Kurzgeschichten oder auch Anthologien gibt es überall auf der Welt, zu allen möglichen und unmöglichen Themengebieten. Sie sind mal kürzer und mal länger. Und ich wage jetzt einfach mal zu behaupten, dass sie immer eine gute Wahl zum Lesen sind. Denn schließlich vermitteln sie ihren Inhalt in viel kompakterer Form als es andere Geschichten zu tun pflegen. Kurzgeschichten helfen um zum Beispiel etwas über die Eindrücke der Menschen in Bezug auf die Geschichte ihres oder eines anderen Landes zu bekommen, denn sie geben dem Leser die Möglichkeit, schnell die Wahrnehmung dieser Zeit und der Kultur aufzusaugen.
Dies gilt auch für Kurzgeschichten aus
Indonesien Ein vielfältiges Land mit zahlreichen verschiedenen
Kulturen, die von einer langen Kolonialzeit geprägt sind. Bereits
1600 kamen zunächst die portugiesischen später auch die
niederländischen Kolonialisten und haben ab 1800 (mit einer kurzen
Unterbrechung von 1811-1816) 145 Jahre lang als Handelskolonie auf
Indonesien regiert. Diese Zeit war vom Sklavenhandel sowie der
Ausbeutung und Unterdrückung der indigenen Bevölkerung geprägt.
Doch inspiriert durch diese Episode in der Geschichte des weltgrößten
Inselstaates, entstanden viele Anthologien, die teilweise eine
romantisierte Sichtweise von dem widerspiegeln, was sich zwischen der
niederländischen Herrschaft im damaligen Batavia und ihrer
Untergebenen abgespielt hat.
Ein sehr gutes Beispiel ist dafür die
Kurzgeschichte De arme Rosetta (also die arme Rosetta) von
Wilhelm Leonard Ritter, der nicht unbedingt für seine guten
Schreibkünste bekannt geworden ist. Nachdem er seinen Beruf als
Chirurg dritter Klasse aufgegeben hatte, widmete er sich komplett
seinem Autorenleben und schrieb diverse Beiträge für das Borneo's
Nieuwsblad.
Seit 1838 verfasste er immer neue literarische Veröffentlichungen
und entwickelte damit eine gewisse Berühmtheit. Seine Erzählungen
waren sehr romantisiert und handelten von den Einwohnern, der
Geschichte und den verschiedenen Bevölkerungstypen
Niederländisch-Indiens. Obwohl seine Texte bei seinen Kollegen nicht
beliebt sind, traf es in Indonesien und Malaysia auf großen Zuspruch
und wurde im Nachhinein sogar dreimal mehr oder weniger
abgeschrieben. Mehr oder weniger, weil es zum einen im Malaiischen
verfasst wurde (hier heißt es dann Tjerita
Rossina,
also die Geschichte von Rossina) und zum anderen das Ende komplett
anders als im Originalwerk ist. In diesem besonderen Fall ist es
natürlich interessant beide Texte zu vergleichen. Dabei kommt
heraus, dass sie sich in der Ansicht der Kultur auf Indonesien
voneinander unterscheiden. Während Ritter mit seinen
„niederländischen Kolonialisten Augen“ auf seine Geschichte
schaut und sie so schreibt, zeigt Pangemanann (einer der drei
Übersetzter), stellvertretend für die indigene Bevölkerung die
Sichtweise auf das Geschriebene.
Und
jetzt seid ihr gefragt! Stellt euch vor ihr würdet eure
Kurzgeschichte für eure Urururenkel schreiben, die erfahren sollen,
wie unser Leben im Jahr 2015 aussah. In 100 Jahren sind die Menschen
sicherlich daran interessiert, wie es heutzutage so ist hier zu
leben. Und das nicht nur in wissenschaftlicher Sicht, sondern auch
welches Gefühl man hat und welche Eindrücke man wiedergeben kann.
Wie ist das Verhältnis zwischen Mann und Frau oder generell in einer
Familie? Welche Möglichkeiten gibt es und was sind jetzt gerade
unsere Träume? Eine Welt ohne Krieg, Hunger, Leid, Missbrauch? Oder
was würdet ihr in eurer Kurzgeschichte für die Zukunft verarbeiten?
Versucht eure eigene Sichtweise auf die Kultur, in der ihr lebt zu
beschreiben.
Das
Werk von Ritter, auf das ich mich beziehe, gibt es im Original leider
nur auf Niederländisch (mit alter Schreibweise) und die Geschichte
von Pangemanann bisher nur auf Malaiisch.
Falls
ihr Interesse an dem Thema „Kolonialherrschaft der Niederländer in
Indonesien“ mit Fokus auf die Sprachenpolitik habt, hilft dieses
Buch sicherlich weiter:
Kees
Groeneboer: Gateway to the West. The Dutch language in colonial
Indonesia 1600-1950. a history of language policy. Amsterdam:
Amsterdam University Press 1998.
(Für
alle Niederländischsprecher unter euch: Es gibt das Buch auch in
Originalsprache mit dem Titel: Weg
tot het westen. Het Nederlands voor Indië
1600-1950. Een taalpolitieke geschidenis.
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Gastautorin Rebecca
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