meiner Crowdfunding-Kampagne. Es gab vorbereitete Blogbeiträge mir bekannter Autoren und Blogger, die zu einem von mir festgelegten Termin veröffentlicht wurden. Dazu gab es von mir ebenfalls regelmäßige Beiträge direkt auf meiner Crowdfunding-Seite. Es ist wichtig, während des Crowdfundings die Leute immer wieder auf die Seite zu locken und zu sagen "hey, guckt mal, ich brauch euren Support!" aber natürlich ohne die Leute dabei zu nerven. Das ist einfach eine Kunst für sich. Jeden Tag das gleiche zu posten nervt die Leute irgendwann. Zu recht. Man muss kreativ sein. Aber das ist für mich als Autor ja Gott sei Dank keine große Hürde :).

 

Deinen nächsten sehr guten Roman „Blut gegen Blut 2“ möchtest du wieder mit Hilfe von Crowdfunding veröffentlichen. Was sind deine Top drei Gründe dafür?

  1. Der Marketing-Effekt.
  2. Dass ich meinen Lesern tolle Extras anbieten kann.
  3. Das Geld.

Vielen Dank für deine Antworten, Benjamin.



Steffi Lady of the Books
Okay, das klingt doch alles erstmal ganz nett. Aber als guter Autor und Selfpublisher muss man natürlich auch seine Leser im Blick haben. Weil ich wissen wollte, wie Leser über Crowdfunding denken und wie man sie ins Boot holen kann, habe ich die liebe Steffi interviewt. Auf ihrem Youtube-Kanal spricht sie als Lady of the Books über ihre Leidenschaft: Bücher und das Lesen.

 

Als Leser und Booktuber unterstützt du gern Autoren, darunter auch Selfpublisher, mit Rezensionen. Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit du einen Autor bei einer Crowdfunding-Kampagne unterstützen würdest?


Ich bin tatsächlich ein Mensch, der sehr auf Sympathie geht. Mir muss ein Autor schon sympathisch sein. In einer Anfrage per E-Mail zum Beispiel müsste man mit Namen angesprochen werden, so dass man das Gefühl hat, es spricht einen auch wirklich ein Autor an, weil er gemerkt hat „Oh, die Steffi liest gern High-Fantasy und Thriller, also spreche ich sie an.“ Ich finde es merkwürdig, wenn mich Autorinnen von New-Adult-Romanen ansprechen: „Ich habe gesehen, du liest das sehr viel.“ Und ich denke so: „Aha. Da weißt du aber mehr wie ich.“

Es muss also schon passen und es muss Sympathie da sein. Ich hab auf der Buchmesse auch gemerkt, zum Beispiel mit den Kinderbuchautoren oder auch mit dem, der diese Badewannenbücher macht, wenn man ins Gespräch kommt, dass alles ein bisschen locker ist. Es geht nicht gleich um den Verkauf. Es ist natürlich leichter, wenn man den Autor so kennenlernt als über eine E-Mail. Ich finde es sehr schön, wenn es erst mal allgemein um Bücher geht und man dann wirklich erst im näheren Kontakt auf dieses Thema kommt.

Bei Selfpublishern fand ich einfach immer sehr interessant, dass die ihre Sache selbst in die Hand genommen haben. Das fand ich immer großartig. Es fing irgendwann mal an, ich glaube mit Laura Newman, dann ging es weiter mit Michelle Schrenk, Erik Kellen, dann irgendwann Jacqueline Vellguth. Das sind so meine großen Selfpublisher. Es gab dann noch Juliane Maybach, mit der ich regen Kontakt hatte, und Laura Labas. Man kommt dann irgendwie ins Gespräch, man liest dann das Buch, und tauscht sich ein bisschen aus. Es muss jetzt keine Freundschaft entstehen wie bei Jacky oder Laura. Das setze ich nicht voraus. Aber ein miteinander. Und dann natürlich dieses, dass ein Autor auch bereit ist, dein Video einfach mal weiterzuverlinken. Zu sagen: „Hey guckt mal, die hat mein Buch gelesen, guckt mal rein.“ Dieses Miteinander, dass beide etwas davon haben. Wichtig ist definitiv Sympathie und dass man das unterstützt.

Es gibt ja auch dieses Patreon. Da habe ich auch fünf, sechs Künstler unter anderem auch Laura Newman, durch deren Video ich darauf aufmerksam geworden bin. Was ich damals nicht so schön fand, ist, dass sie sich so gerechtfertigt hat dafür. Ich würde mir tatsächlich wünschen, dass das nicht passiert. Ich finde, es muss einen Grund geben, dass jemand sagt, ich hätte gerne diese Unterstützung und sich nicht rechtfertigen, warum man es mit eigenen Mitteln vielleicht nicht schafft.

Bei mir ist das zum Beispiel auch eine Überlegung. Ich würde neben meinem Hauptjob auch gerne schreiben, jetzt nicht unbedingt, dass ich mir Zeit dafür erkaufe. Aber wenn ich an so ein Lektorat denke, an Buchcover und sonstigem. Da bist du schnell mal sechs-, sieben-, achthundert, tausend Euro los, die ich nicht übrig hätte. Dann natürlich zu sagen: „Hey, ich würde das gerne machen und würde mich da einfach über Unterstützung freuen, um das zu finanzieren.“ Ich glaube, dass das jeder verstehen kann, wenn das ein logischer Grund ist wie: Ich arbeite Vollzeit, trotzdem habe ich jetzt keine Tausend Euro übrig für dieses Projekt, würde es aber gerne machen. Ich glaube, dass das schon ein Grund wäre, wegen dem ich anspringen würde und natürlich, wenn man wie bei Patreon auch was mit den Menschen anfangen kann. Ich kenne Laura, ich gucke die drei, vier Musiker gern auf Youtube, die ich unterstütze. So etwas finde ich tatsächlich gut. Und ich glaube, dass man das auch gut auf Crowdfunding umwälzen könnte.

Das wären die Gründe, auf die ich anspringen würde. Ich glaube auch einfach, um jemanden, dessen Idee ich cool finde, zu unterstützen. Wie zum Beispiel dieses Badewannenbuch. Das ist einfach was kreatives, mal was neues und anderes. Das spricht mich an. Warum dann nicht einfach Teil von diesem Projekt werden. Ich möchte jetzt nicht namentlich genannt werden, aber dass man sagen kann, ich hab diese Idee unterstützt, ich fand die toll. Man steht dann auch hinter der Idee.

Das kann man jetzt natürlich nicht bei 100 Projekten. Ich kann jetzt auch nicht 100 Leute mit fünf Euro unterstützen, aber wenn man eben so eine Handvoll hat, denen man gerne fünf Euro im Monat zukommen lässt. Wenn man merkt, der Mensch hat sich Gedanken gemacht. Ich glaube, es gibt nichts schlimmeres, als jemanden, der einfach nur etwas in den Raum wirft und man das Gefühl hat: „Na ob das überhaupt irgendwas wird.“

 

Beim Crowdfunding ist es üblich, für die Unterstützung eines Projekts eine Gegenleistung zu bekommen. Welche Gegenleistung wäre für dich besonders wertvoll?


Ja, du wirst lachen. Über diese Frage, habe ich auch nachgedacht, als du diesen Artikel aufgeworfen hast. Und ich habe mir gedacht: „Was würde dich denn wirklich freuen? Würde dich irgendeine Zusatzbeigabe locken, um das Projekt zu unterstützen?“ Und ich wusste tatsächlich nicht, was das hätte sein können.

Ich glaube tatsächlich, dass es ziemlich blöd wäre, zu sagen, du bekommst am Ende für deine zehn Euro auch das Buch. Ich weiß nicht, ob man tatsächlich einen Vorabdruck nimmt, eine Buchfahne, wie man aus dem Verlagswesen vielleicht kennt. Oder ob man vielleicht sagt, du bekommst es mit Signierung oder einen Schlüsselanhänger mit dem Buch dazu. Oder ob man sich überlegen könnte, dass du bei deiner Bestellung du einfach 10% oder zwei Euro sparst. Oder ihr bekommt das Hardcover zum Taschenbuchpreis oder zwei zum Preis von eineinhalb. Um so einen Sammlerwert zu haben. Ich weiß nicht, ob das mit den Buchpreisbindungen in Deutschland wirklich umsetzbar ist, dass man da einen Rabatt gibt. Oder die Bücher einfach herschenken, ich weiß nicht, ob sich das dann noch rechnet. Und vielleicht ist es auch zu einfach. Du lebst ja dann von den Verkäufen. Und wenn du dann auf Amazon in diese Top 100 möchtest als Selfpublisher, ja dann brauchst du ja auch Verkäufe. Dann wäre es natürlich cool zu sagen: „Hey, kauf dir die zwei und dann bekommst du rückwirkend das Geld für das halbe Buch zurück, oder zeig mir, dass du eins gekauft hast und ich schick dir das zweite zum halben Preis.


Anmerkung von Ines: Der Buchbindepreis gilt und damit keine Möglichkeit von Rabatten, aber mit Signatur oder Sondercover, kann der reguläre Preis des Buches umgangen werden und es hochpreisiger angeboten werden. Die Leser wollen nichts billiger – die wollen es exklusiv!
Ganz wichtig: Crowdfunding-Unterstützer sind keine Schnäppchenjäger (wieso auch, ihr bietet die Bücher ja eh für 1,99€ an), sondern Sammler von großartigen Sachen von der Autorin, vom Autor.

Ich würde mich tatsächlich über eine Signierung freuen. Klar kann man sagen, die bekommt man auch umsonst auf einer Buchmesse oder einer Lesung, sofern es ein Verlagsautor wäre.

Also klar sind die Goodies, die man zum Beispiel von Laura kennt, durchaus ganz interessant oder ein personalisiertes Lesezeichen oder dass man vielleicht in der Danksagung steht. Das ist natürlich schon immer schön, aber ich weiß nicht, ob mich das hinterm Ofen hervorlocken würde. Bei anderen Dingen hat man ja ein Vorkaufsrecht. Das es heißt, wir produzieren 1.000 Stück und die Unterstützer bekommen auf jeden Fall etwas und der Rest, so lange der Vorrat reicht. Ja, beim Buch klappt das natürlich nicht.

Bei Bernhard Hennen gab es zum Beispiel bei seiner neuen Chronik diese speziellen Ausgaben, die hinten noch etwas beinhaltet haben: ein Interview, ein Zusatzkapitel aus dem nächsten Teil. Sowas könnte ich mir noch am ehesten vorstellen. Man muss bei Büchern natürlich sagen, wir sind alle Leser und in gewissen Kreisen auch Sammler. Und ich könnte mir so eine Special Edition tatsächlich vorstellen, bei der zum Beispiel die Schrift dann gold ist auf dem Cover. Ich weiß nicht, ob sowas umsetzbar ist, oder ob man das als Autor möchte. Wenn in dem Buch dann wirklich steht, das ist Ausgabe eins von hundert mit einer Signatur. Sowas fände ich tatsächlich sehr, sehr schick.

Das würde mich reizen, als Leser und auch als Autor, wenn man sich überlegt, sein Buch mitfinanzieren zu lassen.

Man müsste mal überlegen, ich hab 3.000 Abos auf Youtube, gut ein Drittel ist wahrscheinlich immer aktiv. Das sieht man auch an den Bücherwochen, Neuzugängen und den Unpackings. Dass du da gut auf 1.000, 1.200 Klicks kommst und wenn jeder einen Euro gibt, damit könntest du etwas anfangen. Ein Euro tut keinem weh.

 

Denkst du, ein über Crowdfunding finanziertes Buchprojekt oder eine Kampagne könnte abschreckend auf Leser wirken?


Mich als Leser schreckt das nicht ab, das muss ich ehrlich sagen. Weil ich mir gut vorstellen kann, dass man so ein Buch auf den Weg bringt – vielleicht als Debüt. Ich hab da nichts dagegen, diese kreative Arbeit zu bezahlen. Auch wenn ich mir die Kurse von Annika Bühnemann angucke und denke: „Würde es dich stören, wenn du wirklich Schriftsteller werden möchtest, und diese zwei-, dreihundert Euro für den WOW-Kurs ausgeben möchtest?“ Und ich denke mir so: „Nein, das würde mich nicht abschrecken.“ Ich finde das ist sogar ein guter Preis dafür, was mir dieser Kurs dann hoffentlich bringt. Also, wenn ich dadurch mehr Leser und bessere Rezensionen bekomme, könnte ich mir vorstellen, das wirklich zu investieren.

Ich weiß nicht, ob man als Debütautor jetzt dreihundert Euro für einen Schreibkurs ausgibt. Da hat man vermutlich auch andere Sorgen, aber theoretisch müsste man das tun. Und nein, ich glaube nicht, dass es mich abschreckt, wenn ich weiß, dass das Buch von Leuten, die es interessiert, gut finden und unterstützen, finanziert wurde.

Ich muss dir ehrlich sagen, würde ich mir das auch wünschen, wenn man jetzt als Blogger und Youtuber davon ausgeht. Also ich finanziere nicht meinen Lebensunterhalt damit. Ich bin froh, wenn ich von Verlagen und Autoren die Bücher zur Verfügung gestellt bekomme und das ist ja mehr oder weniger dann meine Bezahlung. Klar, springt alle zwei Monate meine Überweisung bei Youtube von einem kleinen Taschengeld raus, aber wenn du dir das hochrechnest … Wenn du da wirklich zwei, dreihundert Euro im Jahr verdienst, ist das ne Menge. Und ich bin ja kein Mensch, der groß Kooperationen hat und das auch bewusst, weil ich mir die Freiheit über ein Buch zu sprechen, wie ich es möchte und es auch abzubrechen, nicht nehmen lassen will.

Ich würde mir wünschen, für diesen kreativen Content, den man so macht, dass da die Leute einfach bereiter wären, etwas dafür zu bezahlen. Ich glaube kaum, dass sich da mehr als zehn Leute finden würden, wenn ich mir jetzt bei Patreon eine Seite einrichten würde, die mir da regelmäßig zwei, drei Euro geben würden. Die Leute sind es einfach gewohnt, kostenlos Youtube schauen zu dürfen. Sie haben da gewisse Unterhaltungserwartungen dran und, du wirst lachen, mich haben diese Woche auch zwei, drei Mails erreicht: „Dienstag kam gar kein Video von dir, liegt es daran, dass du krank bist?“, die mehr oder weniger freundlich sind. Einmal wäre es natürlich für meinen Arbeitgeber blöd, wenn er sieht, dass es fürs Videos machen reicht, zum anderen ist mir auch nicht der Sinn danach, mich schön zu machen und vor die Kamera zu treten. Und da fragst du dich halt schon, hast du eigentlich als Zuschauer ein Recht darauf, dass es regelmäßig Content gibt? Da ist man selbst in sich so zwiegespalten. Denn eigentlich nicht. Und wenn ich mich frage, würde ich das kritisch sehen? Ich glaube, nicht. Ich glaube, ich fände es schön, Teil eines Buches zu sein. Ich finde es schön, wenn ich als Testleser, egal bei wem, Teil dieses Entstehungsprozesses bin. Wenn man dann wirklich einen blöden Logikfehler findet oder ein Charakter komisch handelt und man seine Meinung dazu geben darf und die Autorin sagt, du hast recht, das ist doof, das ändere ich.

Man könnte dann auch beim Crowdfunding sagen, man bindet die Leute in ein Vorablesen ein und sagt: „Hey, ich stelle vorher das eBook zur Verfügung.“ Wobei, kaufen die Leute dann noch das Buch? Weiß man dann natürlich auch nicht.



Vielen Dank für deine ausführlichen Antworten, Steffi.



Für mich war es tatsächlich sehr spannend, die verschiedenen Perspektiven von der professionellen Seite, aber auch aus Sicht von Autoren und Lesern zu lesen und zu hören. Für mich nehme ich daraus mit, dass es völlig okay und legitim ist, seine (Buch-)Projekte über Crowdfunding oder ähnliche Systeme zu finanzieren. Allerdings sollte man dann auch selbstbewusst hinter seiner Entscheidung stehen – etwas, was mir persönlich im Moment nicht ganz so leicht fällt. Durch die kreative Leistung steigt natürlich auch der Druck. Nicht nur bei uns Autoren, sondern auch im Falle von Steffi auf der Seite von Lesern und Rezensenten.

Vor einigen Jahren habe ich selbst auch als Buchblogger bemerkt, wie einengend der sogenannte SuB (Stapel ungelesener Bücher) sein kann. Und gerade unter Beobachtung als Autor kreativ tätig sein zu müssen, fällt vermutlich vielen eher schwerer. Gerade bei einer regelmäßigen Unterstützung durch eine Seite wie Patreon, kann der Druck enorm werden, wenn man gerade mal „nichts“ produziert und in einer kreativen Schaffenspause steckt. Für mich ist der Gedanke ja schon unangenehm, in digitale Medien wie eBooks zu investieren, weil ich nichts zum Anfassen habe.

Aber gerade in solchen Zeiten müssen auch Künstler ihre Miete bezahlen und wollen sich nicht für jede Ausgabe rechtfertigen müssen – auch wenn es nur vor sich selbst ist. In der Hinsicht ist mir persönlich das Crowdfunding für einen bestimmten Zweck sympathischer. Meistens ist hier der Text schon fertig und die Unterstützer wissen, in was sie ihr Geld investieren.

Vielleicht werde ich demnächst Crowdfunding für eines meiner nächsten Projekte einfach mal ausprobieren und meine eigenen Erfahrungen sammeln. 

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Zum Weiterlesen:

 



Tinka Beere liebt es, in andere Welten einzutauchen, und schreibt Geschichten mit einem fantastischen Touch. Darüber hinaus begeistert sie der Austausch mit anderen Autoren, denen sie mit hilfreichen Tipps gerne zur Seite steht. Auf Instagram nimmt sie uns als @tinkabeere mit durch ihren Alltag als Autorin.



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