Mittwoch, 2. November 2016

Starke Frauenfiguren – Die Ehefrau

Seit ein paar Wochen schaue ich neben dem Korrigieren immer The Good Wife an. Je länger ich mich mit dieser Serie auseinandersetzte, desto faszinierender finde ich die Figur der Alicia Florrick.


Die Figur

Alicia ist die Ehefrau eines ehemaligen Chicagoer Staatsanwaltes, der wegen Veruntreuung und Vorteilsnahme ins Gefängnis soll. Nicht nur, dass er sie unzählige Male betrogen hat, er sorgt jetzt mit der Gerichtsverhandlung dafür, dass Alicia vorgeführt wird. Sie und die Kinder müssen das Haus verlassen und in eine kleine Wohnung ziehen. Zudem nimmt Alicia ihren Beruf als Anwältin wieder auf, nach 13 Jahren „Pause“.





Die meiste Zeit frage ich mich: Wie schafft sie das?

Auf den ersten Blick scheint sie eine eher verwöhnte, reiche Frau, die den ganzen Tag auf ihre Kinder aufgepasst und sich mit Freundinnen getroffen hat. Diese Frau wird jetzt quasi in ein Haifischbecken geworfen.

Ich kann sehr gut mit ihr mitfühlen und -leiden. Betrogen zu werden, ist etwas Furchtbares. Andererseits kann ich nicht ganz nachvollziehen warum sie bei ihrem Mann bleibt. Doch bereits hier zeigt sich, dass die Figur viel vorrausschauender denkt, als man vielleicht glauben mag.

Auch könnte man sie als beinahe aufopferungsvoll bezeichnen. Hauptsächlich für ihre Kinder und auch ein bisschen für ihren Mann, will sie den Scheidungskrieg vermeiden. Sie unterstütz Peter, so gut sie es kann. Auch das macht sie in meinen Augen sympathisch, mitfühlend.

Man hat hier also eine Frau, Mutter, die aufopferungsvoll und mitfühlend ist, beinahe schon eine Märtyrerin.

Auf der anderen Seite ist sie eine Anwältin. Als Juniorpartnerin steigt sie in der Kanzlei ihres Studienfreundes ein. Dort hat sie Arbeitszeiten, die jenseits von Gut und Böse sind. Sie muss Fälle übernehmen, die sie zum Teil anwidern und an ihre Grenzen bringen. Oft hat sie das Gefühl, nicht immer für das Gute zu kämpfen. Sie beißt sich durch und beweist ein Durchhaltevermögen und eine Ausdauer, die ich ihr persönlich gar nicht zugetraut hätte. Alicia behält einen kühlen Kopf und überdenkt alles, ehe sie handelt. Mir persönlich gefällt es, dass sie so besonnen ist und sich nicht von ihren Gefühlen leiten lässt.


Warum eine Figur wie Alicia?

Sie ist etwas anderes, etwas „Neues“. Für mich macht es einen gewissen Reiz aus, eine solche Figur zu sehen.

Wenn ich diese Figur als Autorin betrachte, ärgere ich mich ein wenig darüber, dass ich noch niemanden wie Alicia Florrick geschrieben habe.

Geschichten brauchen mehr Figuren, die nachdenken, ehe sie handeln, die nicht unüberlegt von einer Katastrophe in die nächste jagen. Figuren, die eine gewissen Eleganz wahren und vielleicht nach außen hin etwas kühl wirken.

Man sollte jedoch darauf achten, dass man die Figur nicht zu viel nachdenken lässt. Es mag hilfreich sein, das man sich die Gedankengänge als Autor deutlich macht und die Figur danach handeln lässt, aber man sollte nicht jeden Gedanken bis ins Kleinste im Buch ausführen. Für die Leser wird es oft schwer, den Gedanken zu folgen, außerdem könnte es sich etwas in die Länge ziehen und die Geschichte unnötig ausbremsen.


Wie bringe ich rüber, dass meine Figur ein Kopfmensch ist?

Meiner Meinung nach ist dies oft ein Prozess, der außerhalb des Buches vonstattengeht. Ich als Autorin muss mir von vorneherein genau überlegen, welche Wirkung diese Figur erzielen soll und dann danach handeln. Manchmal fällt es einem vielleicht etwas schwerer, innerhalb der eigenen Charakterbeschreibung zu bleiben. Wenn man das allerdings durchhält, ist es am Ende umso besser für die Geschichte.


Märtyrer sind out!

Obwohl es wichtig ist, dass es auch Figuren gibt, die bereit sind, sich zu opfern, oder in gewissen Bereichen ihres Lebens etwas zurückstecken, finde ich es sehr wichtig, wenn hierbei ein ausgeglichenes Verhältnis herrscht. Es darf nicht eine Figur alles auf sich nehmen, denn dabei könnte die Gefahr bestehen, dass sie zu leidend wird und der Leser genervt ist. Versucht, ein Gleichgewicht zu erzeugen, damit die Geschichte etwas abwechslungsreicher wird.


Fazit

Werft auch mal ein Auge auf die Figuren, die im ersten Moment nicht im Mittelpunkt des Geschehens stehen. Seht euch die Charaktere an, die vielleicht am Anfang unscheinbar wirken, aber hinter denen viel Potential steckt. Überlegt, ob es einer davon vielleicht wert ist, doch zu einer Hauptfigur zu werden.

Es ist immer schön, mal etwas Abwechslung in seine eigenen Geschichten und Ideen zu bringen. Vielleicht konnte ich euch damit ja ein klein bisschen anstupsen.



Valarauco bloggt außerdem auf: Valaraucos Buchstabenmeer


3 Kommentare:

  1. Sehr interessante Überlegungen. Ich finde Alicia auch unglaublich stark und irgendwie auch sehr sympathisch, gerade, weil sie nicht perfekt ist und mit sich ringt.
    Deine Überlegungen, wie man so einen Charakter schriftlich rüberbringt finde ich gut und treffend. Ich schreibe zwar nichts(s längeres), aber trotzdem interessiert es mich, wie Autoren da wohl rangehen, wenn ich einzelne Charaktere lese.
    LG Lexa

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    1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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    2. Hey Lexa,
      vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Es freut mich, dass du Alicia auch sehr gerne magst ^^ Ich bin "endlich" am Ende von Staffel 2 angelangt :)
      Ich finde, auch bei kurzen Geschichten sind die Charaktere wichtig! Sie tragen immerhin die Geschichte :) Ich ärgere mich oft darüber, das mir manche Charaktere nicht zuerst eingefallen sind ;)
      Liebe Grüße,
      Valarauco

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