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Samstag, 13. Mai 2017

Was, wenn jeden Tag schreiben utopisch ist?

 

Utopie, die

undurchführbar erscheinender Plan; Idee ohne reale Grundlage

[Duden] 



Ich fühle mich schlecht. Erstens, weil ich doch eigentlich Jugendbücher schreiben will (und bisher nur Sachbücher veröffentlicht habe) und zweitens, weil meine letzte Veröffentlichung schon wieder ein halbes Jahr alt ist. In meiner Szene, wie ich den Kreis der selbstveröffentlichenden Autoren liebevoll bezeichne, schon ein alter Schuh. Und mit jedem Monat, ja mit jeder Woche, jedem Tag, an dem ich nicht weiter an der nächsten Veröffentlichung arbeite, fühle ich mich noch mieser. Kann ich das überhaupt? Darf ich mich gar als Autor bezeichnen? Und warum kann ich dieses „eigentlich“ nicht aus meinem Kopf streichen? Selbstzweifel wachsen mit jedem Wort, das ich nicht schreibe …

Aber muss man nicht mal Pause machen, der Kreativität Zeit zum Atmen lassen, um neue Kraft zu schöpfen?

Und darf auch einem Autor nicht mal wichtigeres passieren, als Schreiben? Darf man als Autor nicht auch mal andere Prioritäten setzen, als (für andere oder sich selbst) Geschichten zu schreiben? Muss man sich wirklich schlecht fühlen, wenn das Schreiben eine Zeit lang nicht so ins Leben passt, wie man es sich vorgestellt oder geplant hat?

Die letzten Monate waren alles andere als einfach. Mein Leben glich einer Berg- und Talfahrt. Ich will bei Gott nicht darüber Jammern. Diese Zeit war wichtig für mich und hat mich ein ganzes Stück weitergebracht. Und doch bin ich mit meinen Projekten effektiv nicht weitergekommen, auch wenn ich merke, dass sich mein Schreiben irgendwie weiterentwickelt hat – auch wenn ich nicht geschrieben habe, in meinem Kopf waren meine Geschichten trotzdem da. Kein Vollblutautor kann sich wohl jemals davon lossagen, sich selbst aus diesen anderen Welten im Kopf ausschließen. Wäre ja auch schlimm, oder nicht?

Schon immer habe ich gern Pläne gemacht. Im letzten Jahr meine Challenge für mich selbst, jeden Tag mindestens 200 Wörter an meinen Projekten zu schreiben. Ich habe gemerkt, es sind nicht nur die Wörter, die zählen. Schon zuvor habe ich in meiner Facebookgruppe „Writers' Inn“ versucht, die Mitglieder mit einem Punktesystem zu motivieren, indem die Zeit, die sie in ihre Projekte stecken, etwas wert war (von der Planung über die Recherche bis zum Coverbasteln).

Nur manchmal hat man einfach nicht die Zeit zum Schreiben, egal, wie sehr man sie einplant. Manchmal versinkt die Schreibzeit im Chaos des Lebens, weil einfach so viele Dinge anstehen. Manchmal hat man einfach nicht mehr den Kopf fürs Schreiben, weil man vergessen hat, wo man ihn abgestellt hat.

Auf Facebook habe ich mal gefragt, wie andere Autoren zum täglichen Schreiben stehen. Die Mehrheit war dafür, aber es gibt auch einige, die es nicht schaffen. Dafür nehmen Sie sich arbeitsfreie Tage, ein, zwei Mal in der Woche oder das Wochenende.

Als ich noch Studentin war und täglich mehrere Stunden mit der Bahn unterwegs, hatte ich noch viel Zeit zum Lesen – wahlweise auch schreiben. Mit war bewusst, dass es mit Vollzeitjob, Familie und Co ungleich schwerer sein müsste. Aber ich konnte es mir nicht einmal ansatzweise vorstellen. Jetzt bin ich eines besseren belehrt – und sehr froh, dass ich keine Kinder habe.

Dennoch ist es frustrierend, nicht jeden Tag schreiben zu können (damit meine ich im Prinzip alle „Arbeiten“, die eben dazu gehören, nicht nur das reine Schreiben). Ich bin gefühlt völlig aus meinen Projekten raus und habe noch nicht einmal ansatzweise einen Plan, wie man einen verdammten Roman schreibt, bzw. überarbeitet.

Jeder, der ein Vorhaben am liebsten täglich umsetzen will und es nicht schafft, wird irgendwann aufgeben. Jeder „Neustart“ ist ungleich schwerer als der Vorherige. Es ist frustrierend, wenn man doch will und ewig auf der Stelle trampelt, nicht vorwärtskommt. Ich mahne mich selbst zu Geduld mir selbst gegenüber, nehme mir vor, eben nicht alle meine Projekte (nicht nur Schreibprojekte, sondern auch das Erlernen verschiedener Sprachen, Musikinstrumente, Joggengehen, usw.) täglich neben meinem Job zu machen – weil ich es nicht kann. Denn irgendwann würde es in Stress ausarten. Schreiben und Joggen gehen ist mir zum Beispiel gleichermaßen wichtig, nur eben in anderen Bereichen. Das eine lässt mich körperlich besser fühlen, das andere seelisch. Ohne will ich nicht. Doch nur diese beiden Dinge neben dem Haushalt, Job, Schlaf und was da noch so ist in den Alltag zu quetschen, ist manchmal nicht so einfach. Fehlt nur die Disziplin oder ist es nicht auch einfach mal gesund, sich einen Abend auf dem Sofa mit einem Film und dem Liebsten zu gönnen? Muss man täglich an der Selbstoptimierung arbeiten oder artet das in dem krankhaften Hinterherhetzen einer Utopie aus? Wäre es nicht wichtiger, in einer ausgeglichenen Lebensweise und langsam – eben mit Ausdauer und Geduld (was einfach nur heißt, sich selbst mit Mitgefühl zu begegnen und nachgiebig zu sein, wenn etwas mal nicht klappt) – seinen Zielen näher zu kommen, als sich auszupowern, mit Disziplin (was in gewisser Weise nichts anderes bedeutet, als sich selbst zu etwas zu zwingen, was aus bestimmten Gründen vielleicht nicht immer möglich ist) alles aus sich herauszuholen und kurz vor dem Ziel zusammenzubrechen, weil man einfach nicht mehr kann? Wird es dann nicht leichter?

 

Hut ab vor dem, der sein Leben so organisieren kann! Doch wer es nicht schafft, muss sich nicht deswegen grämen :-) 

„Wer hohe Türme bauen will, muss lange beim Fundament verweilen.“

Anton Bruckner

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Zum Weiterlesen:


Tinka Beere liebt es, in andere Welten einzutauchen, und schreibt Geschichten mit einem fantastischen Touch. Darüber hinaus begeistert sie der Austausch mit anderen Autoren, denen sie mit hilfreichen Tipps gerne zur Seite steht. 

 



2 Kommentare:

  1. Ich habe vor einigen Wochen meinen Roman in seiner hoffentlich vorletzten Überarbeitung fertiggestellt. Das umfasste das komplette Neuschreiben des Textes. Dabei hatte ich mir irgendwann eine Deadline gesetzt und eine ungefähre Wortgrenze, diese Grenze auf die Wochen heruntergerechnet und so gewusst, was ich wöchentlich schaffen muss, um mein Ziel zu erreichen. Am Ende hatte ich dieses Ziel mindestens um das Doppelte übertroffen, was schon ein krasses Gefühl war. ;) Jetzt lasse ich die Sache gerade einfach ganz bewusst schon seit einigen Wochen liegen und taste mich allmählich an den vorletzten Überarbeitungsschritt heran (bevor es die Testleser bekommen).
    Will sagen: diesen Druck, täglich schreiben zu müssen, kenne ich gut. Dabei ist es eben auch wichtig, wieder aufzutanken, damit man irgendwann nicht mehr wie ein Roboter in die Tasten haut. Zumindest genieße ich die Abende vor der Glotze schon sehr. Am besten, nachdem ich eine Runde Laufen war. Und im Idealfall hab ich dann noch die Gitarre auf dem Schoß. ;)

    Wie kommt man denn in deine Facebook-Gruppe? *liebguck*

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    1. Wow, hört sich doch super an :-) Laufen ist auch immer toll und entspannt mich total. Leider hab ich im Moment keine Lust, wenn ich Zeit hätte und keine Zeit, wenn ich Lust habe. Ein Dilemma :D

      Zur Facebook-Gruppe geht's hier lang: https://www.facebook.com/groups/Schreibmotivation.Schreibinspiration/

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