Mittwoch, 21. Juni 2017

Welches Konfliktpotenzial steht zwischen deinen Charakteren?

Eine meiner größten Schwächen ist es, über Charaktere zu schreiben, die ähnlich ticken. Daraus ergibt sich, dass sie sich fast immer einig sind, die Geschichte ohne großartige wörtliche Rede auskommt und meine Charaktere sich so gut wie nie streiten. Das ist ein ziemliches Problem, weil so überhaupt keine oder nur wenig Spannung in einer Geschichte entstehen kann. Ich bin zwar ein ziemlich friedfertiger Mensch und versuche, mich so oft es geht in andere hineinzuversetzen und sie zu verstehen. Wenn aber eine langweilige Geschichte das Ergebnis ist, dann muss ich daran arbeiten, es ordentlich zwischen den Figuren krachen zu lassen.




In einem meiner letzten Artikel habe ich mir die Grundmotivationen, die Figuren antreiben, angesehen. Heute soll es um die Konflikte gehen, die sich zwischen ihnen entwickeln können und wie sie gelöst werden. Die fünf Motivationen, um die es geht sind soziale Anerkennung, Sicherheit und Geborgenheit, Vertrauen, Selbstachtung und Unabhängigkeit und Verantwortung. Nun können Charaktere mit den unterschiedlichsten Motivationen aufeinander treffen. Gucken wir mal, was passiert …

Es soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass mal die eine und mal die andere Motivation stärker hervortreten und jede den Charakter beeinflussen kann. Außerdem können die Konflikte auch wunderbar innerhalb eines Charakters ausgetragen werden.


Soziale Anerkennung vs. Sicherheit/Geborgenheit

Der Motivation der sozialen Anerkennung ist häufig zu eigen, dass sie auffallen will und sehr risikobereit ist, während die Sicherheit/Geborgenheit unauffällig sein und jegliches Risiko vermeiden möchte.

Stellen wir uns einmal ein typisch, dystopisches Szenario vor. Das System schafft Sicherheit, indem es die Grundbedürfnisse eines Charakters, nennen wir ihn Martin, stillt. Muckt er nicht auf, wird sich für ihn höchstwahrscheinlich nichts ändern und das Risiko, dass sich sein Leben verschlechtert ist sehr gering. Andererseits gibt es da eine Figur, sagen wir Laila, die mit Martin eine geheime Liebesbeziehung führt. Laila will nicht mehr zusehen, wie die Menschen in ihrem Umfeld in der niedrigsten Kaste die unwürdigsten Arbeiten verrichten und zettelt eine Rebellion an. Martin ist alles andere als begeistert, weil er die Geborgenheit der Beziehung nicht aufgeben will und wird alles dafür tun, dass dies auch so bleibt. Laila hingegen ist sich sicher, die soziale Anerkennung ihrer Mitmenschen zu erlangen, indem sie sie aus der Unterdrückung befreit.


Vertrauen vs. Unabhängigkeit/Verantwortung

Unabhängige Charaktere machen oft ihr Ding und sind sehr weit oben in Führungspositionen zu finden, während vertrauensvolle Figuren sich eher im familiären Kreis und einer vertrauensvollen Umgebung wohlfühlen.

Nun denken wir uns in folgendes Szenario: Eine toughe, selbstbewusste, intelligente, junge Frau an der Spitze eines Millionenunternehmens begegnet dem „netten Kerl von nebenan“. Wie das mit der Liebe auf den ersten Blick manchmal so passiert, trifft beide der Schlag. Während sie problemlos auf eine Liebelei eingehen möchte – einfach, weil sie etwas anderes in ihrem Berufsleben gar nicht unterbringen kann –, erhofft er sich den Klassiker: Heiraten, Haus bauen, eine Familie gründen. Klar, dass die Vorstellungen der beiden mehr als nur haarscharf aneinander vorbei rauschen.


Vertrauen vs. Soziale Anerkennung

Die nächste Situation könnte sich in einer romantischeren Liebesgeschichte als das letzte Beispiel wiederfinden. Der „nette Typ von nebenan“ ist nicht auf den Vorschlag der lockeren Liebelei eingegangen und findet nun die nächste „Traumfrau“, mit der er seine Vision von Heirat, Hausbau und Familie verwirklichen möchte. Sie, nennen wir sie Bärbel, ist auch recht angetan von ihm, allerdings merkt er schnell, dass er auch mit ihr nicht warm wird. Bärbel sagt Verabredungen ab, weil sie schnell mal nach Namibia fliegen muss, um ein Dorf aufzubauen, das von einer Elefantenherde niedergetrampelt wurde.


Ich denke, ihr versteht, was ich meine. Am spannendsten ist es natürlich, wenn die gegensätzlichsten Motivationen aufeinandertreffen.

Schreibaufgabe: Sucht euch eine Kombination zweier Konflikte aus und entwickelt euer eigenes Szenario!

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Quelle: Correll, Werner. Menschen durchschauen und richtig behandeln. Psychologie für Beruf und Familie. 2015.
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Zum Weiterlesen:


Tinka Beere liebt es, in andere Welten einzutauchen, und schreibt Geschichten mit einem fantastischen Touch. Darüber hinaus begeistert sie der Austausch mit anderen Autoren, denen sie mit hilfreichen Tipps gerne zur Seite steht. 

 

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