Ich finde den Austausch mit meinen Lesern daher sehr inspirierend. Bleibt er aus, ist das zuweilen frustrierend und verunsichernd und hat mich schon in die eine oder andere ausgedehnte Sinnkrise gestürzt.
Der Autor als nicht-abstraktes Wesen
Durch die Diskussionen sind mit der Zeit auch einige Mail-Bekanntschaften entstanden. Manchmal verlieren diese sich nach einiger Zeit wieder, die längste pflege ich inzwischen seit zwei Jahren und ich habe mich mit jener Leserin sogar einmal persönlich getroffen. Ich finde es spannend, über meine Geschichten neue Leute kennenzulernen, mit ihnen über das zu sprechen, was wir lieben und zugleich mehr über die Menschen zu erfahren, die meine Geschichten lesen. Umgekehrt dürfen Leser über mich die Dinge erfahren, die zu teilen ich bereit bin.
Soziale Medien wie Facebook, Twitter & Co, sowie das Betreiben eines Blogs helfen nicht nur, Leser zu finden und Kontakte zu knüpfen, sondern auch eine gewisse Nähe herzustellen. Natürlich sollte man generell vorsichtig sein, was man im Internet von sich preisgibt, denn dieses vergisst bekanntlich nie. Nichtsdestotrotz wird man durch die Nutzung dieser Medien für den Leser zu einem weniger abstrakten Wesen. Bevor ich unter meinem Pseudonym in sozialen Medien aktiv war, habe ich des Öfteren schüchterne Mails erhalten, in denen Leser mir gestanden haben, dass sie sich lange nicht getraut hätten, mir zu schreiben und sich zu meinen Geschichten zu äußern. Wenn man dem Beantworten von Reviews mit viel Freude und Hingabe nachkommt, ist eine solche Offenbarung ein klein wenig bestürzend.
Mit sozialen Medien hat sich das allmählich verbessert. Nicht alle Leser folgen mir dort, aber der Kontakt zu jenen, die es tun, profitiert davon. Auch ist es eine gute Werbung, weil andere auf einen aufmerksam werden, selbst wenn man keine Werbung á là „Lies meine Geschichte, die ist der absoluter Knaller!“ macht. Dadurch und über meinen Blog habe ich zudem Leser hinzugewonnen.
Häufig wird geraten, dass man neben Informationen übers Schreiben und subtiler Werbung für seine Werke ca. 75% andere Inhalte postet. Das können Dinge sein, die einen bewegen, Absurditäten des Alltags, das aktuelle Projekt oder die Alltagsleiden des Autorendaseins, aber auch ein Foto des Mittagessens – kurz: Alles, was einen umtreibt und was man ohne Bedenken der Menschheit von sich mitteilen kann und will. Seit ich zwei Katzen habe, twittere ich auch gerne, was die beiden gerade so treiben oder poste süße Fotos. Auf diese Weise wird man als Autor authentisch. Es kann den Lesern helfen, ihre Scheu zu überwinden und einen zu kontaktieren, wodurch ein wundervoller Austausch entstehen kann.
Die dunkle Seite der Lesernähe
Leider haben das Pflegen von Kontakten und die Nähe zu den Lesern auch seine Schattenseiten. Manchmal werden Erwartungen geweckt, die nicht gehalten werden können. Von beiden Seiten. Häufig passiert das dann, wenn man in diesen Kontakt schon emotional zu sehr involviert ist. Und sei es nur, weil der Austausch über das eigene Werk so intensiv ist, dass Hoffnungen geweckt werden. Wenn man das bemerkt, ist es meistens schon zu spät. Es kann helfen, dem Leser erst dann zu antworten, wenn die Begeisterung über dessen Mail/Review verflogen ist. Doch auch das schafft nur eine bedingte emotionale Distanz, wenn man mit seinem ganzen Herzblut in der Geschichte steckt.
Und dann gibt es die Leser, die sich in die Geschichte hineinsteigern und aufdringlich werden. Wenn Leser die spärlichen privaten Informationen, die es über einen im Netz gibt, nutzen, um den Arbeitsplatz herauszufinden und dort ungefragt per Post Sachen hinschicken, und einem auf Schritt und Tritt in den sozialen Medien folgen und alles kommentieren und liken hört der Spaß irgendwann auf.
Leider hatte ich diesbezüglich vor kurzem meine erste negative Erfahrung. Und ich muss zu meiner bodenlosen Schande gestehen, dass ich darauf hereingefallen bin. Weil er einer der wenigen männlichen Leser meiner Geschichten war und wir eine etwas anders geartete Diskussionsbasis hatten. Und weil mir schlichtweg das Bewusstsein für eine solche Situation gefehlt hat. In meiner Begeisterung habe ich die Sache mit dem Gedanken ’der ist ja eigentlich ganz vernünftig’ abgetan und mit ihm gemailt. Darüber habe ich die Warnsignale übersehen. Neben seiner investigativen Forschung nach meiner Adresse hätte mich stutzig machen sollen, dass er sich ausgerechnet nach der Figur benennt, die unglücklich in meine Heldin verliebt ist. Zudem schien er, auch wenn er das abgestritten hat, mehr in diesen Kontakt zu interpretieren, und äußerte schließlich den Wunsch, mich zu treffen.
Als er eines Abends mit meinem Blog ungefragt Schindluder betrieb, bin ich aufgewacht und habe den Kontakt mit einer deutlichen Mail abgebrochen. Es folgte die Löschung seines Twitter-Profils, die Reaktivierung, das Blockieren meinerseits, nachdem er auch noch anfing, sich auf unangemessene Weise in meine Konversationen einzumischen, und seine komplette Löschung auf Twitter und in dem Archiv, in dem ich meine Geschichten veröffentliche.
Ich dachte, es wäre vorbei. Aber das war es nicht. Nur um wenige Tage später kehrte unter dem Namen meines Antagonisten zurück – einer Figur, die meiner Heldin sehr zusetzt. Für mich war das ein eindeutiger Akt der Provokation. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits so weit, dass ich das Büro nicht mehr verlassen konnte, ohne Angst zu haben, dass er mir dort auflauert. Ich erhielt Mails von Facebook und meinem Bloganbieter, in denen jemand die Zurücksetzung meines Passworts (nachdem ich es geändert hatte), erbat und an einem Abend hatte ich eine zehnminütige Panikattacke, weil ich mich nicht mehr auf meinen Blog einloggen konnte. Im Nachhinein stellte sich zum Glück heraus, dass ich nur zu nervös gewesen war, um das neue Passwort einzugeben. Schön war es trotzdem nicht und hat mir gezeigt, wie sehr mich diese Sache bereits in Mitleidenschaft gezogen hat.
Auf diese Aktion hin machte ich ihm noch einmal deutlich, dass er mich in Ruhe lassen soll, und deutete an, dass ich im anderen Fall entsprechende rechtliche Schritte einleiten würde. Seitdem ist Ruhe, auch wenn ihn das nicht davon abhält, auf Twitter denjenigen zu folgen, mit denen ich am meisten in Kontakt stehe.
Ich bezweifle, dass das passiert ist, weil ich zu offen war. Denn es fing schon viel früher an. Mein Fehler war es, mich diesem Typen zu öffnen, obwohl ich es besser hätte wissen müssen. Denn ich hatte bei seinem allerersten Review, das eine ziemlich persönliche Frage enthielt, schon kein gutes Gefühl. Auch wenn ich im weiteren Verlauf dieses Kontaktes keine zu persönlichen Dinge von mir preisgegeben und an den sensiblen Stellen rechtzeitig abgeblockt habe, fühle ich mich auf eine unangenehme Weise entblößt. Denn, was er über mich erfahren hat, reicht vermutlich, um sich den Rest zu denken.
Wahrscheinlich kann ich von Glück sagen, dass es so glimpflich abgelaufen ist. Ich war dumm und naiv und habe mich von schmeichelnden Worten um den Finger wickeln lassen. Aber vielleicht hilft diese Geschichte euch, die Anzeichen rechtzeitig zu erkennen, solltet ihr jemals in eine solche Situation geraten. Letztendlich seid ihr vor besessenen Fans und Stalkern nicht gefeit, egal wie offen oder verschlossen ihr euch gegenüber euren Lesern und anderen Menschen im Allgemeinen gebt. Ich weiß jedenfalls, dass ich in Zukunft noch vorsichtiger sein werde und Lesern, die ich nur über das Internet kenne, nicht mehr so schnell mein Vertrauen schenke.
Fazit
Ich halte es für gut und richtig, eine gewisse Nähe zu seinen Lesern zu wahren. Man wirkt authentischer und auf diese Weise können wertvolle Kontakte entstehen. Ihr selbst als Autor und eure Geschichten können davon sehr profitieren. Allerdings macht man sich durch diese Öffnung auch verletzlich. Es ist wichtig zu hinterfragen, wie viel man von sich preisgeben möchte und welche Konsequenzen das haben könnte. Gerade bei Menschen, bei denen man von Anfang an kein gutes Bauchgefühl hat, sollte man vorsichtig sein. Dennoch wird euch das nicht vor wahnhaften Lesern schützen. Es kann jedoch helfen, dass das Gefühl des Entblößtseins nach einer solchen Situation gering ist oder ganz ausbleibt.
Sonea schreibt Fanfictions auf Fanfiktion.de und bloggt übers Schreiben und ihre Projekte auf Tales From Kyralia.
Hallo Sonea, danke, dass du deine Erfahrungen für alle teilst. Hoffen wir doch, dass die Mehrheit der Fans nicht zum Stalking übergeht.
AntwortenLöschenHallo Eva,
LöschenDanke für deinen Kommentar. Es ist mir auch schwergefallen, darüber zu schreiben, nur so kann man die Macht dieser Typen brechen.
LG
Sonea
Jetzt muss ich doch nochmal ein Kommentar hinterlassen :D
AntwortenLöschenIch muss ja sagen, dass ich selbst schon seit knapp 2 Jahren FanFictions schreibe, aber als sich dann so langsam herauskristallisiert hat, dass mein Buch wirklich veröffentlicht wird, habe ich mich dazu entschieden, mein "Offizielles-Autoren-Ich" und mein "Fanfiction-Autoren-Ich" strikt voneinander zu trennen. Das kann man mir doch nicht verübeln, oder? Meine FanFictions sind ein Hobby, das ich sehr leidenschaftlich verfolge, genauso wie das "professionelle" Schreiben , und das meinen Schreibstil (im Englischen) immens verbessert hat, dennoch ist mir das Ganze etwas zu privat um es mit potenziellen Lesern meines "offiziellen" Buches zu teilen. Aber wer weiß, vielleicht schreibe ich ja eines Tages ein Buch auf Englisch, das sich thematisch näher an meine FFs anlehnt.
Egal wie man es im Endeffekt sieht, was man nun privat hält und was nicht, ist meiner Meinung nach immer eine Gradwanderung. Die letztendliche Entscheidung liegt aber beim Autor und sollte respektiert werden. :)
Vielen Dank nochmal für den tollen Artikel! Hat auf jeden Fall gezeigt, dass man aus Dingen immer etwas lernen kann :))
Hallo Grace, vielen Dank für deinen Kommentar! :)
LöschenAuch wenn ich es nicht als Schande ansehe, wenn ein Autor Fanfictions schreibt/geschrieben hat, denke ich, dass es eine gute Idee ist, beides zu trennen. Ich kann dich da gut verstehen, weil meine Fanfictions für mich auch etwas Persönliches sind. Aus diesem Grund bin ich im Internet auch nur unter Pseudonym unterwegs. Leider hat mich das vor diesem Stalker nicht geschützt, weil er durch meinen RL-Vornamen, der bis vor kurzem noch in meiner Schreibmeer-Bio stand, und über meine Uni schließlich meinen Namen und meinen Arbeitgeber herausgefunden hat. Da steckten Dinge mit drin, die ich gar nicht beeinflussen konnte, egal wie privat ich Informationen über mich halte. Mit genügend krimineller Energie kann alles herausfinden. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, sich zu schützen und das Risiko gering zu halten. Das Impressum meines Blogs läuft z.B. über einen Impressumsservice, der Post unter meinem Pseudonym annimmt und an mich weiterleitet. So ist die Gefahr, dass mir ein Stalker vor meiner Haustür auflauert zum Glück gering :)
LG
Sonea
Schade nur das man keine Chance hat die Ansicht des vermeintlichen Stalkers zu hören. Es ist gut vorstellbar das er das was er gesagt hat ehrlich gemeint hat, und nun total schockiert davon ist wie alles bei dir angekommen ist.
AntwortenLöschenSicherlich besteht heute eine sehr hohe Sensitivität gegenüber derartigen Vorfällen, ich behaupte allerdings das viele solcher Fälle sich als Missverständnis heraus stellen. In der Tat passiert das im Internet viel leichter, da man seinem Gegenüber schlicht nicht in die Augen sehen kann - um daraus noch Erkenntnisse zu gewinnen.
Lieber Carsten,
Löschenvielen Dank für deinen Einwand. Leider ist es in diesem Fall so, dass unsere Autorin besagten Stalker mehrmals darauf hingewiesen hat, dass sein Verhalten sie beunruhigt, sie hat ihm sogar mit rechtlichen Schritten gedroht. Seine Reaktion darauf war jedoch, sie unter anderen Namen auf fanfiction.de und Twitter zu stalken. Neulich hat er sich sogar bei Twitter als Familienmutter ausgegeben, verrückt, was?
Liebe Grüße
P.S. Du solltest das mit der das-/dass-Schreibung mal in den Griff bekommen. So erkennt man dich im www schon auf 100 Meter gegen den Wind.