Samstag, 20. Juni 2015

Von Pyramidenaliens bis 9/11 - Wilde Theorien in Büchern

In unserem Zeitalter des medialen Überangebots ist es leicht, an alle Arten von Informationen zu kommen. Darunter sind auch Verschwörungstheorien, die man für seine Texte verwenden kann. Eine Geschichte ist doch gleich viel spannender, wenn eine Verschwörung dahintersteht. Wenn eine Wahrheit über der allgemein gültigen Wahrheit die Welt durcheinander bringt. Wenn Kräfte und Mächte am Werk sind, die man weder verstehen noch bezwingen kann.

Wenn es um wilde Theorien geht, muss man gar nicht lange suchen, um fündig zu werden.

Online findet man schnell Artikel mit Theorien zu verschwundenen Flugzeugen, Morden an berühmten Persönlichkeiten oder über dunkle Tage der Geschichte wie den 11 September. Wer hat nicht davon gehört? Theorien werden zu allem Möglichen aufgestellt. Selbst wenn die Presse über die Ergebnisse der Untersuchungen berichtet, gibt es Menschen, die glauben, dass etwas anderes geschehen ist.

Wie soll man der Presse auch glauben können, wenn man glaubt, dass sie Teil einer Verschwörung ist?

Vielleicht wird sie von der Politik gesteuert oder ist Teil einer Geheimgesellschaft? Vielleicht erfindet sie absichtlich Lügen, um ihre Auflagen hoch zu treiben? Solche Theorien sind gute Aufhänger für Geschichten – Ob die Presse jetzt wirklich frei arbeitet oder nicht, soll hier nicht zur Debatte stehen.


Verschwörungen und dunkle Mächte werden gerne in Geschichten genutzt.

Man liest oft über einen bösen Diktator, der sein Volk unterdrückt und eine Figur, die den Widerstand anführt, um die Menschen des Landes zu retten. Oft ist diese Person „auserwählt“. Oder es gibt eine böse Figur, die einer Gruppe an Menschen etwas Schlimmes antun möchte und eine auserwählte Person muss sie davon abhalten. Oder...
Auch in der Realität gab und gibt es Herrscher, die als „das Böse“ personifiziert wurden und dementsprechend ihre Widersacher als „Kämpfer für das Gute“. Dass so ein Konflikt nicht klar in „gut“ und „böse“ eingeteilt werden kann, sieht man aktuell sehr schön am Ukraine-Konflikt. Wichtig für uns als Autoren ist es, sich vor Augen zu halten, dass die Geschichte von den Siegern geschrieben wird. Dieser Sachverhalt kann als Aufhänger für Geschichten herhalten oder einfach dazu dienen, deine Geschichte mit Leben zu erfüllen, wenn der alte Veteran erzählt: „Das war damals alles ganz anders, als ihr Jüngelchen das in der Schule lernt!“

Man muss nicht das Rad neu erfinden.

Aber ein Roman kann davon profitieren, wenn man bereits bekannte Erzählstoffe mit Verschwörungstheorien würzt und dahingehend umerzählt. Dabei kann man natürlich auch den umgekehrten Weg gehen und einen Mythos entmystifizieren, wie es beispielsweise im neuesten Herkules-Film der Fall war. Letztendlich kann die Mythifizierung einer historischen Person auch als eine Form von Verschwörung der Machthaber oder einzelner Gruppen gesehen werden, um beispielsweise den eigenen Herrschaftsanspruch zu legitimieren, da man schließlich von einem tollen, gottgleichen Wesen abstammt oder sich auf dieses beruft.

Mache dir die Theorien der Menschheit zur Inspirationsquelle und nutze sie.

Wofür sind sie da, wenn nicht dafür, dass wir Autoren aus ihnen noch verrücktere Geschichten spinnen können? Dabei liegt das Interessante oft im Detail: Ein Koch hat bei einem wichtigen politischen Kongress schlechten Fisch serviert, eine Partei wertet das als Anschlag und schon hat man einen handfesten Konflikt, der auch wiederum auf einer Verschwörungstheorie beruht.

Wenn das Werk ernst gemeint sein soll, darf es natürlich auch nicht zu abgefahren sein. „Ein Verlag würde sicherlich keinen Politthriller bringen wollen, in dem die Ermordung J. F. Kennedys von Reptilienmenschen aus dem Erdkern angezettelt wurde.“ Es sollte also bei solchen Themen schon einen gewissen Grad von Realismus geben, d.h. Recherche ist hier ein Muss, wenn man sich vor den Lesern nicht lächerlich machen will. Wenn man dazu nicht bereit ist, sollte man lieber einen großen Bogen um das Thema „Verschwörungstheorien“ machen.

Aufgabe: Entwickle eine eigene Verschwörungstheorie zu einem historischen Ereignis oder dem Plot aus einem literarischen Werk.

Gastautorin: Bianca

2 Kommentare:

  1. »Wenn das Werk ernst gemeint sein soll, darf es natürlich auch nicht zu abgefahren sein.«

    Was heißt denn ›zu abgefahren‹? Und wenn das Werk persiflierend angelegt wurde? Mit einem Augenzwinkern sozusagen? Was passiert, wenn der Roman zwar gut recherchiert ist, aber die Vorstellungskraft vieler Leser überfordert, weil er Themen behandelt, von denen kaum jemand je etwas gehört hat? ›Remote Viewing‹ zum Beispiel. Allein der Begriff ›Verschwörungstheorie‹ treibt doch manchen Menschen Schweißperlen auf die Stirn. Damit wollen sie sich auf gar keinen Fall auseinandersetzen. Würden sie eine Story die sich um – sagen wir einmal – Kornkreise dreht, realistisch finden oder zumindest plausibel? Würden sie erkennen, dass es dem Autor mehr um das Aufzeigen ungewöhnlicher Perspektiven, als um puren Realismus ginge? Und was ist mit Science Fiction und Fantasy? Dort wird mangelnder Realismus klaglos konsumiert. Es wird geschwebt, Gedanken gelesen und gezaubert. Was passiert, wenn die heftig umstrittenen Theorien, die hinter solchen Vorkommnissen stehen, in der Belletristik ernsthaft reflektiert werden? Treibt dies die Leser nicht aus dem vom Autor skizzierten utopischen Bild? Ich vermute, dass derartige Themen deshalb vorwiegend humoristisch behandelt werden. (UFOs > Men in Black)

    Das mit den wilden Theorien ist so eine Sache. Verschwörungstheorien aufzugreifen um, eine Story zu spinnen, finde ich reizvoll; ebenso, wie es mit grenzwissenschaftlichen Thesen zu versuchen. Aber das Problem ist doch, dass der Leser vieleicht schon vor dem Lesen des Romans entschieden hatte, das an der zitierten Verschwörungstheorie oder an der vom Autor aufgegriffenen grenzwissenschaftlichen Hypothese nichts dran ist, obwohl es zur Beantwortung solcher Fragen meist nicht mehr Anhaltspunkte gibt, als die angenommene Mehrheit der Meinungen.

    Der Autor Mathias Bröckers beispielsweise argumentiert recht nachvollziehbar, warum er nicht nur die einschlägigen Gegendarstellungen, sondern ganz besonders auch die offizielle Version der Vorgänge um 9/11 für eine unbewiesene Theorie hält. Er steht mit seiner Meinung zwar nicht alleine, aber eine Mehrheit gibt es für diese Ansicht nicht. Nun könnte man annehmen, dass alle Leute, die das glauben, ohnehin Spinner seien. Aber wäre das realistisch? Es bedarf also bei weitem keines ›Reptilienmenschen‹ in einem Thriller, der Realismus vorgibt, um manche Leser mit Dingen vor den Kopf zu stoßen, die sie sich einfach nicht vorstellen wollen.

    Ein Grund vielleicht, warum es viele Verlage und Autoren vorziehen, ausgetretene Pfade zu benutzen. Wenn sie aber lange genug Genre-konform und nach bewährten Rezepten vorgegangen sind, wird ihnen schließlich mangelnde Fantasie vorgeworfen.

    Autoren mit Mut zum Experiment entwickeln sich nur dann weiter, wenn sie auf Leser treffen, die kompatibel dazu sind oder zumindest tolerant genug, sich auf ungewöhnlich zu Denkendes einzulassen.

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    1. Erst einmal vielen Dank für den langen und ausführlichen Kommentar!

      Du gibst die Antwort auf deine Eingangsfrage ja bereits selbst - indirekt. Zu abgefahren ist eben das, zumindest habe ich das so gemeint, was mit der Leserschaft nicht mehr kompatibel ist.

      Den Bezug zu Fantasy und Sci-Fi verstehe ich nicht ganz, hier ist dem Leser ja von vorneherein bewusst, was ihn erwartet oder erwarten kann. Es geht ja eben darum, dass seltsame Plottwists verwendet werden, die auf bereits bekannten und geltenden, wenn man das so sagen kann, Verschwörungstheorien beruhen. Dabei geht es nicht um die Plausibilität - das ist etwas mangelhaft im Artikel herausgestellt worden, das gebe ich zu - , sondern dass die Vorstellung an sich unfreiwillig komisch wirkt, dass irgendwelche Reptiloiden im Erdkern leben. Hinzu kommt eben, dass das Auftreten vieler Verschwörungstheoriker durchaus humoristisch anmutet. Wenn dann eben solche Thesen in belletristischen Texten aufgegriffen werden, fällt das eben darauf zurück.

      Mut zum Experiment ist immer gut, aber es ist auch nichts Neues, wenn Theorien von irgendwelchen Wahnwichteln aufgegriffen werden, aber besonders deinem letzten Satz stimme ich voll und ganz zu.

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