Samstag, 15. August 2015

Über die phantastischen Wesen: Feen, Kobolde, Wichtel und anderer magischer Kleinkram


Heute will ich mich einer Art „Restekiste“ der phantastischen Literatur widmen. Natürlich können sich Feen, Kobolde, Wichtel, Irrlichter und sonstige magische Kleinwesen vom Erscheinungsbild und ihren Fähigkeiten in euren Welten stark unterscheiden, aber in Geschichten erfüllen sie alle dieselben narratologische Funktion: die des magischen Helfers. Selten laufen einem solche Geschöpfe als Protagonisten über den Weg, wobei sie sich meiner Meinung nach gar nicht so schlecht in dieser Funktion machen.


Fangen wir bei den Eigenschaften an, die diese Gruppe von Wesen ausmachen.

Natürlich haben sie alle magische Fähigkeiten, aber eben keine beliebigen wie beispielsweise Magier. In der Regel haben Feen, Kobolde und ihre Verwandten magische Talente, die nicht „unmittelbar“ tödlich sind und meistens nur auf sich selbst anwenden können. So können sie sich zum Beispiel unsichtbar machen, teleportieren und fliegen. Ab und zu sind sie auch in der Lage andere Wesen zu bezaubern, wie etwa sie unsichtbar zu machen oder zu heilen. Äußerst selten hat man Kobolde und Co. gesehen, die Feuerbälle schleudern oder ihre Teleportationsfähigkeit nutzen, um sich im Körper eines Feindes kurz zu manifestieren und dessen innere Organe zu beschädigen. Diese Wesen sind meistens von kleiner Gestalt, wobei mir dafür jetzt nicht zwingend ein logischer Grund einfällt. Warum also mal nicht einen Feenriesen benutzen?

Hier sind wir auch schon bei den charakterlichen Eigenschaften.

Selten sind solche Wesen wirklich aggressiv und wollen ernsthaft verletzen. Oft sind sie neutral, haben keine eigenen politischen oder gesellschaftlichen Ambitionen und helfen den Protagonisten oder Antagonisten für einen Gefallen, Bezahlung oder durch Drohungen und Zwang. Eine Ausnahme bilden hier oft die klassischen Feen, wie wir sie zum Beispiel aus dem Märchen kennen. Von den Wesenszügen her bieten sich dem Autor bei diesen magischen Kleinwesen vom albernen Irrlicht über die loyale Fee bis zum griesgrämigen Kobold alle Möglichkeiten.

Die charakterlichen Eigenschaften Gewalt- und Ambitionslosigkeit lassen sich auf weltenbastlerischer Ebene durch sogenanntes „Balancing“ erklären. Hätte man kleine Wesen, die tödliche Fähigkeiten besäßen, überall und jederzeit auftauchen könnten, und noch politische Ambitionen hätten, würde diese Welt ziemlich schnell von diesen Wesen beherrscht werden. Nach meinem Dafürhalten bietet sich hier schon eine Idee für eine coole Welt, die von konkurrierenden Kobolden, Feen u.Ä. beherrscht wird und unzählige Möglichkeiten für interessante, neuartige Geschichten bildet. 

 
Aber gehen wir davon wieder ein Stück weg. Sicherlich ist „Balancing“ wichtig, wenn man eben nicht eine wie oben beschriebene Welt haben möchte, aber ich bin kein Fan davon, diese „Ausgeglichenheit“ durch Selbstbeschränkung zu erklären, nach dem Motto: „Das machen die eben nicht!“ Wobei ich hier noch am ehesten ein Auge zudrücken kann, weil es eben magische, quasi übernatürliche Wesen sind, für die andere Naturgesetze und Maßstäbe gelten. Dennoch finde ich es eleganter, wenn es äußere Gründe für solche Beschränkungen gibt. Man könnte beispielsweise sagen, dass solche Wesen sich nicht durch Metall und Stein teleportieren können, oder man limitiert die Dauer und Frequenz des Einsatzes ihrer magischen Fähigkeiten. 

 
Letztendlich können euch solche Wesen auch handfeste Logikprobleme in eure Geschichte bringen. Warum sollten sich die Helden mühsam und beschwerlich einen Weg in die Festung suchen, wenn der magische Begleiter einfach kurz verschwinden und nach wenigen Sekunden mit dem Schlüssel wieder da sein kann? Als Faustregel schlage ich vor: „Je mächtiger bzw. uneingeschränkter der magische Begleiter ist, desto irrationaler muss sein ganzes Wesen sein.“ Einige Autoren lösen auch dieses Problem, indem sie den magischen Begleiter irgendwann zu einem Verräter machen. Das ist durchaus legitim, erfordert aber Fingerspitzengefühl, damit der Leser dann wirklich davon überrascht wird.

 

Nächster Punkt: Wie setze ich das magische Kleinvieh ein? 

 

Die offensichtlichste und am häufigsten benutzte Variante ist mit Sicherheit der magische Begleiter. In dieser Funktion unterhält der kleine Wicht Autor, Leser und Charaktere. Irgendwann kommt dann die Szene, wo der magische Begleiter den Protagonisten und/oder die ganze Heldengruppe aus einer ausweglosen Situation rettet.

Es ist auch möglich so ein Wesen als Protagonisten zu verwenden. Hier hat man zwar auf der einen Seite durch die Andersartigkeit viele Freiheiten den Charakter zu gestalten, muss sich aber auch Gedanken machen, ob der Prota dann zum Beispiel in der Lage ist, Konzepte wie Liebe zu verstehen – und dann natürlich auch die Konsequenzen daraus ziehen. Ich kann mir vorstellen, dass Leser es einem durchaus übel nehmen können, wenn man ihnen einfach einen geschrumpften Menschen vorsetzt, der sich teleportieren kann.

Besonders interessant finde ich jedoch die Variante, so ein Wesen als Antagonisten oder dessen Helfer einzusetzen. Irgendein Kobold hat Gefallen an politischer Macht und Reichtum gefunden und will jetzt diese an sich reißen; vielleicht hat er einfach nur Spaß am Klauen und er wird zum Gegenspieler in einem Fantasykrimi? Oder eine Fee wurde durch ein magisches Experiment korrumpiert und will alles und jeden vernichten, beschwört nun Horden von unsichtbaren Zombies usw.

Wie bei jeder Folge dieser Reihe kann ich auch hier nur wieder sagen: „Macht euch Gedanken über die innere Logik eurer Welt, wofür ihr einen Charakter dieser Art benutzen wollt und ob es zu dessen Wesen passt.“


Aufgabe: Schreibt eine Geschichte mit einem Kobold, Fee oder Irrlicht als Serienmörder!

Frage: Habt ihr Wünsche, was für Wesen ich noch in dieser Reihe besprechen soll?

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