Samstag, 3. Februar 2018

Plotting like a Pro

Beim Thema plotten oder nicht plotten vor dem Schreiben einer Geschichte scheiden sich die Autoren-Geister. Manche Autoren mögen es einen durchstrukturierten Szenenplan auszuarbeiten, noch bevor das erste Wort geschrieben wird. Andere verzichten darauf und nennen sich Discovery Writer oder Pantser. Und viele Autoren liegen mit ihren Vorbereitungen irgendwo dazwischen.



Plotten ist also nicht gleich Plotten. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie man zu der Handlungs- und Figurenplanung kommt, anhand derer man seine Geschichte schreiben möchte. Dieser Artikel richtet sich an alle, die es mit der Planung einer Geschichte einmal versuchen möchten oder die bereit für neue Tricks sind.


Von Plotarten und Arten zu plotten

Es sind viele verschiedene Plotarten vorstellbar. Die folgenden drei Plotarten kommen in der Literatur am häufigsten vor.

Doppelter Plot

Parallel zum Haupterzählstrang werden Nebenhandlungsstränge erzählt, die thematisch und inhaltlich den Hauptplot untermauern.


Sanduhr-Plot

Zwei Haupthandlungsstränge, die parallel zueinander laufen, stoßen im Verlauf des Romans zusammen und trennen sich danach wieder. Jeder der beiden Stränge steht zunächst selbstständig für sich, ehe der Zusammenhang erkennbar wird.



Pikaresker Plot

Bildhafte Episoden aus dem Leben der Hauptfiguren werden erzählt, die alle zusammen ein Gesamtbild ergeben. Dabei wird in jedem Kapitel ein anderes Einzelerlebnis des Protagonisten dargestellt, die aber thematisch zusammenhängen.


Es gibt nicht nur verschiedene Plotarten, auch der Weg zum Plot kann sehr unterschiedlich vollzogen werden: Manche Autoren lassen sich durch das Leben oder bestehende Erzähltraditionen inspirieren und erzählen diese in gewisser Art und Weise nach. Andere haben eine Idee, um die herum sie die Geschichte aufbauen. Wieder andere Autoren planen ihre Geschichte sozusagen rückwärts vom Handlungshöhepunkt zum Anfang, wohingegen manche bei der Ausgangssituation anfangen und linear einen Aspekt nach dem anderen planen.

Allen dürfte gemeinsam sein, dass das Plotten viel Zeit in Anspruch nimmt. Oft muss man lange grübeln, bis man auf eine Lösung kommt, die den Leser besonders fesselt, überrascht, berührt oder Ähnliches.


Wozu überhaupt plotten?

Hier werden Möglichkeiten aufgezeigt, die das Plotten bietet, was aber keinesfalls Romane als schlechter darstellen soll, die ohne diese Vorarbeit entstanden sind.

Ein einigermaßen ausgearbeiteter Plot kann hilfreich sein, den „Vertrag“ einzuhalten, den Leser und Autor zu Beginn eines Buches schließen. Die ersten Seiten geben einen Eindruck von der Geschichte und damit eine Art Versprechen, was auf den Leser zukommen wird. Wer nicht plottet, könnte Gefahr laufen, das aus den Augen zu verlieren.

Wer einen Plot ausarbeitet, kümmert sich meistens auch um die Figuren. Wenn man sie frühzeitig kennenlernt, ist es einfacher zum Plot zu finden, denn man weiß, welche Figur was leisten kann. Zudem ist es auch leichter die Figurenentwicklung Schritt für Schritt im Romanverlauf zu zeigen.

Während man schreibt, wird man schnell von der Handlung und Emotionen mitgerissen. Um das Geschehen aber in logischer Abfolge zu gestalten und keine Logiklöcher entstehen zu lassen, bietet es sich an mit kühlem Kopf den Plot zu gestalten, ehe man beim Schreiben in die Geschichte eintaucht. Darüber hinaus kann man die zeitliche Abfolge (Datum/Jahreszeit/Uhrzeit) der Handlungspunkte leichter kontrollieren.

Ein gutes Buch lebt durch gelungene Twists, also durch einen überraschenden, aber nachvollziehbaren Kurswechsel bezüglich Handlung oder Figuren. Ideal ist es, die Ideen für die Twists schon beim Plotten der Geschichte zu finden und den gesamten Text danach ausrichten. Damit der Twist im Nachhinein als gelungen und nicht als gemeiner Trick aufgefasst wird, kann man sich fragen:
  • Welche minimalen Hinweise könnte ich dem Leser geben, dass ein Twist stattfinden wird?
  • Welche Aspekte untermauern den Twist im Nachhinein und erst, wenn man den Twist schon kennt?
  • Bleibt der Twists trotz aller Vorzeichen überraschend?
  • Wird der Twist für den weiteren Fortgang der Geschichte dringend benötigt?

Bleibt noch ein schreibhandwerklicher Aspekt namens Chekhov´s Gun zu erwähnen. Damit gemeint sind eingestreute Informationen wie Gegenstände, Details, Handlungskernpunkte oder auch Orte der Handlung, die im späteren Verlauf einen Nutzen erfüllen sollen. Wenn diese Aspekte gezielt plant, fällt es einem leichter diese gekonnt aufzugreifen und sie nicht zu vergessen.


Was wird geplottet?

Ohne eine Vorstellung vom Setting, also wo und wann das Geschehen stattfinden soll, ist es kaum möglich eine lebendige und authentische Geschichte zu erzählen.

Mit am wichtigsten, da scheinen sich viele Autoren einig zu sein, ist es, die Figuren im Vorfeld zu entwickeln und kennenzulernen. Dadurch bekommt man ein Gefühl dafür, was welcher Figur überhaupt möglich ist, also ob sie überhaupt für das geeignet ist, was man als Autor mit ihr vorhat.

Manch einer schreibt ausführliche Biografien, andere suchen sich reale Vorbilder. Für mich hat sich der Mittelweg durchgesetzt, sogenannte Charakterbögen für die Figuren auszufüllen. Man findet nicht nur schon zu einem frühen Zeitpunkt den richtigen Namen, sondern überlegt sich dafür auch einige Details zu Themen wie Kernbedürfnis, Alter, Größe, Statur, Aussehen, Beruf, Vergangenheit, Hobbys, Religiosität, Sexualität, sprachliche Merkmale, Freunde, Familie, Feinde, etc. Die Liste kann man fast endlos fortführen.

Am ausführlichsten setzt man sich natürlich mit dem Protagonisten und dessen Antagonisten auseinander. Wie müssen sie charakterlich konzipiert sein, dass sie aneinander wachsen und scheitern können und sich gegenseitig zu Herausforderungen in ungeahnter Intensität und Höhe antreiben? Nicht nur die Charaktere dieser Figuren, sondern auch deren Konflikte miteinander können geplottet werden. Übrigens, der literarisch korrekte Ausdruck lautet Figur, nicht Charakter. "Characters" heißen sie nur im Englischen!

„Du hast eine Prämisse.“ Das ist keine ärztliche Diagnose, sondern Anerkennung seitens der Leserschaft. Da die Prämisse die gesamte Geschichte hindurch relevant bleibt, fällt es einem beim Schreiben leichter sie nicht aus den Augen zu verlieren, wenn man geplottet hat. Eine Prämisse ist die (oft moralische) Grundaussage, die im Verlauf der Geschichte beschrieben wird. Was ist für den Protagonist im Hauptkonflikt wichtig? Sie zeigt außerdem das Endergebnis des Konflikts.

Von Vorteil kann es auch sein, sich Gedanken zum Genre zu machen, in dem man schreiben möchte. Welche Genrekonventionen soll der Text einhalten, welche aber (gekonnt) brechen?

Darüber hinaus ist es empfehlenswert, zumindest einen groben Handlungsabriss mit allen relevanten Konflikten im Vorfeld zu erstellen, z. B. anhand der Heldenreise, der sogenannten Drei-Akt-Struktur oder der Fünf-Akt-Struktur. Manch einer greift vielleicht auf die Sieben Punkte-Struktur nach Dan Wells oder auf die Sechs-Phasen-Plotstruktur nach Michael Hauge zurück. Die Wege zur vorgeplanten Handlung sind also vielfältig. Oft verdichtet sich das Geschehen vor dem geistigen Auge, wenn man dabei ist, es grob zu planen. Neue Möglichkeiten tauchen auf und man gerät als Autor in Fahrt. Einen Zeitstrahl zu erstellen gehört beispielsweise zu der Königsdisziplin beim Plotten, denn dann hat man die Handlung so straff durchorganisiert, dass man von Anfang bis Ende ganz genau wissen muss, wann welcher Figur was passiert. So weit gehe ich selbst zugegebenermaßen nicht.

Worüber man sich noch im Vorfeld Gedanken machen kann, gerade als Self-Publisher, sind Cover, Titel und Klappentext. Sie stimmig zur Geschichte zu entwickeln kann nur von Vorteil sein.


Fazit:

Wichtig ist, dass jeder Autor seinen eigenen Weg findet, wie er am besten schreiben kann. Ich selbst plotte zwar, aber ich lasse mir auch genügend Freiräume, um meine Figuren und mich selbst noch überraschen zu können. Ein Plot bringt Struktur in die Geschichte und das Schreiben geht leichter von der Hand. Wie intensiv bzw. was man plotten möchte und ob überhaupt, muss jedeR AutorIn selbst herausfinden.

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Quelle der Schaubilder zu den Plotarten: „Arbeitsbuch für Schriftsteller“* von Tanja Hanika

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Zum Weiterlesen:


Tanja Hanika ist Autorin von Horror- und Schauerromanen und Verfasserin vom »Arbeitsbuch für Schriftsteller«. Geboren wurde sie 1988 in Speyer, studierte in Trier Germanistik und zog anschließend in die schaurig-schöne Eifel, wo sie mit Mann, Sohn und Katze lebt. Seit sie mit acht Jahren eine »Dracula«-Ausgabe für Kinder in die Hände bekam, schreibt sie Gruselgeschichten.
Foto: D. Pfingstmann



© Jag_cz / Fotolia.com
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