Mittwoch, 22. Juni 2016

Architektur in einer anderen Welt

Eine Reise in eine andere Welt stellt für den Autor unendlich viele Möglichkeiten dar, seiner Phantasie freien Lauf zu lassen, den Leser zu verzaubern und zu überraschen. Neue Orte werden mit Worten erschaffen und liebevoll gestaltet. Gemeinsam können Autor und Leser auf Entdeckungsreise gehen. Ein guter Grund, meine Artikelreihe über die kunsthistorische Reise zu unterbrechen und einen Blick in die Architektur und Kunstwerke anderer Welten zu werfen.

Da es sich zumeist um phantastische Welten und Szenerien handelt, gibt es im Prinzip keine Grenzen für euch als Autor und ihr könnt euch austoben. Jedoch solltet ihr darauf achten, die Kunstgeschichte passend zur Szenerie oder zum Volkes zu gestalten, denn kein sabbernder Ork mochte in einer kleinen Feenwohnung wohnen, die sich in einem Fliegenpilz befindet. Das Gebäude und die Kunstgegenstände müssen schon zum jeweiligen Bereich passen. Trotzdem könnt (und sollt ihr auch) neue Gebäude entwerfen, bestehende überformen oder einfach Bestandteile unserer Architektur verwenden.
Im Folgenden werde ich mit euch in diverse Welten eintauchen und erörtern, was typisch für diese Themenbereiche ist und euch ein paar Inspirationen mit auf den Weg geben.





In der Anderswelt bei den Elfen, Feen und Kobolden

Ein Weidendom: Weidenäste formen das Gewölbe eines gotischen Domes und passen ganz wunderbar in eine leuchtende, filigrane Elfenstadt. Ansonsten passen Elemente aus Gotik und Barock ganz gut zu dem anmutigen Volk. Dementsprechend könnte die Bebauung aus schlanken und reichverzierten Bauten mit großen Fenstern bestehen.

Auch wenn es sich nicht direkt um ein Gebäude handelt, so hat die Wohnung für einen kleinen Kobold im Baumstamm einen guten Platz. Die kleine rote Eingangstür direkt über den Wurzeln ist nur für aufmerksame Beobachter sichtbar.

Feen hausen sehr gerne in natürlichen Dingen. Wenn ihr eurer Fee also ein Heim in einer Blume oder in einem Fliegenpilz gebt, wird sie sicherlich glücklich. Natürlich könnt ihr auch einfache Holzhäuser verwenden und sie mit Gras, Blütenblättern und Steinen aufhübschen. Feine Stoffe sind hier ebenso zu finden, wie bei den Elfen.

In die Anderswelt passen aber ebenso gut Stein- oder Holzhäuser. Der Fachwerkstil aus dem Mittelalter steht einem Menschendorf in der Anderswelt sehr gut. In jedem Fall kann es einen romantischen Touch haben, friedlich und einladend sein.

Natürlich könnt ihr auch etwas ganz Abstraktes kreieren, wie zum Beispiel Häuser in Muschelform für ein Meeresvolk. In eurer Phantasie ist alles möglich.


Im Schattenland bei den dunklen und kriegerischen Gestalten

Ihr kennt sicher Draculas Schloss. Ebenso wie die Elfen können auch die Lebewesen der Dunkelheit ihre prunkvollen Bauten besitzen. Diese können auch filigran sein, sollten auf der anderen Seite aber eher bedrohlich wirken. Fiese Wasserspeier, scharfe Kanten und gedeckte Farben bieten sich dafür an. Am Eindrucksvollsten sind natürlich die Stile Gotik, Barock und Rokoko. Aber da es sich selten um reale Objekte handelt, könnt ihr die Stilformen auch mischen.

Wenn ich an Orks oder ähnliche Monster denke, dann würde ich sie nicht in einem Schloss hausen lassen. Diesem Volk steht eine düstere, karge Szenerie. Einfache Hütten und Zelte aus Fellen, Tierhäute, Knochen und Steinen können weiterhin mit Eroberungen und Schätzen wie Zähnen von Opfern, Waffen, Haaren und Bemalungen verziert werden.

Verfallene und verlassene Orte eignen sich gut als düstere Kulissen und bieten der dunklen Seite ein gutes Versteck. Auch in Höhlen finden sie Unterschlupf. Wichtig ist hierbei, dass der düstere und böse Eindruck rüberkommt.


©Anki von Zeitfänger

Sience Fiction und Zukunftsszenerien

Die meisten Menschen verbinden mit der Zukunft moderne, klare, zum Teil überformte Gebäude. Alles funktioniert auf Knopfdruck und die Technik nimmt den Menschen alles ab.

Hohe Wolkenkratzer aus Glas, in denen sich der blaue Himmel spiegelt, sind hier besser aufgehoben, als in einem Orkdorf. Ihr könnt euch natürlich auch neue Baustile ausdenken und Gebäude mit gänzlich neuen Funktionen.

Klare geometrische Formen bilden die Grundrisse, alles ist möglich, alles technisiert.

Wollt ihr eine hochmoderne Stadt erschaffen, so solltet ihr auf historische Bauweisen und Materialien verzichten. Diese wären dann nicht zeitgemäß und würden Rohstoffe nutzen, die eventuell in einigen Jahrzehnten nicht mehr existieren. Anders verhält es sich, wenn ihr ein solches Dorf als Widerstand gegen die moderne Welt einsetzt. (so wie das gallische Dorf bei Asterix sich gegen die Römer wehrt)

Der Lebensraum muss nicht unbedingt auf der Erde sein, dann können eure Gebäude auch rein gar nichts mehr mit denen der Erde zu tun haben. Eine Siedlung aus runden Gebäuden, wo eher unter der Oberfläche gehaust wird und die Kuppel nur als Strahlenschutz gilt, wäre ein möglicher Lebensraum.

Wenn es um den Lebensraum der Außerirdischen geht, kommt es wieder ganz auf die Alienart an, die ihr entwickelt. Die Wohnräume könnten aus einer Art Membran bestehen, die nicht fest und sehr durchlässig ist. Da es sich um eine völlig andere Kultur handelt, seid ihr ganz gut damit beraten, die Gebäude so zu überformen, dass keine menschlichen Bezüge mehr zu erkennen sind. Handelt es sich jedoch um eine Menschensiedlung auf einem anderen Planeten, dann sollte deren Herkunft schon erkennbar sein.

Einer der neuen Trends der Szeneliteratur ist der Steampunk. Die Maschinen und Klamotten sind euch sicher allen ein Begriff und ihr habt ein Bild vor dem geistigen Auge. Wie sehen aber nun die Häuser aus? Das ist eigentlich ganz einfach. Ihr könnt unsere Architektur nehmen (seien es einfache Wohnhäuser, Herrenhäuser oder Burgen) und sie mit diversen Dampfmaschinen, Zahnrädern und anderer Technik aufhübschen. Große Schornsteine sind ein Muss, damit der Dampf auch entweichen kann. Hier solltet ihr aber auf neumodische Sachen verzichten. Mit historischen Architekturstilen seid ihr hier auf einem guten Weg.


Leben oder Untergang: Utopien und Untergangsszenarien

Eine utopische Gesellschaft hat das beste aus ihrem Leben gemacht und eine entsprechende Zukunft für alles Leben auf der Erde geschaffen. Deshalb könnt ihr hier natürlich auch auf moderne Architekturstile, hell und kreativ gestaltet, zurückgreifen. Bei der Entwicklung könnt ihr euch folgende Fragen stellen: Was soll der Bau bezwecken? Welche Bedingungen herrschen, was muss beachtet und integriert werden? Es unterliegt den Möglichkeiten der Zeit, die ihr euch ausdenkt und demnach den Zielen der Gesellschaft.

Natur in Verbindung mit Architektur könnt ihr positiv oder negativ auslegen. Ihr müsst es nur eurer Geschichte anpassen. Zerstörte Gebäude mit Gräsern und Wurzeln bewachsen deuten auf eine Niederlage der Menschheit gegenüber der Natur hin, ebenso überschwemmte oder untergegangene Länder. Ein mit Moos und Farnen bewachsenes Brandenburger Tor, zwischen dessen Stützen ein Fluss fließt, gefällt mir persönlich ganz gut und kann sowohl positiv als auch negativ ausgelegt werden.

Naturgewalten, Vandalismus, Seuchen und Kriege sind Bestandteil einer Dystopie. Sie sollten immer einen Weg in eure Entwicklungen finden. Sie haben Einfluss auf die Entwicklung der Städte und der Gesellschaft und sollten auch in der Architektur zu finden sein. Eine alte U-Bahn-Strecke kann schnell zu einem Unterschlupf werden, mit alten Möbeln provisorisch bestückt und Parolen an den Mauern, die den Unmut der Menschen zum Ausdruck bringen, weil das Leben über der Oberfläche nicht mehr möglich ist. Eine andere Möglichkeit bietet eine Zivilisation, die unter Wasser in bereits untergegangenen Städten haust und wartet, bis ein Leben an Land wieder möglich ist. Auch hier könnt ihr eurer Phantasie freien Lauf lassen.



Ich habe euch nun zur jedem Themengebiet ein paar Beispiele genannt. Wollt ihr eine fremde Welt entwickeln, solltet ihr euch immer im Klaren sein, was für eine Gesellschaft ihr entwickeln wollt. Demnach ist die Architekturwahl immer mit dem gesamten Weltenbau gekoppelt. Ihr müsst alles aufeinander abstimmten, damit es auch für den Leser schlüssig wird. Ebenso verhält es sich mit der Kunst im allgemeinen. Jede Art und jede Zivilisation hat ihre Besonderheiten. Während Elfen und Feen feine Schmuckstücke, Stoffe und Blüten sammeln, sind Orks eher an Waffen, Blut und Gold interessiert. Ein Ork wird sich kaum ein Barockgemälde an die Wand hängen – Graf Dracula aber schon. In der Zukunft wird es kaum noch so etwas wie Ölgemälde geben, da Fotos und dergleichen viel schneller auf einen LED-Rahmen gebracht werden können. Ihr seht also, dass es ein paar Grundbedingungen gibt, ihr aber frei schalten und walten könnt. Viel Spaß beim Entwickeln eurer Welt.

Schreibaufgabe
Logik und Gefühl testen. Wählt einen Charakter aus, den ihr gut kennt und beschreibt sein Heim und seine natürliche Umgebung. Dann lasst ihr euren Charakter eine ganz andere Wohnung beziehen, die dem eigentlichen Lebensraum arg widerspricht. Legt beide Beschreibungen beiseite und nehmt sie nach ein paar Tagen wieder raus. Nun lest sie euch durch und teilt mir in den Kommentaren mit, was ihr empfindet. (Ihr könnt natürlich auch einen neuen Charakter erschaffen und ihn in ein unnatürlichen Umfeld stecken.)

Fasziniert von der Welt, mit zu vielen Hobbys im Gepäck, versucht Anki ihren Gedanken Ausdruck zu verleihen. Mit Worten, aber auch mit Foto und Design greift sie auch anderen gerne unter die Arme. Willkommen beim Zeitfänger !

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