Samstag, 3. September 2016

Die Kurzgeschichte – nur was für Anfänger?

Sie ist wohl die am meisten unterschätzte Gattung der Literatur: die Kurzgeschichte. Viele Autoren fiebern nur dem großen Traum Roman nach und vergessen darüber, dass die Kurzgeschichte eigentlich eine sehr effektive Schreibgattung ist.

Im Folgenden möchte ich mich mit der Kurzgeschichte befassen und diese Textform einmal näher beleuchten.





Es war einmal ...

Die Kurzgeschichte stammt ursprünglich aus der amerikanischen Literatur (genannt „short story“) und wurde vor allem durch Schriftsteller wie Edgar Allan Poe oder Ernest Hemingway bekannt. Im deutschen Sprachraum kam sie um 1900 erstmals auf, konnte sich aber erst 1945 richtig gegen andere literarische Kurzformen wie z. B. die Novelle, durchsetzen. Anfangs behandelten Kurzgeschichten häufig den Krieg und politische Themen. In den 1960er Jahren ging die Beliebtheit von Kurzgeschichten wieder zurück. Erst in den modernen Zeiten des Internets feierte die Kurzgeschichte ein Comeback. 2013 gewann Alice Munro mit einem Kurzgeschichtenband sogar den Literaturnobelpreis.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kurzgeschichte


Was aber macht eine Kurzgeschichte aus?

Kurzgeschichten lassen sich nicht eindeutig definieren. Nicht jede Kurzgeschichte hält sich an alle Regeln.

Generell kann man aber folgende Kennzeichen festlegen:

Unmittelbarer Einstieg: Die Geschichte beginnt oft mitten im Geschehen. Eine lange Einleitung fällt weg. Dem Leser wird zunächst nicht verraten, wer der Erzähler ist und wo die Geschichte stattfindet. Dies muss er im Laufe der Geschichte herausfinden.

Nur einige Seiten Länge: Die Kurzgeschichte ist, wie der Name schon sagt, kurz. In der Regel hat sie eine Länge von einigen Seiten und zwischen 1.000 und maximal 20.000 Wörtern, wobei letzteres schon fast grenzwertig ist. Ist sie nur ein paar hundert Wörter lang, redet man von einer Kürzestgeschichte.

Alltägliche Situationen und Personen: Kurzgeschichten behandeln oft Themen und Konflikte aus dem Alltag. Die Charaktere sind ebenfalls alltägliche Menschen ohne große Besonderheiten.

Wenige Charaktere: Meist gibt es nur ein bis zwei Hauptfiguren und wenige Nebenfiguren.

Eine Perspektive: Die Geschichte wird in der Regel aus einer Perspektive erzählt. Häufig handelt es sich dabei um einen Ich-Erzähler.

Umfasst kurze Zeitspanne: Die Geschehnisse in einer Kurzgeschichte umfassen meist nur Minuten oder Stunden. Es ist selten, dass in Kurzgeschichten längere Zeiträume wie Monate oder gar Jahre behandelt werden.

Einsträngige Handlung: Aufgrund der Kürze hat die Kurzgeschichte in der Regel nur einen Handlungsstrang. Im Fokus der Geschichte steht ein zentraler Konflikt.

Wenige Orte: Meist spielt die Geschichte an einem oder wenigen Handlungsorten.

Alltägliche Sprache: Bei Kurzgeschichten wird in der Regel eine einfache Sprache gewählt, oft auch Umgangssprache oder gar Dialekt. Viele Autoren bedienen sich einer gewissen Lakonie, sie drücken sich also kurz und treffend aus.

Offener Schluss: Viele Kurzgeschichten sind nicht in sich abgeschlossen. Sie lassen den Schluss bewusst weg, um den Leser zum Nachdenken anzuregen. Es gibt aber auch Kurzgeschichten, die eine Auflösung beinhalten.


Warum es sich lohnt, Kurzgeschichten zu schreiben

Viele Autoren unterschätzen die Kurzgeschichte und tun sie als etwas für Anfänger ab. Dabei ist es gar nicht so einfach, eine richtig gute Kurzgeschichte zu schreiben. Während man bei Romanen alles etwas mehr ausschmücken kann, lebt die Kurzgeschichte davon, dass man die Geschichte auf den Punkt bringt. Jeder Satz muss perfekt sitzen und für die Handlung von Bedeutung sein. Gar nicht so einfach, vor allem, wenn man ein Autor ist, der gerne einmal etwas weiter ausholt. Dabei ist das Schreiben von Kurzgeschichten eine perfekte Übung, um seinen Schreibstil zu verbessern.

Vor allem für Autoren, die Schwierigkeiten haben, längere Texte zu Ende zu schreiben, bietet die Kurzgeschichte eine Möglichkeit, zu zeigen, was sie können. Eine Kurzgeschichte kann man innerhalb weniger Stunden runterschreiben. Oft kann man dazu Ideen verwenden, die man sich vor einiger Zeit im Notizbuch notiert hat, aber die nicht ausführlich genug für einen Roman waren. Solche Ideen kennst du sicher auch – und es wäre doch schade, wenn sie im Notizbuch verrotten würden.

Kurzgeschichten bieten sich auch super an, um neue Genres auszuprobieren. Wenn du bisher nur Liebesgeschichten geschrieben hast, wie wär’s, wenn du dann mal eine Gruselgeschichte versuchst? Vielleicht entdeckst du auf diese Weise noch Stärken, die dir bisher gar nicht bewusst waren. Auch für Leute, die „ihr Genre“ bisher noch nicht gefunden haben, ist dies eine wunderbare Möglichkeit zu experimentieren.

Hinzu kommt, dass du deine Kurzgeschichten auch veröffentlichen kannst, zum Beispiel auf deinem eigenen Blog, Wortkrieger.de oder Wattpad. Dies ermöglicht dir erstens, dass du den Menschen dort draußen zeigen kannst, was du so schreibst, ihnen also quasi eine Kostprobe von deiner Schreibe geben kannst. Zweitens hast du so die Möglichkeit, relativ schnell Feedback zu bekommen – und zwar von Leuten, die es ehrlich mit dir meinen und die nicht grundsätzlich alles toll finden, was du schreibst. Das ist nämlich oft der Fall, wenn man Freunde oder Familie seine Werke bewerten lässt. Konstruktive Kritik bekommt man meist nur von Fremden. Vor allem Wortkrieger.de ist dafür bekannt, dass man ehrliches Feedback erhält. Auch wenn das vielleicht nicht immer so ausfällt, wie man es gerne hätte.

Natürlich kannst du deine Kurzgeschichten auch als Mini-E-Books oder als Kurzgeschichtensammlungen für Geld anbieten. Dafür gäbe es zum Beispiel Amazon. Du könntest somit erste Erfahrungen mit dem Selfpublishing machen, bevor du einen Roman herausbringst.

Last, but not least eignen sich Kurzgeschichten natürlich auch hervorragend dafür, bei Wettbewerben mitzumachen. Zwar gibt es Wettbewerbe, die ein bestimmtes Thema vorgeben, aber es gibt auch immer wieder welche, die nur ein Genre bestimmen – was sich perfekt eignet, um Geschichten zu veröffentlichen, die man vor längerer Zeit geschrieben hat. Je größer deine Sammlung an Kurzgeschichten ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass du passende Ausschreibungen für deine Geschichten findest. Dem Sieger eines solchen Wettbewerbs winken meist tolle Gewinne, wie z. B. Geldpreise oder eine Veröffentlichung in einer Anthologie, was bedeuten würde, dass du eine Verlagsveröffentlichung vorweisen kannst.

Du siehst, es ist allemal nützlich, Kurzgeschichten zu schreiben. Vielleicht möchtest du es ja selbst einmal versuchen. Ich wünsche dir dafür viel Spaß und Inspiration!

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Zum Weiterlesen:



Mimi bloggt auf www.myna-kaltschnee.com über Bücher und das Schreiben. Ihre Geschichten sind in den Genres Horror, Fantasy und Science Fiction zu Hause.


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