Jeder, der die Serie kennt, weiß, wie Dr. House ist. Übellaunig, arrogant, ironisch, wenn nicht sogar zynisch, schonungslos. Jedoch ist er eine sehr intelligente Person, er ist rastlos, wenn er der Lösung eines Problems nicht auf die Schliche kommt, und skrupellos, wenn er kurz davor ist, einen Patienten zu heilen und sich ihm etwas oder jemand in den Weg stellt. Klar ist jedoch, dass seine schlechten Eigenschaften überwiegen.
Wo ziehe ich als Autor die Grenze?
Es gibt eine Grenze des guten Geschmackes. Die Drehbuchautoren von Dr. House bewegen sich meistens direkt am Rand davon und springen auch schon mal darüber. Dr. House spielt selbst immer wieder darauf an, dass man ihm mehr durchgehen lässt, das er ein „Krüppel“ ist. Durch einen Infarkt im Oberschenkelmuskel humpelt er stark. Dieser Infarkt hat ihn auch noch zynischer und ablehnender gemacht, als er vorher schon war. Es passiert oft, dass er mit seinen Handlungen beinahe schon anstößig ist und den Zuschauer verstört.
Eine Hauptfigur darf asozial, aufsässig, bärbeißig, launisch und skrupellos sein, wenn sie auch Eigenschaften besitzt, die sie positiv macht. Es ist schwer, einen sadistischen und wirklich bösen Charakter dem Leser nahezubringen. Hierbei gehe ich natürlich davon aus, dass man den Leser für seine Figur gewinnen möchte. Es gibt durchaus Geschichten, die darauf aufbauen, dass man die Hauptfigur hasst! Sollte man das anstreben, empfiehlt es sich, genau das Gegenteil von dem zu machen, was ich empfehle.
Gute Eigenschaften bei Dr. House sind zum Beispiel, dass er niemals aufgibt und immer versucht eine Lösung zu finden, er wird beinahe rastlos. Er ist schlagfertig und sehr leistungsstark. Dank seiner Fähigkeit, Menschen wirklich sehr gut zu helfen, sieht man immer wieder über seine menschenverachtende und aufsässige, fast schon grobe Art hinweg.
Gute Eigenschaften, um einen „schlechten Charakter“ auszugleichen, sind immer leistungsbezogen. Sobald Menschen hohe und wichtige Leistungen erbringen, können wir ihnen mehr soziale Inkompetenz verzeihen. Das heißt, man sollte sich einen guten Ausgleich suchen. Nur weil der Held hin und wieder die Katze der Nachbarin streichelt, macht es seine Aggressionen und seine streitsüchtige Art gegenüber seiner Schwester oder Menschen, auf die er Angewiesen ist, noch nicht wieder wett.
Wieso überhaupt schlechte Eigenschaften?
Ja, ein strahlender Held ist schon ganz nett, aber eben meistens nur ganz nett. Unsere Helden brauchen Ecken und Kanten, die Leser sollen sich damit identifizieren können. Es ist schwierig, sich in einen Charakter einzufinden, der so perfekt ist. Außerdem kann es schnell passieren, dass man sich eine Mary Sue schreibt und das gilt es bekanntlich zu vermeiden. Erlaubt den Charakteren Schwächen zu haben. Lasst sie unausstehlich sein, sobald sie die Farbe Gelb sehen oder einfach ein bisschen zynisch werden. Lasst sie zickig und nachtragend sein, denn all das sind Eigenschaften, die uns und auch unsere Figuren menschlich machen.
Die Macken und Kanten bringen sie dem Leser näher, sorgen für eine Verbindung und die Möglichkeit, Empathie für die Figur zu empfinden.
Gibt es Eigenschaften die trotzdem vermieden werden sollten?
Es gibt trotz allem einige Eigenschaften, die bei Figuren, die nicht gerade der Bösewicht sind, vermieden werden sollten. Dazu gehört ein starrer Charakter. Figuren, die nicht kritikfähig sind, können sich nicht entwickeln. Ich persönlich empfinde auch Illoyalität als absolutes No-Go. Eine Figur, die später auf die „dunkle Seite der Macht“ wechseln soll, kann diese Eigenschaft tragen, aber nicht mein Held, der die Welt retten soll. Schlampigsein gehört auch dazu. Unordentlichkeit ist noch vertretbar, aber sobald jemand nicht mit vollem Herzblut bei der Sache ist, hat er in meiner Geschichte nichts verloren.
Abgesehen davon gibt es noch einige etwas auffälligere Eigenschaften, die man vermeiden sollte: Sadismus, der Charakter sollte nicht zu sehr abgestumpft sein oder zu arrogant. In einem gewissen Maße schon, aber nicht übertreiben abgehoben.
Viele Eigenschaften kann man in Maßen ertragen, mit ihnen sollte aber nicht übertrieben werden. Überlegt einfach, mit was für Menschen ihr euch abgeben würdet und mit welchen ihr nicht einmal im selben Raum sein wollt, und wählt danach die Eigenschaften aus.
Fazit
Unsere Charaktere sind doch immer etwas Besonderes. Hin und wieder wollen wir jedoch Abstand von dem strahlenden Helden nehmen und eine etwas andere Figur schreiben. Manchmal kann auch ein Idiot ein Held sein und dem Leser sympathisch werden. Hierbei müssen wir nur anders vorgehen. Es darf nicht so offensichtlich sein, wie toll er doch eigentlich ist. Man muss als Autor viel subtiler vorgehen und vorsichtig die guten Eigenschaften streuen.
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Strahlende Helden gibt es nur selten - und unter meinen Protagonisten gar nicht.
AntwortenLöschenAber ich denke, dass es da auch stark auf das Genre ankommt, wie viel Raum die Schwächen einnehmen und ob bzw. in welchem Maße welche (und wenn ja: Eher positive oder negative Schwächen?) vorhanden sein sollten.
Bei den "zu vermeidenden Eigenschaften" bin ich anderer Meinung. Alles darf, solange der Charakter - wenn der Autor es will - sympathisch bleibt und die Eigenschaft begründet und nachvollziehbar ist. Auch komplette Arschlöcher finde ich nicht allzu verkehrt. Aber auch hier: Frage des Genres und der Intention des Autors. :)
Danke für deinen Kommentar :) ich freue mich sehr darüber.
AntwortenLöschenAuch gebe ich dir recht, das die Figuren immer auch vom Genre abhängig sind :)
Ich finde gerade Schwächen sind extrem wichtig um als Leser auch mit den Figuren zu sympathisieren :)