Mittwoch, 15. März 2017

Hure oder Heilige – Wohin mit den Frauen in meiner (Fantasy)-Geschichte

In einem Interview zu der Elbin Tauriel aus der Hobbit-Trilogie, hat der Regisseur Peter Jackson darüber gesprochen, wie schwierig es ist, Frauenfiguren in Fantasyfilme darzustellen, denn es gibt eigentlich nur zwei Rollen: die Heilige oder die Hure. 



Das klingt im ersten Moment etwas hart und ist auch überspitzt dargestellt, aber es hat definitiv einen wahren Kern. Bleiben wir einmal bei den Werken Tolkiens. Tauriel taucht darin überhaupt nicht auf, so dass Peter Jackson einen Platz für sie in in dieser Welt finden musste.

Arwen ist die schöne Elbin, deren Schicksal an den Ring gebunden wurde, die Heilerin und somit Heilige. Doch welche Rolle nimmt Tauriel ein?

Ich möchte noch etwas bei Arwen bleiben. Viele von euch werden zumindest die Filme gesehen haben. In den Büchern spielt Arwen nämlich keine so große Rolle. Sie ist eher schmückendes Beiwerk. Dort darf sie nicht einmal Frodo heilen, als dieser von der Klinge eines Ringgeistes verwundet wird, denn Heilen ist Männersache. Doch über den Sexismus möchte ich gar nicht sprechen. In Tolkiens Büchern ist sie noch mehr Heilige, als in den Filmen. Sie ist quasi Perfekt und das „Verhältnis“ zu ihrem Geliebten ist völlig rein.

Peter Jackson hat sich entschieden, ihr eine größere Rolle zu geben, sie wichtiger zu machen. Sie unterstützt Aragon, wo sie nur kann. Trotzdem ist und bleibt sie die Heilige.

Das krasse Gegenteil wäre demnach die Hure. Gerade in den Büchern von Tolkien, wenn wir bei dem Beispiel bleiben, gibt es so etwas überhaupt nicht. Die wenigen weiblichen Figuren werden glorifiziert. Die Frauen, die unter diese Kategorie fallen, sind „befleckt“, nicht perfekt.

Wir müssen also in einer anderen Geschichte nach dieser Rolle suchen. Die erste Frau, die mir da in den Kopf kommt ist Cersei Lannister aus Game of Thromes. Die ist alles andere als eine Heilige. Mit all ihren Mitteln versucht sie an die Macht zu kommen. Sie hasst es, eine Frau zu sein, setzt ihren Körper aber bewusst ein, um sich selbst Macht zu verschaffen. Zu Sansa sagt sie:


„Tränen sind nicht die einzige Waffe einer Frau. Die beste liegt zwischen deinen Beinen. Lerne sie einzusetzen.“ – Kapitel: Schwarzwasser

Viel zu oft kommt es vor, dass die Damen der Fantasywelten nur eine sehr geringe Charaktertiefe besitzen. Gerade die „Heiligen“ sind nicht besonders vielschichtig, während die „Huren“ oft über einen ausgefeilten Charakter verfügen.

 

Doch gibt es wirklich nur diese beiden Kategorien?

Natürlich nicht! Ich würde fast behaupten, dass es sich dabei um ein etwas „veraltetes Weltbild“ von Fantasyautoren handelt. Meistens findet man so etwas tatsächlich bei Büchern, die entweder etwas älter sind, oder bei Autoren die ebenfalls etwas älter sind. Es gibt mittlerweile auch viele Bücher, bei denen die Frau mehr ist, als schmückendes Beiwerk oder ein Fußabtreter. In der heutigen Zeit ist es normal, dass sich Männer und Frauen gleichermaßen durch Fantasywelten kämpfen. Um kurz eine Brücke zu meinem Beitrag „Sind wir mal ehrlich – Realistisch sein in fantastischen Welten„ vom Januar zu schlagen und realistisch zu bleiben: In den meisten Fällen ist es Frauen nicht möglich, die gleiche Körperliche Stärke zu erlangen wie Männer, das ist völlig normal. Aus diesem Grund würde auch niemand etwas sagen, wenn ein Mann ein Heer in die Schlacht führt. Es gibt allerdings auch genügend Beispiele, zeigen, dass Frauen ebenso kriegerische Veranlagt sind. Sollte es nämlich Amazonen-ähnliche Wesen in deiner Geschichte geben, sind definitiv die Frauen die Kriegerinnen.

Wichtig ist, dass man sich selbst den Freiraum nimmt, um alle Charaktere gleichermaßen zu gestalten. Es sollte nicht einige wenige gut durchdachte Charaktere geben, während viele andere eindimensional sind.

 

Was ist nun mit Tauriel?

Als Autor solltet ihr euch trotzdem immer Gedanken darüber machen, was für eine Wirkung eure Frauenfigur auslösen soll. Da spielt viel mit rein: Ist sie die Hauptfigur, der Side-kick oder das Love-Interest?

Es gilt hier, wie überall: Nicht ist Schwarz oder Weiß. Eigentlich sollte das selbstverständlich sein. Daher hilft es, Platz zwischen den Extremen zu schaffen. Tauriel ist weder Hure noch Heilige. Sie ist eine einfach Kriegerin, die ihre eigene kleine Geschichte in einem unglaublich komplexen Universum hat. Gebt den Frauen eine Chance sich zu beweisen und sie werden euch zeigen, dass sie den Männern in nichts nachstehen!

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Valarauco bloggt außerdem auf: Valaraucos Buchstabenmeer

2 Kommentare:

  1. Man hat schon verloren, wenn man sich fragt, wie man "Frauenfiguren" darzustellen hat. Es sind Figuren. Personen. Genau wie Männer. Das ist der ganze Zauber.

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  2. Das war interessant zu lesen!
    Ich hatte mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Ich habe Tolkien zwar gelesen, aber mir nie weiter über die Rollen der Frauen Gedanken gemacht. Danke für diesen interessanten Einblick.

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