Wenn ich an Literatur denke, in der es um Homosexualität geht - insbesondere mit Männern - habe ich früher immer so ein bestimmtes Bild im Kopf gehabt. Das war eine Mischung aus muskulösen Männern und ekligen Worten. Ich weiß nicht, warum ich dieses Bild im Kopf gehabt habe. Man könnte natürlich sagen, die Cover mancher Bücher sind nicht ganz unschuldig. Man könnte aber auch sagen, dass daran eine Kurzgeschichten-Sammlung, die ich gelesen habe, schuld war. Als ich diese Geschichten gelesen habe, wurde nämlich genau dieses Bild geäußert. Die Sprache war furchtbar schlecht, Wörter wie "bearbeiten" "saugen" – und den Rest erspare ich an dieser Stelle – haben natürlich beim ersten Gehversuch in diese Richtung den Grundpfeiler gelegt. Ich muss sagen, das hat mich abgeschreckt. Wirklich abgestoßen. Selbst als Schwuler hat man seine eigenen Grenzen, weil man nicht jedes Klischee erfüllt, was man vielleicht geboten bekommt. Weil wie bei allen anderen Menschen auch, hat da jeder eben seine eigenen Vorlieben. Das waren aber nicht meine. Und deswegen hatte ich danach nicht wirklich Lust, noch weitere Bücher in diese Richtung zu lesen.
Meine Bedenken waren einfach, dass ich wieder zu einem Buch greife, das genau in diese Richtung geht. Aber mein Drang, mehr Bücher zu lesen, die Homosexualität thematisieren, war groß. Ich dachte mir: Wenn es bei den anderen Büchern, die ich sonst so lese, andere Genres gibt, dürfte das da auch der Fall sein. Und siehe da, das gab es wirklich. Offiziell gibt es natürlich kein Sci-Fi für Homosexuelle als Genre. Aber es wird wohl in Literatur getrennt, die Schwul/Lesbisch/Transgender und so weiter kategorisiert wird. Und spezialisierte Verlage für Literatur dieser Art gliedern dann in die jeweiligen Genres ein. Bei den großen Publikumsverlagen fallen diese Bücher oft einfach unter "Romane" – dort macht man keinen Unterschied. Es wird auch nicht speziell gekennzeichnet. Warum auch? Wenn man also auf der Suche nach Büchern dieser Art ist, hat man es nicht sonderlich einfach. Dennoch ist es mir gelungen, schon ein paar Schätze zu finden, die mich sehr angesprochen haben und die eigentlich genau das waren, was ich lesen wollte. Zum Beispiel war das "Der Liebhaber meines Mannes" von Bethan Roberts – ein Roman, der in Brighton im Jahre 1958 spielt. Ein Buch über eine schwierige Beziehung in einer schwierigen Zeit, in der Homosexualität noch strafrechtlich verfolgt wurde. Sprachlich glänzt dieses Buch nach genau meinen Vorstellungen. Der Fokus liegt auf der Problematik, auf der Liebe zwischen zwei Männern. Aber nicht auf dem Verkehr zwischen ihnen. Und das entsprach schon eher dem, was ich mir vorgestellt habe unter Literatur mit Homosexualität. Geschichten mit Realitätsbezug, echten Problemen und natürlich auch einer nachvollziehbaren Gedankenstruktur. Aber genug vom Lesen, hier soll es auch ums Schreiben gehen. Denn da habe ich auch etwas dazu zu sagen. Ob meine Charaktere eine Orientierung in irgendeiner Art haben oder nicht, ist etwas, das ich persönlich gar nicht beabsichtigte oder beeinflusse. Ich fange nicht an zu schreiben und sage: "Dich mach ich jetzt Hetero, dich mach ich Schwul und du bleibst für immer allein, du kennst Liebe gar nicht!" Nein, so mach ich das nicht. Ich hab mein Grundgerüst im Kopf gehabt, das wars. Bei meinem aktuellen Projekt, dass sich "Kolibri Matrix" schimpft, hab ich einfach geschrieben. Dann hab ich es irgendwie geschafft, ein schwules Pärchen einzubringen. Das war gar nicht so beabsichtigt und mittlerweile haben sie sich zu Hauptcharakteren entwickelt, die mir sehr am Herzen liegen.
Natürlich könnte man auch eine Geschichte schreiben, bei der man beabsichtigt, Charaktere zu haben die schwul und lesbisch sind. Man könnte ganz gezielt seine Geschichte so planen und aufschreiben. Wenn man Geschichten nicht so auf sich zukommen lässt, wie ich, und lieber mit genauer Struktur arbeitet oder gerne eine grobe Vorstellung haben möchte. Aber, wo ist da der Unterschied beim Schreiben? Ich hab gemerkt, da gibt es einfach keinen. Wie jeder andere Charakter hat jeder seine Eigenschaften, jeder sein Aussehen, jeder hat eine Funktion, die man dem Charakter auferlegt. Und mehr ist es nicht. Klar, das ist jetzt sogar ein Paar. Also, ein Kuss mal hier, die Hände halten sie mal da. Und sonst? Würde ich die Namen austauschen und ein paar Fakten könnte es auch ein heterosexuelles Paar sein. Ich sehe darin keine wirkliche Schwierigkeit. Die sexuelle Orientierung hat beim Schreiben, wie im echten Leben einfach keine große Relevanz. Viel wichtiger ist es, die Charaktere authentisch zu beschreiben und sie in ihrem Muster zu behalten. Sie so zu schreiben, dass sie in die Geschichte passen und man auch beim Lesen genau wie beim Schreiben sich denkt: Du gefällst mir.
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