Mittwoch, 11. Mai 2016

Die Landschaft und ich

Manchmal, wenn ich an meinem Fantasyprojekt schreibe und wieder einmal versuche, eine tolle Landschaft zu beschreiben, könnte ich meinen Kopf schreiend gegen eine Wand schlagen.
Ihr fragt euch warum? Das ist ganz einfach.
Ich liebe Serien und Filme mit tollen Landschaften und es gibt nichts Besseres für mich, als die schönen BBC-Produktionen mit den atemberaubenden Weitwinkelaufnahmen, anzuschauen. Ich sehe diese Landschaft vor meinem inneren Auge und schreibe: Das Gras ist saftig grün …
Das klingt jetzt vielleicht gar nicht so schlecht, aber wenn ich dann tatsächlich versuche, die grüne Graslandschaft mit den steil abfallenden Klippen Cornwalls zu beschreiben, dann habe ich immer das Gefühl, dem Ganzen nicht gerecht zu werden.
 


Weniger ist mehr


Gerade bei Landschaftsbeschreibungen ist weniger manchmal mehr, das wurde mir mehr oder weniger beigebracht. Besser gesagt, ich habe es schon öfter gelesen. Adjektive sollten nur sparsam benutzt werden und wohlbedacht eingesetzt sein.
Hier komme ich wieder an einen Punkt, an dem ich mich immer frage: Wie soll ich ohne Adjektive diese Landschaft beschreiben? Wenn Sonnenstrahlen die Klippen beleuchten und das tosende Meer in Szene setzten? Wie beschreibt man etwas am besten, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, aber so, dass der Leser dennoch das Bild vor Augen hat, welches ich auch gesehen habe.
Meine Verzweiflung wird für mich greifbar, wenn es dann auch noch um das klare und wirklich blaue Wasser geht, welches glitzert und mit weißen Schaumkronen geschmückt ist. Ja, ich könnte mich manchmal wirklich in Beschreibungen verlieren.
 

Wie jetzt, alle Adjektive raus?


Nein, so war das natürlich nicht gemeint. Man sollte sich auf das Wesentliche beschränken. Denn so überlässt man es dem Leser, sich alles vorzustellen und nimmt ihm diese Möglichkeit nicht ab.
So kann der Leser sich die Wellen erträumen, wie er möchte, selbst wenn sie nicht dem realen Vorbild entsprechen, dass ihr euch gesucht habt, um eure Wellen gut beschreiben zu können.
Das Kopfkino kann in diesem Fall auf Hochtouren laufen. 



Was ist mit der Geräuschkulisse?


Es geht natürlich nicht nur darum, das Bild zu beschreiben, sondern dem Leser auch zu verdeutlichen, was zu hören ist.
In meinem Beispiel tosende Wellen, die wie ein leichtes Donnergrollen in die Brandung rollen. Doch es ist mehr als das. Neben dem Rauschen besagter Wellen höre ich noch das Zirpen der Grillen und das Summen der anderen Insekten. Der Wind bläst kräftig über die Landschaft, aber es gibt kein Blätterrascheln, da in England an der Küste nicht so viele Bäume stehen und es kaum Wälder gibt.
Je nachdem, in welcher Zeit die Geschichte spielt, gibt es vielleicht vorbei fahrende Autos, eine Stadtkulisse, oder Menschen deren Stimmen vom Wind herbeigeweht werden.
Vielleicht herrscht in diesem Moment auch einfach nur Stille um euch herum, dann versucht diese zu beschreiben.
Es gibt so viele Möglichkeiten das Bild einer Landschaft lebendig werden zu lassen. Versucht die Atmosphäre einzufangen. Hierbei sollte natürlich darauf geachtet werden, dass die unheilvollen Klänge, die ihr beim Schreiben eurer Horrorszene gehört habt, nicht im Buch beschrieben werden. Spaß beiseite...
 

Was gibt es noch, worauf ihr achten könnt?


Eure Figur sollte sich der Landschaft entsprechend verhalten.
Gehen wir zurück auf die Klippen Cornwalls. Der Wind pfeift vom Meer aufs Land hinein. Vielleicht sollte sich eure Figur die Jacke enger ziehen, oder sich die Hände reiben, oder eine Mütze aufsetzten. Es könnte auch sein, dass sie einfach dasteht und sich den Wind durch die Haare fahren lässt.
Stellt euch vor, ihr stündet dort, wie würdet ihr euch verhalten und dann versucht dieses Verhalten auf eure Figur zu projizieren. Wichtig dabei ist nur, dass es nicht Out-Of-Charakter wird. Das Verhalten der Figuren trägt immens zur Atmosphäre einer Szene bei. Es lässt die Landschaft, die ihr beschreibt, viel lebendiger wirken und auch viel glaubhafter.
 

Kann man das lernen?


Bei schreibeinfach.org habe ich eine tolle und sehr leichte Übung gefunden.
Geht einfach raus (oder schaut zum Fenster raus) und schreibt, was ihr seht. Versucht verschiedene Landschaften zu beschreiben und legt euren Text dann weg. Lasst ihn vier Wochen liegen, ehe ihr ihn euch noch einmal durchlest. Bei diesem Durchgang versucht ihr euch vorzustellen, jemand anderes hätte diese Szene geschrieben. Habt ihr das Bild gut eingefangen? Könnt ihr die Szene so vor euch sehen, wie sie in Wirklichkeit war?

Es ist schlicht und ergreifend eine Sache der Übung. Landschaften beschreiben kann man lernen, so wie das Meiste, was mit dem Schreiben zu tun hat.

Ich wünsche euch viel Erfolg beim Ausprobieren! 


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Valarauco bloggt außerdem auf: Valaraucos Buchstabenmeer 


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