Wie schon dem Titel zu entnehmen ist, thematisiert dieser Artikel den Zusammenhang zwischen der kognitiven Leichtigkeit (cognitive ease / Verarbeitungsflüssigkeit: fluency) und dem Schreiben. Anfangs sollte festgehalten werden, dass die nachfolgenden Ideen von Daniel Kahnemans „Thinking, fast and slow“ inspiriert sind. (http://www.amazon.de/Thinking-Fast-Slow-Daniel-Kahneman/dp/0141033576)
Jeden Tag laufen im Gehirn abertausende von Gedanken und Berechnungen ab, egal ob wir uns auf etwas Bestimmtes konzentrieren oder etwas Alltägliches nebenher tun. Läuft alles so, wie es soll? Ist dieser Weg wirklich der kürzere? Brennt mir gerade doch das Essen an? Sollte meine Aufmerksamkeit nicht besser einen anderen Schwerpunkt haben? Der Begriff der kognitiven Leichtigkeit bezieht sich auf die kognitive Beanspruchung (cognitive strain), die bestimmt wird von verstandesmäßigen Mühen und bestehenden, noch nicht, oder nur unzureichend erfüllten Bedürfnissen. Eine hohe kognitive Leichtigkeit zeichnet sich dadurch aus, dass alles so läuft wie geplant. Es gibt also nichts Neues, was in die Planung miteinbezogen werden müsste und somit keinen Grund, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, oder sich mit bereits Vollendetem noch einmal zu beschäftigen. Wenn nun aber doch ein Problem auftaucht, sinkt die kognitive Leichtigkeit sehr schnell.
Wo ist hierbei also der Bezug zwischen kognitiver Leichtigkeit und dem Schreiben? Nun ja, auch beim Schreiben geht es oft um die richtige Planung. Egal, ob es sich dabei um das Schreiben einer wissenschaftlichen Arbeit, einem Roman oder einem Brief handelt. Die Planung globaler, komplexer Projekte mit langfristigen Auswirkungen ist für das menschliche Gehirn nicht immer einfach. Eine Hilfe können dabei verschiedene Werkzeuge sein, diese haben jedoch mit kognitiver Leichtigkeit wenig gemein. Hierbei muss das Gehirn sich anstrengen und das wird, so gut es geht, vermieden. Der Mensch verlässt sich also lieber auf seine Intuition und die Lösungen, die er mit ihrer Hilfe gefunden hat. Diese Lösung wird, ohne nachfolgende Überprüfung, als wahr angesehen, weil weiterer mentaler Aufwand vermieden werden kann.
Die kognitive Leichtigkeit ist verknüpft mit einem Geflecht aus differenten Ursachen und Folgen, wie im nachfolgenden Schaubild zu sehen ist.
Kahneman unterscheidet zwei Systeme des menschlichen Denkens, die nacheinander ablaufen. System 1 läuft gewohnheitsmäßig, schnell, ohne Aufsicht und Einschränkungen ab sowie mit geringem, bis gar keinem Aufwand. Die Anwendung von System 1 geht mit einer hohen kognitiven Leichtigkeit einher. Der Mensch hat gute Laune. Er mag, was er sieht, glaubt, was er hört, vertraut seinen intuitiven Entscheidungen und spürt ein Gefühl von Vertrautheit. Dadurch ist das Denken jedoch meist substanzlos, sowie flatterhaft und läuft nur nebenher. System 2 schaltet sich ein, wenn es zu anstrengenden mentalen Aufgaben kommt. Es geht mit einer geringen kognitiven Leichtigkeit einher. Der Mensch fühlt sich angespannt, das Denken ist konzentrierter und skeptischer, alles in allem zweifelnder. Das bereits Bekannte wird hier hinterfragt, dadurch erfolgt eine erhöhte mentale Aktivität. Diese verringert zwar die Anzahl der Fehler, sorgt aber dafür, dass die Kreativität und Intuition durch Rationalität ersetzt wird.
Nun muss also am besten ein Weg gefunden werden, der System 1 und 2 nicht hintereinander, sondern nebeneinander ablaufen lässt. Dies zu bewerkstelligen könnte sich als ziemlich große Herausforderung herausstellen, deshalb werde ich vereinfachend versuchen, ein paar Ideen einzubringen. Eine davon findet sich auch in Kahnemans Buch. Es gibt bestimmte Wege die kognitive Beanspruchung zu steuern, also zu verringern oder zu erhöhen. Das kann beim Schreiben zum Beispiel zu einem bewussten Schreiben führen. Ich überprüfe nach Absätzen immer wieder, was ich geschrieben habe. Dadurch aktiviere ich System 2 und ändere den vorherrschenden, aber nebenherlaufenden Modus der Intuition in einen bewussten Modus der Konzentration und Analyse.
Das Gefühl kognitiver Leichtigkeit wird außerdem von einem geringen Impuls von Vertrautheit ausgelöst, bevor die eigentliche Assoziation abgerufen wird. - Wenn diese denn existiert. Hier rufe ich zur Vorsicht auf: Durch das Verlassen auf System 1 können sich schnell fiese, aber vermeidbare Fehler einschleichen. Wenn man sich jedoch intuitiver und kreativer ausdrücken will, hilft meist schon das Nachdenken über positive Ereignisse vor Beginn des Schreibprozesses. Dies fördert den 'Kontakt' zur eigenen Intuition. Eine gute Stimmung erlaubt uns also kreativ und intuitiv zu schreiben, eine weniger gute hingegen steigert den kritischen Impuls des zweiten Systems und führt zu einer analytischen und rationalen Herangehensweise. Auch eine 'negative' Stimmung kann natürlich in einem weitgehend künstlichen Rahmen erzeugt werden. Hierfür muss nicht einmal an schlimme Ereignisse gedacht werden. Es reicht, sich vergangene Textfehler zu vergegenwärtigen und dem kritischen Impuls des Denkens nachzugeben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wie hat dir dieser Artikel gefallen?