Kling super? Ist es auch! Allerdings möchte ich nicht verschweigen, dass ich in der Vergangenheit mit einer anderen Autorengruppe gegenteilige Erfahrungen machen durfte. Immer wieder Forderungen, Vorwürfe und Missverständnisse, die mich emotional ziemlich belasteten. Es war, als würde mir die Gruppe alle Kraft und Energie aussaugen, von ‚gemeinsam stärker‘ konnte keine Rede sein.
Und ich bin kein Einzelfall. Wenn es um Kollektive oder Autorengemeinschaften geht, gibt es ganz klar zwei Meinungen: Es gibt diejenigen, die finden, dass man gerade auf dem heutigen, stark umkämpften Buchmarkt nur gemeinsam bestehen kann, während andere sich lieber als Einzelkämpfer sehen. Letzteren möchte ich voller Überzeugung sagen: überlegt es euch nochmal. Meiner Meinung nach kann jeder Autor von einer Gruppe profitieren; wichtig ist lediglich, dass man die richtige für sich findet und sich vorher einige grundsätzliche Gedanken macht. Und darum soll es in diesem Artikel gehen.
Doch bevor ich anfange, noch kurz einige klärende Worte zur Definition: Im Folgenden soll es um Autorengruppen im Sinne von Kollektiven oder Verbänden gehen, also um Gruppen, die nicht nur zum Austausch und zur gegenseitigen Motivation da sind, sondern sich auch gemeinsam präsentieren und zusammen Marketing betreiben. Also keine reinen Foren oder Online-Schreibgruppen (wie z.B. die Schreibnacht), sondern Vereinigungen wie das Nornnennetz, der Selfpublisher-Verband, Qindie, PAN oder das Syndikat.
Wie man schon an dieser beispielhaften Aufzählung erkennt, gibt es unzählige Gruppen mit den verschiedensten Ausrichtungen und Schwerpunkten. Gerade wegen dieser großen Anzahl ist es nicht nur wichtig, sich im Vorfeld genau zu informieren, sondern geradezu entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Die meisten Netzwerke bieten aus diesem Grund eine Probezeit an, damit man überprüfen kann, ob Netzwerk und Neuling überhaupt zusammenpassen. Spätestens in dieser Probephase und am besten schon vor der Beitrittsanfrage sollte man seine eigene Position überdenken und für sich festhalten, was genau man von der Gruppe erwartet und was man im Gegenzug anbieten kann und möchte.
Die folgenden Fragen können bei der Entscheidung hilfreich sein:
Wo stehe ich?
Jeder von uns hat eine ganz unterschiedliche Ausgangssituation, die man zunächst realistisch einschätzen sollte. Bin ich ein Anfänger und benötige noch viel Hilfe, eventuell sogar ein Coaching, oder kann ich bereits auf solides Basiswissen über das Schreiben und mehrere Veröffentlichungen verweisen? Habe ich mein Genre bereits gefunden, bin ich noch auf der Suche oder möchte ich mich nicht festlegen?Diese Punkte sind wichtig, da manche Autorengruppen hier Aufnahmekriterien ansetzen, z.B. das Schreiben in einem bestimmten Genre, eine gewisse Anzahl Veröffentlichungen, Verlagsverträge oder eine größere Social Media Reichweite. Manche Gruppen richten sich explizit an Anfänger und bieten diesen sogar ein persönliches Mentorat, andere haben in diesem Bereich keine Angebote oder wollen sogar explizit nur fortgeschrittene Schreiber.
Was sind meine Ziele mit dem Schreiben und meinen Büchern?
Möchte ich in einem Verlag oder als Selfpublisher veröffentlichen? Ist es mir wichtig, Kontakt zu Verlagen und Agenturen zu bekommen oder möchte ich mich selbst bekannter machen? Sehe ich das Schreiben als netten Zeitvertreib, oder strebe ich eine Karriere als Autor an?Auch diese Fragen sind wichtig, denn je mehr der Fokus auf einer professionellen Schreibkarriere liegt, desto wichtiger wird, welcher Gruppe man sich anschließt. Ist die Gruppe bekannt und organisiert ihre Aktivitäten professionell, dann kann man von ihrem guten Ruf profitieren, muss aber dafür wahrscheinlich auch in Kauf nehmen, dass von einem selbst mehr verlangt wird und dass z.B. höhere Ausgaben für professionelle Cover und Lektorat/Korrektorat auf einen zukommen. Manche Kollektive führen auch ein ‚Qualitätssiegel‘, das jedes Mitglied auf sein Werk drucken darf und das für die Einhaltung gewisser Standards steht. Das ist natürlich gerade für Selfpublisher sehr interessant, bedingt aber auch, dass sie in der Lage sind, diese Standards einzuhalten.
Wie ist die Gruppe organisiert? Wie möchte ich mich einbringen? Passen diese Menschen zu mir?
Nachdem ich mir Gedanken zu meinem eigenen Ausgangspunkt und meinen Zielen gemacht habe, ist es wichtig, die gewählte Gruppe etwas genauer zu betrachten.Wie streng ist die Gruppe organisiert? Kann sich jeder einbringen und beruht die Gruppenstruktur auf Gleichheit, oder handelt es sich um eine Hierarchie, in der Entscheidungen von oben oder von wenigen getroffen werden? Letzteres muss dabei nicht unbedingt die schlechtere Variante sein, denn meist werden so schneller und strukturierter Entscheide gefällt, während in egalitären Gruppen endlos diskutiert wird, was schnell mal zu Frust führen kann. Es ist eher wichtig einzuschätzen, welcher Typ man selbst ist und ob man viel oder wenig Struktur bevorzugt.
Tauscht man sich vor allem online aus und ist der Kontakt eher lose, oder gibt es wöchentliche Stammtische, bei denen man sich persönlich kennenlernen kann? Auch hier geht es eher um die persönlichen Prioritäten, denn gerade „Einzelkämpfertypen“ werden sich in einer lockeren, distanzierten Gemeinschaft wohler fühlen, „Vereinstypen“ dagegen schätzen und brauchen den ‚echten‘ Austausch.
Ist die Gruppe noch sehr neu, oder hat sie bereits eine große Reichweite und einen gewissen Ruf? Wieder gibt es keine ‚bessere‘ Variante, denn neue und kleine Gruppen sind nicht per se schlecht, da sie mir die Möglichkeit bieten, mich stärker einzubringen und etwas mitaufzubauen und zu formen, während ich mich bei etablierten Gruppen stärker an die bestehenden Regeln halten muss und eventuell in der Masse der Mitglieder untergehe.
Jedes Netzwerk hat zudem eine klare Ausrichtung, und kommuniziert unter Umständen auch entsprechend. Steht die Gruppe zum Beispiel für eine bestimmte politische Richtung, die ich nicht vollständige vertrete, oder bin ich ein sehr politischer Mensch in einem Netzwerk, dass sich als ‚politisch neutral‘ sieht und solche Themen ausklammert, habe ich unter Umständen Schwierigkeiten. Wie ist die Haltung der Gruppe zu DKZV Veröffentlichungen, oder zu Selfpublishing? Wie streng wird bei genrebezogenen Gruppen die Trennung gehandhabt? Darf ich zum Beispiel meine Krimis am Messestand einer Fantasy-Autorengruppe mitausstellen, oder auf der Gruppenseite bewerben, oder darf ich nicht einmal erwähnen, dass ich auch Krimis schreibe?
Schwierig kann es auch werden, wenn das Netzwerk von seinen Mitgliedern einen gewissen Einsatz verlangt. Das kann ein Geldbetrag sein, ein bestimmter Einsatz in Form von Social Media Posts pro Woche oder Monat, die regelmäßige Teilnahme an on- oder offline Treffen oder ganz explizit das Liken, Bewerben oder gar das Lektorieren der Werke anderer Autoren. Die Anforderungen zu kennen und diesen entsprechen zu wollen und zu können ist ein sehr wichtiger Punkt, denn nicht jeder hat die Zeit und die Lust, sich entsprechend einzubringen, und bei sehr aktiven Mitgliedern kann zudem das Gefühl entstehen, viel zu geben und nichts oder zu wenig zurückzubekommen.
Letztlich ist aber auch wichtig, dass ich mit den anderen Gruppenmitgliedern zurechtkomme. Möchte ich mit ihnen in Verbindung gebracht werden und gemeinsam auftreten? Fühle ich mich von ihnen anerkannt und als gleichberechtigt akzeptiert? Sind mir persönliche Kontakte sehr wichtig, oder reicht mir eine rein professionelle Zusammenarbeit aus?
Was erwarte ich konkret von dieser Gruppe?
Idealerweise habe ich Ziele, die ich mit meinem Schreiben erreichen will, bei denen mich die gewählte Gruppe unterstützen kann. Diese Ziele sollten möglichst konkret sein, z.B. Unterstützung durch eine Krimiautorengruppe, wenn man gerade am ersten Krimi arbeitet oder diesen bald veröffentlichen wird, gemeinsame Marketingaktionen, um neue Leser zu gewinnen, ein Messestand auf der LBM oder der Buch Berlin, Unterstützung beim Cover/Lektorat – es gibt viele Möglichkeiten. Wichtig ist, dass man klar erkennt, wie einem gerade diese Gruppe dabei helfen könnte.So viele Überlegungen klingen nach einer Menge Arbeit? Ja, aber es lohnt sich! Je genauer das gewählte Netzwerk und man selbst zusammenpassen, desto grösser sind die Chancen auf eine dauerhafte Verbindung, auf Erfolg und schöne Erlebnisse. Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Autor von einer Gruppe profitieren kann – man muss nur die richtige für sich finden.
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Zum Weiterlesen:
- Weg vom Schreibtisch, auf ins Leben – Schreibgruppen außerhalb des Internets
- Buchmessen für Autoren
- [Kolumne] Autorencommunities: Fluch oder Segen?
Stella Delaney – Autorin, Bloggerin und Geschichtenerzählerin aus Winterthur in der Schweiz. Süchtig nach Kaffee, Tee und allem Süssen. Liebt Katzen, gute Gespräche und Geschichten in jeder Form.
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