Und wieder ist es Zeit für unsere Masterclass. Ab dieser Podcastfolge der Writing Excuses geht es um die Struktur eurer Geschichte. Wie entsteht eine Story eigentlich? Worin gründen die Emotionen und wie wirken sie? Auf welche Fragen könnt ihr euch stützen, wenn ihr eurer Geschichte einen angemessenen Rahmen verpasst. Dieses Mal gibt es Fragen über Fragen, also haltet einen Stift und Notizpapier bereit.
Bevor ihr euch ins Schreibgewühl stürzt, solltet ihr euch ein paar Gedanken um das Genre und den Ton in eurer Geschichte machen. Es geht im Grunde erst einmal darum, sich zu überlegen, welchem Genre ihr eure Story zuordnen könnt, was ihr mit ihr ausdrücken wollt und was eure Leser von ihr erwarten. Dabei ist der Ton in eurer Geschichte wichtiger als das Genre. Ihr müsst euch das wie folgt vorstellen: Unterschiedlichste Arten von Storys können unter dem Genre Fantasy zusammengefasst werden. Ihr könnt in der Fantasy eine Romanze schreiben, aber auch ein Buch über sich bekriegende Völker. Ton, Wortwahl und Ausdruck sollten sich dabei unterscheiden – bei der Romanze weicher und heiterer sein, sowie im Kampf eher kräftiger und tragender. Ihr könnt dies auch anhand von Fragen brainstormen: Was ist eure Intention? Was wollt ihr mit dem Buch ausdrücken und damit erreichen? Welche Reaktionen wollt ihr im Leser erwecken? Habt ihr zu diesen Fragen eure Antworten gefunden, könnt ihr anhand derer schauen, wie ihr nun das Tempo aufbauen solltet, wie lang eure Geschichte sich ziehen wird.
Unsere Podcast-Autoren geben uns noch weitere Fragen mit auf dem Weg. Wenn ihr nicht mehr weiter wisst und in eurer Planung hängt, dann stellt euch folgende Frage und versucht, eine Antwort darauf zu finden: Welche Antworten bringen die Leser dazu, die Seiten umzublättern, um sie zu entdecken? Das bedeutet für euch, dass ihr euch Gedanken machen solltet, über die Fragen, die in den Köpfen der Leser auftauchen könnten. Achtet aber darauf, immer wieder neue Fragen und Geheimnisse einzubauen, die den Leser dazu antreiben weiterzulesen.
Autorin Mary Robinette Kowal legt uns „the MICE“ ans Herz. Nein, dabei geht es nicht um Mäuse.
M.I.C.E. steht steht für Milieu, Idee, Charakter und Event und kann eine Möglichkeit für euch sein herauszufinden, welche Art von Story ihr erzählen wollt und welche Elemente ihr dafür braucht. (Zum Thema MICE gibt es einen extra Podcast. Schaut ihn euch doch hier mal an.)
Auch hier geht es um Fragen, die euch einen guten Start in eure Geschichte ermöglichen. Dabei unterscheiden sich die Fragen, je nachdem welche Art von Story ihr im Auge habt. Geht es um einen Charakter oder um ein Event? Eine „event story“ beginnt immer mit Etwas, das schief geht, sodass etwas den Status Quo zerreißt und eure Charaktere im Laufe der Geschichte diesen Status Quo wiederherstellen müssen. Also muss die Frage lauten: Wie kann ich den Status Quo wiederherstellen?
Das ist die Frage, die ihr euch stellt. Eure Leser werden sich andere stellen. Diese Fragen bringen sie dazu im nächsten Kapitel weiterzulesen. Werden diese beiden Personen zusammenfinden? Werden sie irgendwann Freunde werden? Was war hinter der Tür versteckt? Wie reagiert der Protagonist auf das, was sich hinter der geheimen Tür befindet? … Die Liste ist beliebig erweiterbar und auf eure Story abzustimmen. Versucht, solche Fragen immer im Hinterkopf zu haben, wenn es zum nächsten Kapitel übergeht. Es ist wichtig die geheimnisvolle Tür zu öffnen und zu sehen, was sich großartiges oder fürchterliches dahinter verbirgt. Damit könnt ihr euer Kapitel getrost beenden. Zu beschrieben, was sich hinter der Tür verbirgt, wird euch nur wenige Sätze kosten, jedoch kann die Reaktion darauf, den weiteren Verlauf der Geschichte bestimmen. Natürlich wäre auch ein Cliffhanger möglich, bevor die Tür geöffnet wird. Jedoch ist die Antwort, was hinter der Tür ist, nicht so befriedigend für den Leser, als die Antwort auf die Frage, was dieses Etwas mit dem Protagonisten macht oder welche Auswirkungen es hat. Achtet bei euren Fragen darauf, dass sie nicht zu platt werden. Ihr könnt euch ganz einfach selbst fragen. Was findet ihr spannender? Euer Charakter öffnet die Tür und im nächsten Kapitel erfahrt ihr, dass dort die verloren geglaubte Liebe des Protagonisten steht. Hier liegt das Hauptaugenmerk sehr stark auf die Enthüllung der Person. Was ist aber, wenn wir diese Enthüllung verschieben? Weiß der Leser bereits vor dem Kapitelende, wer da hinter der Tür steht, kommen einfach mehr Fragen auf, die er beantwortet haben möchte. Wie reagiert der Protagonist darauf? Wie überwindet er das Gefühlschaos? Werden die beiden je wieder zueinanderfinden? Ihr seht also, dass bei der zweiten Variante nicht nur mehr Fragen aufkommen, sie sind auch wichtiger und benötigen mehr als nur einen Satz oder ein Kapitel für eine Lösung.
All diese Fragen sind sehr nützlich. Am besten ihr macht euch eine Liste, denn nun kommt noch eine weitere wichtige Frage hinzu. Mary beschreibt sie wie folgt: Was wird/muss passieren, aufgrund der Dinge, die bisher passiert sind? Wenn etwas passiert, hat das Auswirkungen, ganz gleich ob im Anschluss oder im späteren Verlauf der Geschichte. Trotzdem verfolgt euer Plot eine primäre Frage, die im Laufe der Geschichte beantwortet werden oder ein Problem, was gelöst werden muss. Dabei besteht die Gefahr für unerfahrene Autoren, dass die anderen Konflikte in ihrer Geschichte zu schwer gewichtet werden. Das bedeutet, dass sie von der primären Frage ablenken oder diese erdrücken.
Was hat das nun alles mit dem Planen und Entwerfen eurer Story zu tun?
Ganz einfach. Bevor ihr anfangt eine Story zu entwerfen und sie zu strukturieren, muss euch klar sein, woher sie kommt. Wenn ihr euch eure Charaktere oder Begebenheiten anschaut, dann bedenkt, dass es immer ein „vor der Geschichte“ gibt und Dinge passieren, nachdem eure eigentliche Story beendet ist. So entsteht ein Umriss der Story, die ihr erzählen wollt, zu dessen Ende ihr hinarbeitet. Wo soll der Leser letztendlich ankommen?Auch wenn ihr nicht zu den Autoren gehört, die gerne ihre Geschichte komplett planen, solltet ihr euch trotzdem ein paar Gedanken über die wichtigsten Elemente machen. Autor Dan Wells gibt ein Beispiel aus dem Mystery Genre mit auf dem Weg. Woher kommt das Monster? Wann und wo werden die Opfer des Monsters gefunden? Welchen Menschen muss euer Protagonist begegnen, um eine Lösung für das Problem zu finden? Wann trifft er sie?
Es ist sehr hilfreich, all diese Elemente in eine richtige Reihenfolge zu setzen, um auch Hinweise an der richtigen Stelle enthüllen zu können. Dann könnt ihr auch beruhigt darauf los schreiben und habt aber Anhaltspunkte, die ihr erreichen sollt, die der Story einen roten Faden geben.
Probiert es doch einfach mal aus.
Im Anschluss der Schreibaufgabe habe ich einen Fragenkatalog zusammengestellt, die euch beim Umreißen eurer Story helfen können. Viel Spaß damit.
Schreibaufgabe:
Sucht euch eine eurer Lieblingsgeschichten heraus. Es muss kein Buch sein. Fernsehserien oder Kurzgeschichten sind ebenso geeignet. Eure Aufgabe ist nun die unterschiedlichen Plotfäden zu finden und zu schauen, wer alles darin verwickelt ist. Erschafft einen Umriss der Geschichte. Am einfachsten gelingt das mit Märchen. Sie haben alle eine klare Struktur. Wenn es euch also schwer fällt, dann versucht es doch einfach mal mit einem von Grimm's Märchen.Schaut euch die Szenen an. Was tut jede Szene? Was geben sie euch für Versprechungen oder Hinweise?
Schaut euch wirklich jeden Plot-Strang an. Achtet nicht nur auf einen. Eine Geschichte ist wie ein Gewebe. Alles was passiert, verwickelt sich irgendwann zu etwas Großem. Findet heraus, was die zweitrangigen Plots sind, die eine Story stützen. Auch hier achtet auf Versprechungen und Hinweise.
Natürlich dürfen die Konflikte nicht fehlen. Sucht sie heraus.
Um euch bei eurer Story und der Schreibaufgabe ein wenig unter die Arme zu greifen, habe ich die wichtigsten Fragen noch einmal zusammengefasst.
Bis zum nächsten Mal.
Und wie sagt unsere Podcast-Crew immer „Now go write“.
Eure Anki
Fragenkatalog:
- Welchem Genre ist meine Story zugeordnet?
- Was will ich mit ihr ausdrücken?
- Was erwarten meine Leser von ihr?
- Was ist meine Intention?
- Was will ich mit meinem Buch ausdrücken und damit erreichen?
- Welche Reaktionen will ich im Leser erwecken?
- Welche Antworten bringen die Leser dazu die Seiten umzublättern, um sie zu entdecken?
- Wie sieht mein Hauptkonflikt aus?
- Was für Motivationen hat meine Hauptfigur?
- Was läuft in meiner Story aus dem Ruder?
- Wie kann ich den Status Quo wiederherstellen?
- Welche Fragen könnten sich meine Leser stellen? (Werden diese beiden Personen zusammenfinden? Werden sie irgendwann Freunde werden? Was ist hinter der Tür versteckt?
- Wie reagiert der Protagonist auf das, was sich hinter der geheimen Tür befindet?)
Wie reagiert der Protagonist auf a) enthüllte Geheimnisse, b) auf unerwartete Begegnungen oder c) auf Fehlschläge? - Wie geht der Protagonist mit Gefühlschaos um?
- Was wird/muss passieren, aufgrund der Dinge die bisher passiert sind?
- Welchen Menschen muss mein Protagonist begegnen, um eine Lösung für das Problem zu finden?
- Wann trifft er sie?
- Gibt es Nebenplots, die der Auflösung von Problemen dienen?
- Wie sieht die Lösung des Konfliktes aus?
- Was tut jede Szene dafür?
- Welche Hinweise und Versprechungen geben sie?
- Wann muss ich sie platzieren?
- Wo soll der Leser letztendlich ankommen?
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Zum Weiterlesen:
- Writing Excuses – Master Class #08: Q & A Charaktere
- Writing Excuses – Master Class #07: Wer sind denn eigentlich all diese Leute?
- Writing Excuses - Master Class #06: Die Welt wird um mich herum erschaffen (die Magischen 1 %)
Fasziniert von der Welt, mit zu vielen Hobbys im Gepäck, versucht Anki ihren Gedanken Ausdruck zu verleihen. Mit Worten, aber auch mit Foto und Design greift sie auch anderen gerne unter die Arme. Willkommen beim Zeitfänger!
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