Das Schreiben über große und kleine Gotteshäuser
Fangen wir mit den Bauwerken an, die in den meisten europäischen Städten zu finden sind: die Kirchen. Ihr könnt euch sicher etwas unter dem Begriff vorstellen. Eure Leser können das sicher auch. Wenn ihr jedoch eine bestimmte Art von Kirche im Sinn habt, dann lasst es den Leser wissen. Spielt eine Kirche, oder ein Teil davon, eine große Rolle in eurer Geschichte, dann solltet ihr euch auf jeden Fall intensiver mit dem Gebäude beschäftigen.
1. Begriff klären
Zuerst müsst ihr euch über den Begriff klar werden, den ihr in eurem Text verwenden wollt. Das Wort Kirche gilt allgemein als Oberbegriff für ein Gotteshaus. Ihr findet sie sowohl in Großstädten als auch in Dörfern. Allerdings ist nicht jede Kirche ein Dom oder eine Kathedrale. Letztere bezeichnet eine Bischofskirche und somit den Sitz des Bischofs (dies gilt auch für Kathedralen, die heute kein Bischofssitz mehr sind). Ein Dom ist meist eine größere und bedeutende Kirche, die aber nicht immer eine Bischofskirche ist. Ihr seht also, dass es schon nicht so einfach ist den korrekten Begriff zu verwenden.
2. Rolle des Kirche
Ich werde euch zwei Beispiele geben. Einmal wird die Kirche nur am Rande erwähnt und natürlich gibt es auch ein Beispiel, in dem die Kirche die Hauptrolle spielt.
3. Grundaufbau und Bestandteile
Eine Kirche – und ist sie noch so klein – hat drei Hauptbestandteile: den Chor im Osten, ein Querhaus und das Langhaus. Letzteres ist zumeist mehrschiffig und besteht aus einem Mittelschiff und zwei oder vier Seitenschiffen. Diese sind immer durch Säulen oder Pfeiler voneinander getrennt. Oft verfügt die Fassade im Westen über ein oder zwei Türme. Im Chor befindet sich der Altar. Das Mittel- bzw. Hauptschiff ist für den Besuch der Gottesdienste vorgesehen.
Beim Dom und der Kathedrale sind unter der Kirche noch zusätzliche Gewölbe, Katakomben oder Kellerräume zu finden. Sie sind für die Grablege und für einige wertvolle Güter der Kirche angedacht.
Jede Kirche benötigt Licht. In der Romanik fiel das Licht noch durch kleine Rundbogenfenster. Diese Bauten waren also immer recht dunkel. Ab der Gotik strebte man großflächige Fenster an, viel Licht und so wenig Mauerwerk wie möglich.
Neben dem Grundaufbau solltet ihr euch auch den unterschiedlichen Epochen bewusst sein. Kirchen gab es schon bei den Römern in frühchristlicher Zeit. Ich bin allerdings der Meinung, dass wir erst die Kirchen der Romanik richtig bewusst wahrnehmen. Diese sind in unserer Region auch noch weit verbreitet, bzw. bestehen noch in Teilen. Oft wurden romanische Kirchen zu gotischen Kirchen umgebaut und behielten einige der romanischen Merkmale. Ich möchte keine Geschichtsstunde abhalten, aber ihr solltet schon wissen: Romanik, Gotik, Renaissance, Barock, Klassizismus und Moderne.
An dieser Stelle gebe ich euch den ultimativen Tipp. Wikipedia. Habt ihr ein bekanntes Bauwerk, wie den Kölner Dom oder Notre Dame de Paris, dann lest euch einfach den Wikipediaartikel dazu durch und ihr habt alles, was ihr über die Kirche wissen müsst. Zudem findet ihr unter dem Eintrag einige Links und Literaturhinweise. Natürlich ist dies keine Quelle für wissenschaftliches Arbeiten, aber das wollt ihr ja auch nicht. ;)
4. Am Rande des Geschehens
Nun komme ich auch schon zum ersten Beispiel. Mit den oben zusammengetragenen Begriffen, könnt ihr eine kleine Szene schreiben, in der die Kirche einfach ein Bestandteil der Umgebung ist.
Tamina hatte es nicht für möglich gehalten. Sie war weder der Typ Mensch für sowas, noch hatte sie wirklich Lust auf diesen Urlaub gehabt. Da sie ab Oktober zum Studieren ans andere Ende des Landes ziehen würde, hatte ihre Familie auf einen letzten gemeinsamen Urlaub bestanden. Nun saß sie hier auf Sylt fest, verbrachte die langen Sommertage in Westerland und wusste nichts mit sich anzufangen – bis sie Patrick traf. Eigentlich hat er sie mit seinem Frisbee getroffen. Als Wiedergutmachung bestand Patrick darauf, sie auf ein Eis einzuladen. Zu einem kostenlosen Eis sagte sie niemals nein, schon gar nicht, wenn ein braungebrannter hübscher junge Mann sie dazu einlud. Sie verabredeten sich für den nächsten Tag. Den Rest des Tages hatte sie ihre Beule gekühlt. Nun war Tamina auf dem Weg zu ihrer Verabredung. Sie war nervös. Würde Patrick überhaupt kommen? Natürlich war sie die Erste an ihrem Treffpunkt. Seufzend lehnte sie sich an einen Zaun unweit ihrer Unterkunft. Hinter ihr erhob sich die Kirche St. Niels. Die von Efeu bewachsenen Mauern des Langhauses und des Kirchturmes wirkten wie grünes Moos auf dem erdfarbenen Mauerwerk. Sie schenkte ihrem Treffpunkt nur einen flüchtigen Blick. Sie war unruhig und sah lieber die Straße hinauf, um zu sehen, wann Patrick auftauchte...
Für eine kurze Schilderung des Treffpunktes reicht die knappe Beschreibung aus. Der Leser weiß nun: die Kirche hat einen Turm, ist wahrscheinlich kein Dom und ist bewachsen. Alles andere würde vom Thema ablenken. Denn den Leser sollte letztlich nur interessieren, ob Patrick nun kommt und was aus den beiden wird.
5. Aufbau und Bestandteile
Um euch den Unterschied deutlich zu machen, bleibe ich bei der Geschichte um Tamina und Patrick. Ich gebe ihr den Arbeitstitel„der Tote unter dem Kronleuchter“. Dieser Kronleuchter ist eine Besonderheit in St. Niels und einer der wertvollen Kunstgegenstände. Wir werden also die Kirche nicht nur kurz von außen betrachten, wir werden auch ihr Inneres entdecken. Demnach sollten wir uns mit dem Innenraum ein wenig beschäftigen.
6. Einordnung in die Geschichte
Der Kronleuchter wird also eine größere Rolle spielen, behaltet das am Besten im Hinterkopf. Er wird relevant, wenn Patrick und Tamina eine Leiche in besagter Kirche finden. Zudem dient ein Teil des Leuchters als Mordwaffe.
7. Objekt ausführlich beschreiben und in die Szene einbauen
Tamina und Patrick waren Eisessen. Sie treffen den Bürgermeister der Gemeinde und dieser bittet sie, die nachgedruckten Gebetshefte nach St. Niels zu schaffen und auszulegen. Die beiden müssen also zurück zur Kirche. Hier wird’s für eure Beschreibungskünste interessant.
„Komisch. Normalerweise ist die Tür immer geschlossen.“ Patrick runzelte die Stirn, als sie den Absatz vor der hölzernen Eingangstür betraten. Diese stand weit offen und gab den Blick ins Innere der Hallenkirche frei. Er fröstelte, auch wenn ihm die Sonne angenehm auf den Rücken fiel. „Kann doch mal passieren, dass jemand vergisst die Tür zu schließen.“ Tamina drängte sich an ihm vorbei und betrat die Kirche. Der Kirchenraum lag im friedlichen Weiß vor ihnen. Das Sonnenlicht warf sanfte Schatten auf die ebenfalls weißen Holzbänke. Auf ihnen waren in gleichmäßigen Abständen rote Gesangshefte abgelegt. Auch wenn zwischendrin ein paar fehlten, so führten sie den Blick des Betrachters, wie rote Streifen durch die Kirche bis hin zum Chor. Doch so weit wanderte Patricks Blick nicht. Er blieb bei einer in schwarz gekleideten Person hängen, die unter dem großen Kronleuchter inmitten der Kirche saß. Das Licht, welches durch das nahe gelegene Rundbogenfenster fiel, ließ die Person wie eine Erscheinung wirken. Alles um sie herum wirkte friedliche, trotzdem bekam Patrick das ungute Gefühl nicht los.
„Pater Braun?“ Der Angesprochene antwortete nicht.
„Vielleicht ist er ja eingeschlafen“, flüsterte Tamina. Auch sie wäre vermutlich eingenickt. Die Kirche war in ein angenehmes Licht getaucht, es war angenehm warm und alles wirkte friedlich. Außer ihnen und dem stummen Pfarrer war niemand da.
„Herr Braun?“ Patrick sprach den bereits betagten Mann nochmals an. Wieder reagierte er nicht und als Tamina und Patrick ihn erreicht hatten, wussten sie auch warum. Der Pfarrer schlief nicht. Auf seiner Stirn klaffte eine große Wunde. Blut lief in kleinen Rinnsalen sein Gesicht hinab, tränkte die weiße Bank in rote Farbe, bis es sich schließlich auf den rotbraunen Steinboden sammelte. Patrick fühlte den Puls. Der Pfarrer war tot. Tamina schrie auf und ließ den Karton mit den Heften fallen. „Um Gottes Willen.“ Patrick starrte den bereits erblassten Mann schockiert an, während er sein Handy aus der Hosentasche fingerte. „Ruf du die Polizei!“, forderte er Tamina auf und holte sie aus ihrer Starre.
Während sie auf den Notarzt warteten, sah sich Patrick um. Alles schien so normal. Keine Zeichen eines Unfalls oder von Fremdeinwirkung. Der Flügelaltar stand noch an seinem Platz, die goldene Schrift der Gedenktafeln an den Wänden schimmerte in der Nachmittagssonne und auch die Kronleuchter hingen an der dunklen Holzdecke. „Hm ...“ Patrick warf einen Blick nach oben, auf den üppigen, adlergekrönten vierzehnarmigen Kronleuchter. Irgendwas war anders. „... der Adler ist weg!“
...
In diesem Teil erhält der Leser schon einen komplexeren Einblick in die kleine Dorfkirche. Ihr müsst ein Gefühl entwickeln, was für Informationen notwendig sind und welche unwichtig. Zum Beispiel braucht ihr an dieser Stelle nicht zu beschreiben, was alles auf den Gedenktafeln steht oder was auf dem Altar abgebildet ist. Das ist nicht wichtig. Auch den Kronleuchter habe ich noch nicht ausführlich beschrieben.
Nehmen wir an, die Spurensicherung kommt und sie untersuchen die Mordstelle. Wenn die Ermittlungen aufgenommen werden, muss natürlich der Kronleuchter näher beschrieben werden: Aus welchem Jahrhundert stammt er? Oder was hat es mit dem gestohlenen Adler auf sich? Wie sah dieser aus? Wie oben bereits erwähnt, hilft es bei Beschreibungen, sich Fotos zu Hilfe zu nehmen.
8. Einbau in die Geschichte und Vorlage bei Betalesern
Wenn ihr euer Objekt beschrieben habt und in die Szene/ das Kapitel eingearbeitet habt, gebt diesen Teil doch jemandem zum Lesen und lasst euch sagen, ob sie verstehen, was ihr geschrieben habt, ob unbekannte Fachwörter Oberhand haben, oder ob sie meinen, dass dem Objekt zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Schreibaufgabe:
Sucht euch eine Kirche aus, überlegt euch kleine Szenen und geht die obengenannten Punkte durch. Natürlich könnt ihr es wie ich machen und eine zusammenhängende Geschichte schreiben. So werden auch die unterschiedenen Beschreibungsarten deutlicher.
----------------------
Weitere Artikel:
- Kunst- und Architekturbeschreibungen – oder das Problem mit der Quantität
- Das Schreiben auf Reisen. Ein Fotobuch hat heutzutage schließlich jeder.
Fasziniert von der Welt, mit zu vielen Hobbys im Gepäck, versucht Anki ihren Gedanken Ausdruck zu verleihen. Mit Worten, aber auch mit Foto und Design greift sie auch anderen gerne unter die Arme. Willkommen beim Zeitfänger !
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wie hat dir dieser Artikel gefallen?