Slut Shaming – Was ist das überhaupt?
Unter Slut Shaming versteht man das öffentliche oder private Beleidigen einer Frau, die ihre Sexualität auf eine Weise auslebt, die nicht mit dem Standardbild der Gesellschaft einhergeht.Damit werden Frauen meistens auch als billig, minderwertig und leicht zu haben dargestellt.
Slut Shaming im Buch
Aufgefallen ist mir das bisher hauptsächlich in Young Adult Büchern. Gerade dort finde ich es extrem bedenklich. In mehr als jedem zweiten (amerikanischen) Young Adult Buch werden ehemalige Freundinnen, Gespielinnen oder einfach One-Night-Stands des männlichen Hauptcharakters als Schlampen beschimpft. Sie sind natürlich oft vom Charakter das komplette Gegenteil unserer geliebten Protagonistin.In den meisten Fällen tragen sie kurze, aufreizende Kleidung, sind auffällig hübsch, nicht sonderlich intelligent und zuweilen sehr gehässig. Die Protagonistin lässt kein gutes Haar an ihnen und auch das Love-Interest gibt zu, dass es sich bei den Frauen vor der Protagonistin nur um „Schlampen“ gehandelt hat.
Es ist völlig normal, dass die Frauen sich anschreien, beschimpfen und durchaus auch Handgreiflich werden, immerhin geht es um das Love-Interest!
Dieses Verhalten ist nicht nur absolut widerwärtig sondern auch ein sehr schlechtes Vorbild für die jüngeren Leserinnen und Leser der Bücher. Natürlich muss man die Ex des Schwarmes nicht als beste Freundin annehmen, aber man darf den Respekt vor der Person als Mensch nicht verlieren, denn nichts anderes sind sie: Menschen, Frauen, Mädchen.
Ich bin für mehr Respekt!
Der Umgang zwischen den Mädchen muss nicht freundschaftlich sein. Natürlich dürfen sie sich hassen und nicht ausstehen, aber es gibt einen Unterschied. Wenn ich eine Frau das erste Mal gesehen habe, sollte ich sie nicht gleich beschimpfen und schlecht machen. Die Bezeichnung als Schlampe hat sie erst recht nicht verdient. Ich finde es sehr bedenklich, dass in Young Adult Büchern so undifferenziert mit dem Thema umgegangen wird. Dort werden quasi alle Ex-Freundinnen schon mal der Form halber als Schlampen bezeichnet.Es ist nicht richtig, alle über einen Kamm zu scheren, da sind wir uns einig. Allerdings ist es auch nicht richtig, einer Person erst gar keine Chance zu lassen, sich zu beweisen. Wie oben schon erwähnt, ist es selbstverständlich und auch völlig in Ordnung, jemanden nicht zu mögen oder zu verachten, trotzdem sollte man das nicht so willkürlich tun. Die Figur sollte sich die Zeit nehmen, sich eine eigene Meinung zu bilden und nicht nur dem Love-Interest gefallen wollen.
Ganz abgesehen davon, wie ich die Verhaltensweise der weiblichen Figuren im Allgemeinen finde, denke ich, dass Frauen ihre Sexualität durchaus auch ausleben dürfen, sei es nun die Protagonistin, oder eine Statistin, die im späteren Verlauf der Geschichte keine große Rolle mehr spielt, oder auch die Ex-Freundin. Es kann nicht sein, dass ein Mann der gerne Sex hat als Bad Boy angeschmachtet wird, während eine Frau gleich als Flittchen abgestempelt wird. Das ist nämlich extrem sexistisch.
Was kann ich als Autor tun?
Es besser machen! Lasst nicht zu, dass eure weiblichen Figuren sich gegenseitig zerfleischen. Das mag vielleicht ein ganz interessantes Konfliktpotential ergeben, aber gebt ihnen keine Plattform dafür, sich völlig grundlos zu beschimpfen und fertig zu machen. Erlaubt dem Konflikt tatsächlich etwas Substanz zu entwickeln.Gebt eurer Protagonistin zumindest die Chance, etwas differenziert über die Situation nachzudenken, ohne gleich Amok zu laufen. Zeigt Respekt gegenüber anderen Frauen, die ihre Sexualität freier ausleben, als eure Protagonistin es tut. Lasst nicht zu, dass Frauen und Männer in euren Büchern mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen werden, auch wenn uns die Gesellschaft das quasi beibringt. Denkt darüber nach, bevor ihr eure Figur in Schimpftriaden, über andere Frauen, wie schlampig oder nuttig die doch sind, ausbrechen lasst. Seid euch bewusst, dass sich vielleicht manche Menschen ein Beispiel an dem Geschriebenen nehmen und denken es sei okay, so über anderen Menschen zu sprechen.
Mich persönlich nervt es wahnsinnig, wenn ich über Slut Shaming in Büchern stolpere. Da ist mir die Figur sofort unsympathisch. Daher mein Aufruf: Lasst nicht zu, dass ihr eure Figuren durch so etwas verderbt.
Auf dem Blog von Feminismus 101 gibt es einen spannenden Artikel, der noch einmal genauer auf Slut Shaming eingeht: http://feminismus101.de/slut-shaming/
Ich finde ihn sehr interessant und hilfreich. Vielleicht könnt ihr so euer Auge dafür schärfen, was ihr lieber nicht in den Kopf eurer Figur schreiben solltet.
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Zum Weiterlesen:
- Hure oder Heilige – Wohin mit den Frauen in meiner (Fantasy)-Geschichte
- Liebe, Herzschmerz und die große Frage
- Starke Frauenfiguren – Die Ehefrau
Valarauco bloggt außerdem auf: Valaraucos Buchstabenmeer
Vielen Dank für diesen tollen Artikel. Davon gibt es viel zu wenige. Ich finde das Frauenbild in sehr vielen Romanen ohnehin sehr bedenklich, besonders wenn zusätzlich die sexuelle Komponente mit reinspielt. Dann sind Frauen grundsätzlich devote, unmündige Weibchen, die alles machen, was der Kerl will. Mich regt das so sehr auf, dass ich solche Bücher nicht mehr lese. Immerhin gibt es Mädchen, die glauben, dass das so sein muss und sein soll. Der Autor hat eine größere Verantwortung zu tragen, als ihm wahrscheinlich bewusst ist. Er beeinflusst mit seiner Geschichte die Leser und ich finde, da sollte man schon aufpassen, wie man da wen darstellt.
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