Schon seit Jahrzehnten gibt es die Diskussion darüber, wie viel bei „begabten“ Menschen Talent und wie viel harte Arbeit ist. Heute geht man davon aus, dass jeder Mensch ein gewisses Maß an Kreativität besitzt. Unterschiedlich ist jedoch, in welchen Bereichen wir uns besonders leicht tun. Einigen fällt es leichter, sich auf einer Leinwand zu verwirklichen, andere lernen rasend schnell Harfe spielen, manche nutzen Worte, um sich auszudrücken und wieder andere erfinden eine nützliche Sache nach der anderen. Es scheint also tatsächlich so etwas wie eine „Begabung“ zu geben. Andererseits sind wir Menschen unglaublich lernfähig und zwar bis ins hohe Alter. Durch Übung und Training kann man auch in seinen schwachen Bereichen geniale Ergebnisse erzielen. Hingegen bilden sich Begabungen, die wir nicht nutzen, auch nicht weiter aus.
»Aber ich bin doch überhaupt nicht kreativ!«
Viele Menschen behaupten von sich, überhaupt nicht kreativ zu sein. Aber blicken wir einmal zurück in unsere Kindheit: Wachsmalstifte, Bauklötze, Blumen, Straßenkreide, Spielzeugautos… all das haben wir genutzt, um mit unserer Vorstellungskraft neue, fantasiereiche Welten zu schaffen. Diese spielerische Erfindungsfreude ist die Basis für Kreativität. Auch als Erwachsene sind wir tagtäglich mit Kreativität konfrontiert: auf der Arbeit suchen wir nach Problemlösungen, daheim richten wir unsere Wohnungen dekorativ ein oder überlegen, wie wir den Kindern das Essen an diesem Abend schmackhaft machen.
Aber was ist denn Kreativität überhaupt?
„Kreativität bezeichnet in der Regel die Fähigkeit eines Individuums oder einer Gruppe in phantasievoller und gestaltender Weise etwas zu erschaffen.“ (Quelle: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/kreativitaet.html)
In vielen Definitionen kommt noch der Anspruch hinzu, dass das Erschaffene etwas „Neues“ sein muss. Nichts anderes tun wir doch, wenn wir uns Geschichten ausdenken, Welten in unseren Köpfen bauen und ganze Landstriche gestalten. Das ist pure Kreativität, die uns ganz leicht, fast schon „nebenher“ von der Hand geht.
Die meisten angehenden Schriftsteller werden jedoch die Erfahrung gemacht haben, dass es gar nicht so einfach ist, das in der Fantasie Erschaffene dann auf Papier zu bringen. Und das auch noch so, dass andere es gerne lesen. An diesem Punkt kommt die Übung ins Spiel kommt. Wie schreibe ich so, dass die Sprache flüssig klingt? Wann gebe ich meinem Leser welche Informationen, damit die Geschichte spannend bleibt?
So wie ein Maler lernen muss, wann er welchen Pinsel verwendet, müssen auch wir lernen, unsere Worte passend zu wählen. Hier kommen Begabung und Übung zusammen. Holm-Hadulla geht in seinem Buch „Kreativität. Konzept und Lebensstil“ (Vandenhoeck & Ruprecht, 2009) noch einen Schritt weiter. Laut ihm entwickelt sich Kreativität aus einem Zusammenspiel zwischen Begabung, Wissen, Können, Motivation, Persönlichkeitseigenschaften und unterstützenden Umgebungsfaktoren. Passen die Umstände, kann sich das kreative Potential besser entfalten.
Zusammenfassend kann man also erst mal sagen, dass Kreativität beides ist: Begabung und harte Arbeit. Auch wenn das Schreiben leicht fällt, kostet es mitunter Überwindung, dabei zu bleiben. Und wer sich anfangs schwer tut, kann mit dem entsprechenden Ehrgeiz trotzdem seine Träume verwirklichen.
Doch warum verwirklichen wir unsere kreativen Ideen nur so selten, wenn wir doch eigentlich alle die Möglichkeit dazu hätten?
Schöpferische Tätigkeiten sind oft mit Spannungszuständen verbunden: Kann ich das? Wird mein Werk meinen Ansprüchen gerecht? Was, wenn es nichts wird? Ist das, was ich bisher habe, nicht alles Mist?
Diese Zweifel müssen immer wieder überwunden werden. Man muss bei einer kreativen Tätigkeit ständig aufs Neue „anfangen“.
Wie fange ich an?
Zum Schluss möchte ich euch noch eine Übung vorstellen, die euch genau dabei helfen kann. Ich kenne sie unter dem englischen Begriff „Object Writing“.
Dabei sucht ihr euch einen Begriff (z.B. Schmetterling), stellt euch eine Stoppuhr auf 10 Minuten und fangt dann einfach an zu schreiben. Dabei schreibt ihr alles auf, was euch in den Kopf kommt. Versucht, alle eure Sinne einzubeziehen. Was seht, riecht, schmeckt, hört und fühlt ihr?
Es geht nicht darum, einen perfekten Text zu schreiben, sondern einen lockeren Einstieg zu finden, die Worte fließen zu lassen, sich vom einen zum nächsten Satz tragen zu lassen, ohne jeglichen Leistungs- oder Bewertungsanspruch.
Wenn ihr jetzt Lust bekommen habt, dann fangt doch gleich an! Habt ihr einen Zettel da? Alternativ könnt ihr auch die Kommentarbox unten nutzen. Timer gestellt?
Also gut, das Wort zum Einstieg lautet „Sommerwiese“… und los!
Zum Abschluss habe ich hier noch einen kleinen Lesetipp zum Thema Kreativität für euch: Wie wecke ich meine Kreativität.
Ausblick: In meinem nächsten Text werde ich mich mit dem kreativen Prozess an sich beschäftigen. Welche Phasen gibt es dabei und warum brauchen wir ab und an einfach ein bisschen Geduld, bevor wir wieder richtig produktiv werden können?
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