Das 21. Jahrhundert ist eine wunderbare Zeit, um Autor oder Autorin zu sein. Das Klischee des einsamen Schriftstellers, der in Kerzenlicht jede Nacht alleine an seinem Schreibtisch verbringt und über seine Werke brütet, ist längst überholt, denn heute ermöglicht uns das World Wide Web, uns mit Schreiberlingen auf der ganzen Welt zu vernetzen – und das, ohne je einmal das eigene Haus zu verlassen. Schreib-Communities boomen. Jeder kann heute mit wenigen Klicks über Twitter, Facebook oder Instagram Gleichgesinnte finden und so der vermeintlichen Einsamkeit des Schreibens entkommen. Eigentlich eine tolle Entwicklung – zumindest auf den ersten Blick. Wenn man jedoch genau hinsieht, erkennt man schnell, dass auch hier nicht alles Gold ist, was glänzt.
Versteht mich nicht falsch: Ich finde es großartig, dass man heutzutage die Möglichkeit hat, sich im Internet über Schreibblockaden, Plotprobleme und Veröffentlichungsgedanken auszutauschen. Das verbindet und gibt einem das Gefühl, irgendwo dazuzugehören und einen Ort zu haben, wo man mit seinem Hobby ausnahmsweise mal nicht missverstanden wird. Die persönlichen Errungenschaften werden miteinander geteilt und alle können sich darüber freuen und sich gegenseitig anspornen. Doch genau hier beginnt für mich das eigentliche Problem, das diese Vernetzung mit sich bringt. Dadurch, dass im Internet natürlich überwiegend positive Erlebnisse und Erfolge geteilt werden – im Gegensatz zu Rückschlägen oder Fehlern –, kann es schnell passieren, dass man ein verzerrtes Bild vom Leben als Schriftsteller bekommt. Schafft man es selbst dann zusätzlich nicht, an die Erfolge der andern Schreibkollegen anzuschließen, stellen sich bald Frustration und Enttäuschung ein. Und natürlich auch Neid.
Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch. Ich will stets das Beste aus mir herausholen und bringe mich mit meinem Perfektionismus oft selbst an die Grenzen meines Möglichen. Wenn ich dann die Erfolge anderer Schriftsteller sehe – seien es nun die erste Verlagsveröffentlichung oder eine besonders positive Rezension –, versuche ich stets, mich für sie zu freuen. Im Endeffekt komme ich jedoch meist nicht umhin, auch ein kleines bisschen Neid zu verspüren und Enttäuschung darüber, dass ich solche Erfolge selbst (noch) nicht vorweisen kann. Manchmal geht das sogar so weit, dass ich andere Schreiberlinge auf Sozialen Netzwerken stumm schalten muss, weil ihre überwiegende – und möglicherweise erzwungene – Positivität und die vermeintlichen großen Errungenschaften nichts als Frustration in mir auslösen. Ich schäme mich für diese Tatsache, aber im Moment bin ich noch nicht an einem Punkt in meinem Leben angelangt, wo ich diese Gefühle einfach ausschalten könnte.
Neid unter Autoren ist ein Thema, das trotz der heutigen Vernetzung selten angesprochen wird. Ich verstehe das. Als Schriftsteller will man sich gegenseitig unterstützen und motivieren, denn immerhin scheint man nur unter Seinesgleichen überhaupt verstanden zu werden. So etwas wie Neid oder Eifersucht wären da völlig fehl am Platz. Dennoch denke ich, dass es wichtig ist, solche Dinge nicht unter den Tisch zu kehren, sondern viel eher eine Diskussion anzuregen. Allem voran sollte die Frage stehen, welches Bild vom Autorenleben heutzutage durch das Internet vermittelt wird und inwieweit sich das auf andere Schreiberlinge auswirkt. Denn was inspirieren kann, kann auch genauso schnell wieder frustrieren. Ich appelliere an mehr Ehrlichkeit, an mehr Eingeständnisse und mehr Offenheit im Autorenleben. Wenn ich sehe, dass selbst große Autorinnen und Autoren manchmal Fehler machen und aus diesen lernen, dann gibt mir das das Gefühl, nicht alleine mit meinen Problemen zu sein. Das motiviert mich, mich von meinen eigenen Fehlern nicht aufhalten zu lassen und stets an mir und meinen Fähigkeiten zu arbeiten – viel mehr, als es ein überschwänglich positiver Instagram-Post jemals tun könnte.
Mir ist klar, dass solche Dinge einfacher gesagt sind als getan. Deshalb ist es wichtig, erst einmal bei sich selbst anzufangen, indem man sich bewusst macht, dass auch im Autorenleben nicht immer alles so perfekt ist, wie es manchmal scheint. In meinen Augen ist das der erste Schritt, dem eigenen Neid und der damit verbundenen Frustration den Kampf anzusagen. Denn schlussendlich lenken solche negativen Gefühle stets vom Wesentlichen ab: nämlich vom Schreiben selbst. Und vom Spass, den man daran haben kann, wenn man sich nicht mehr ständig von anderen beeinflussen lässt.
Vielen Dank für diesen Beitrag, ich habe mich immer furchtbar schlecht gefühlt, andere um ihre Erfolge zu beneiden. Es ist, als würde ich den Menschen ihren Erfolg nicht gönnen, aber das ist ja nicht der Fall. Wenn ich lese, dass Jugendliche mit 14 schon einen wahnsinnig guten Debütroman veröffentlichen oder in meinem Heimatort schon x Autoren veröffentlicht haben, stelle ich mir unwiderruflich die Frage, wo ich denn stehe. Ich hasse diese Gedanken, versuche immer wieder, sie als Ansporn und Motivation zu nutzen, da meine Entwicklung nun mal langsamer verläuft, als ich es mir wünsche. Es ist tatsächlich nicht einfach, von heute auf morgen umzudenken. Ich versuche aber, die Worte aus diesem Artikel zu verinnerlichen und mich darauf zu besinnen, dass all die Zweifel, der Stress, die Unsicherheit mit dazu gehören und das nicht heißen muss, dass ich mein Ziel im Gegensatz zu den anderen nie erreiche. Ein toller Beitrag also, mit dem sich sicher viele Leser angesprochen fühlen! Danke nochmal, gerade heute habe ich wieder so eine Phase, wo diese Gedanken wirklich verrückt spielen :).
AntwortenLöschenLiebe Tanja, vielen Dank für deinen Kommentar. Für mich ist es immer wieder eine Erleichterung zu lesen, dass ich nicht die einzige bin, die mit Gedanken von Neid und Unsicherheit zu kämpfen hat. Da man im Internet natürlich stets den Erfolgen anderer ausgesetzt ist, kann schnell der Eindruck entstehen, dass man selbst die große Ausnahme ist, die noch nichts erreicht hat. Eine Zeit lange habe ich mich so unter Druck gesetzt, dass mein ganzes Schreiben darunter gelitten hat. Da hilft es mir persönlich manchmal, sich ein paar Tage auszuloggen und eine Social Media-Pause zu machen.
LöschenEs freut mich, dass du etwas aus dem Artikel mitnehmen konntest. Ich bin mir sicher, dass du dein Ziel bald erreichen wirst und wünsche dir ganz viel Erfolg dabei! 😊
Mein Problem ist nicht der eigene Neid, sondern der, den andere mir gegenüber an den Tag legen, und der mich inzwischen zu Mutlosigkeit und zur Schreibblockade geführt hat. Begonnen hat das Ganze in einer Schreibgruppe, in der die Leiterin - sie arbeitete als Journalistin - meine erste Krimi-Geschichte auf eine unfaire, unsachliche Art runtermachte und mir "Fehler" unterstellte, die ich überhaupt nicht gemacht hatte. Seltsamerweise wurde sie darin auch noch von den anderen aus der Gruppe unterstützt - auch so ein Phänomen, das man mal beleuchten müsste. Hierzu muss gesagt werden, dass die Kritisierende das Verfassen von Kriminalstorys gewissermaßen für sich gepachtet hatte und alles wegbiss, was sie von ihrem Thron hätte stürzen können. Ich habe diese Gruppe dann verlassen und mich nach einer gewissen Zeit einer neuen angeschlossen. Hier kristallisierte sich heraus, dass deren Leiterin (ebenfalls Journalistin) sofort bei der ersten gemeinsamen Lesung sich mit der anwesenden Presse "verständigt" hatte, so dass der entsprechende Artikel in der Zeitung den Schwerpunkt auf ihren Beitrag setzte und sie als Star des Abends aufgebaut wurde, obwohl ihr Text zu den schwachen des Abends gehörte. Dann hatte ich irgendwann eine Solo-Lesung und bekam vom Publikum eine wunderbare Rückmeldung, so wie immer, und auch die anwesende Journalistin schwärmte in ihrem Artikel geradezu von meinen Texten. Eine Frau aus der Schreibgruppe aber meinte, ich solle mir darauf nichts einbilden und wissen, dass der, der hoch steigt, auch tief fallen wird. Das war wenigstens ganz offener Neid. In der 3. Gruppe aber arbeitete man im Untergrund gegen mich, boykottierte meine Meinung und meine Aktionen, angeführt von einer Frau, die sich ganz allmählich als Leiterin, die die anderen in der Gruppe von sich "abhängig" machte, indem sie deren Texte redigierte - wir waren vorher nur ein loser Zusammenschluss- profilieren wollte. Im Moment habe ich die Nase voll von Gruppen. Hinzu kommt, dass die örtliche Presse mich meidet, weil sie in ihren Reihen selbst Schreibende hat, die sich zu profilieren suchen. Da kann man keine Götter neben sich vertragen, die zudem noch besser schreiben als man selbst. Ich weiß von mir, dass ich eine Schreibbegabung habe, die bemerkenswert ist. Ich bekomme nach jeder Lesung wunderbare Feedbacks, dennoch aber kein Fuß auf die literarische Bühne, da ich sofort abgeblockt werde. Mein Manko: Ich bin zu bescheiden, mir fehlt das notwendige Maß an Narzissmus, den man offensichtlich haben muss, wenn man erfolgreich sein will.
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