Samstag, 14. November 2015

Über die phantastischen Wesen - Von den Menschen

Oft wird in den Geistes-und Naturwissenschaften die Frage gestellt: »Was ist der Mensch?« In diesem Artikel wird dieser Frage aus schreibkreativer Sicht, natürlich besonders für den Fantasybereich, nachgegangen werden.




In vielen Fantasysystemen werden Menschen als Allrounder gesehen: Sie können alles, aber nichts so richtig, und vermehren sich wie die Karnickel. Ihre unspezifizierte Anpassungsfähigkeit und ihr Vermehrungswille stellen eine Bedrohung für die alten und klassischen Völker wie Elfen und Zwerge dar, die auf eine Umgebung spezialisiert sind und es im Bett etwas ruhiger angehen lassen. Interessanterweise entdecken viele Fantasyautoren gerade an diesem Punkt diese Grundregel der Evolution für sich: Es überleben diejenigen, die sich am besten fortpflanzen. Mit dieser Regel lässt sich die machtpolitische Dominanz einer menschlichen Rasse durchaus glaubhaft verkaufen.

Genauso interessant ist es, dass es den Autoren bei Menschen auch gelingt, vielschichtige Gesellschaften und Einzelcharaktere zu entwickeln, während es für Zwerge und Elfen immerhin zwei bis drei Prototypen gibt und die bösen Völker wie die Orks und Trolle gesichtsloses Kanonenfutter sind.

Die oben genannten Aspekte ermöglichen es, dass Menschen jede Rolle in eurer Geschichte einnehmen können. Also sind Menschen eigentlich super Charaktere, oder nicht? Theoretisch sicherlich, aber es gibt einen guten Grund, warum es selten ausschließlich Menschen in Fantasywelten gibt: weil wir eben Menschen sind und das Andere in solchen Geschichten suchen.

Hier kommt meine ketzerische Forderung: Menschen müssen in Fantasywelten kulturell unmenschlicher werden! Um verschiedene Arten von menschlichen Kulturen und Gesellschaften zu erschaffen, scheinen viele Fantasyautoren nur in die Geschichtsbücher zu schauen. Um ein eigenständiges, vollkommen neuartiges Menschenvolk zu erschaffen, muss man nur einmal sehr genau in den Spiegel und die Nachrichten schauen. Fangen wir bei den körperlichen Nach- und Vorteilen an. Wenn man uns mit der Tierwelt vergleicht, sind wir tatsächlich Allrounder, aber wir sind zum Beispiel körperlich wesentlich schwächer als andere Primaten. Außerdem kommen wir sehr schlecht im Dunkeln zurecht. Bezieht man die Fantasy ein, ist die menschliche Alterssterblichkeit ein großer Nachteil, da man in einer kürzeren Lebensspanne nicht so sehr eine Fertigkeit herausbilden kann wie ein Elf oder Zwerg zum Beispiel. Was läge also näher als eine Gesellschaft, die die Dunkelheit bekämpft (im wahrsten Sinne des Wortes), bekämpfen will oder einen Jugendkult betreibt?

Was sind unsere herausragenden Charaktereigenschaften? Guckt man in die Geschichte und die Zeitungen, ist wohl eindeutig, dass es den meisten Menschen um ihr persönliches Wohl geht. Wir sind von Grund auf Individualisten. Außerdem rühmen wir uns, die besten Mörder zu sein. Daraus kann man jetzt relativ prototypisch ein »Menschenimperium« machen - oder ein Volk von Einzelgängern und Individualisten. Einsame Jäger und Söldner, die von allen anderen Völkern verachtet werden, außer natürlich, wenn es hart auf hart kommt.

Zurecht wird sicherlich meine Individualisten-Bemerkung von oben einigen sauer aufgestoßen sein. Es gibt ein Bedürfnis nach Gemeinschaft, aber auch in der wollen wir individuell sein, es sei denn, dass einzelne führende Individuen versuchen, uns gleichzuschalten. Auch das kann man für eine Fantasywelt überspitzen: Man stelle sich eine menschliche Kultur vor, in der Kinder schon früh hirngewaschen werden, damit sie ihre Einzigartigkeit dem Willen des Kollektivs unterordnen. Das Herrschaftssystem würde dann auf einem Selbstläufer nach der Chaostheorie funktionieren: Das System existiert, um das System zu erhalten und/oder stärker zu machen.

Das Konzept eines vielseitigen Allroundervolkes finde ich in Form von Menschen für Fantasywelten sehr reizvoll, aber ich denke, dass man sich hier auch als Autor ein wenig Mühe geben sollte, als entwickelte Kulturen aus Geschichtsbüchern abzuschreiben.

Aufgabe: Entwickelt eine einzigartige Menschenkultur für eine Fantasywelt.

3 Kommentare:

  1. Etwas Ähnliches versuche ich gerade für eines meiner nächsten Fantasy-Projekte - nur, dass ich eine ganz neue Rasse entwickeln möchte. Aber ich merke deutlich, wie ich immer wieder in bekannte Muster zurück falle. Dann habe ich eine tolle Idee und merke, dass ich gerade einen Dämonen entwickel. Die nächste tolle Idee und plötzlich habe ich einen Vampir vor mir.

    Das gänzlich neue Entwickeln einer gänzlich neuen Rasse (oder Kultur) finde ich äußerst schwierig und bisher ist es mir nicht gelungen. Aber ich versuche es weiter ;)

    Liebe Grüße

    Jill

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    1. Ja, das ist auch nicht ganz einfach. Ich werde nächsten Monat als Abschluss der Reihe einen Baukasten entwerfen, wie man das eben machen könnte. Ansonsten kann ich dir nur raten, nicht das Rad neu erfinden zu wollen, sondern einzelne Aspekte einer bisherigen Rasse oder Kultur herauszuheben, zu überspitzen oder einfach komplett neu zu kombinieren. Als Recherchetipp habe ich noch das Weltenbastlerforum, wo ich auch den Großteil meiner Weisheiten her habe. Die Leute sind da echt richtig krass und cool drauf, aber vieles braucht man als Autor nicht unbedingt: http://www.weltenbastler.net/forum3/index.php?page=Index&s=e3c37dd46e3debcacc2b8cb4ab2a1aed883b3b7a

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