Doch welche Möglichkeiten gibt es konkret um sich Stress und Kummer von der Seele zu schreiben? Was verbirgt sich hinter der Poesietherapie? Und kann Schreiben wirklich bei Krankheiten helfen?
Schreiben als Therapie in Kliniken
Die sogenannte Poesietherapie oder auch Bibliotherapie steckt bei uns in Deutschland noch in den Kinderschuhen. In den USA hingegen wird sie bereits häufiger angewendet und es gibt dort sogar einen eigenen Berufsverband für Poesietherapeuten. Doch was ist Poesietherapie und wofür wird sie angewendet?Bei dieser Form der Therapie geht es darum, in bereits vorhandener Literatur Antworten für die eigenen Probleme zu finden oder mit Hilfe von selbstgeschriebenen Texten, Gefühle auszudrücken und zu verarbeiten.
Hierfür eigenen sich sowohl Gedichte, als auch Briefe, Tagebucheinträge, Songtexte oder Kurzgeschichten. Das Schreiben fungiert hierbei wie ein „Ventil“, durch das der Patient seine negativen Gefühle an die Oberfläche befördert und loslässt. Dies wirkt unglaublich befreiend.
Abschließend werden die Ergebnisse mit dem Therapeuten oder der Gruppe besprochen und diskutiert. Hierbei ist es wichtig, dass die Texte nicht verurteilt werden. Es geht nicht darum, einen perfekten Text zu schreiben, sondern lediglich darum, seine Gefühle auf Papier gebracht zu haben.
Poesietherapie setzt da an, wo Menschen mit Ängsten und Problemen konfrontiert werden. In psychiatrischen Kliniken wird sie ebenso angewandt wie beispielsweise bei Krebspatienten. Auch letztere können aus selbstgeschrieben Texten und Gedichten neue Kraft schöpfen und Trost finden.
Möglichkeiten, des befreienden Schreibens
Es gibt viele Wege, wie man Schreiben nutzen kann um Stress und Probleme zu bewältigen. Ich habe nachfolgend mehrere Methoden unter die Lupe genommen und einmal genauer betrachtet.1. Tagebuch
Dies ist wohl die herkömmlichste Methode, seinen Stress von der Seele zu schreiben. Seinem Tagebuch kann – oder sollte man sogar – alles anvertrauen, was einen beschäftigt und was man im Tagesgeschehen erlebt hat. Dies hilft, die Gedanken zu ordnen und Probleme zu analysieren.Es ist wichtig, dass man ins Tagebuch ehrlich und ungeschönt schreibt. Anfangs kann das etwas ungewohnt sein, aber mit der Zeit wird man feststellen, wie befreiend es ist, sich alles von der Seele zu schreiben. Man muss nicht täglich hineinschreiben, aber eine gewisse Regelmäßigkeit ist von Vorteil.
Es kann auch sehr gut tun, nach längerer Zeit ältere Einträge zu lesen. Oft erkennt man dann erst, was für eine Entwicklung man selbst gemacht hat und wie man Probleme bewältigt hat, die einem zunächst unüberwindbar vorkamen.
2. Gedichte
Gedichte sind ein beliebtes Mittel, um Gefühle auszudrücken.Für Anfänger eignen sich kurze Gedichtformen wie ein Haiku oder Elfchen. Das Haiku kommt aus Japan und bedeutet übersetzt „scherzhafter Vers“. Es besteht aus drei Zeilen mit insgesamt nicht mehr als siebzehn Silben. Meist beschreibt es eine konkrete Situation im Präsens. Ein Elfchen hingegen ist ein kurzes Gedicht, das aus einer vorgegebenen Form besteht. Es besteht aus elf Wörtern die in einer ganz bestimmten Reihenfolge auf fünf Zeilen verteilt werden.
Geübtere Schreiber können sich auch an längere Gedichte wagen. Die Gedichte müssen sich nicht reimen, aber wichtig ist, dass sie einen gewissen Rhythmus haben. Im Internet gibt es Foren, wo man seine Gedichte veröffentlichen kann. Ist das Gedicht jedoch sehr persönlich, sollte man sich gut überlegen, ob man es wirklich mit der Welt teilen möchte. Vor allem Anfänger müssen mit heftiger Kritik rechnen.
Besser wäre hier, sich ein Notizbuch mit eigenen Gedichten anzulegen. Das Buch kann man frei gestalten, zum Beispiel mit Collagen, Mosaiksteinen, bunten Papieren oder Zeichnungen.
3. Briefe
Briefe können ebenfalls ein nützliches Hilfsmittel sein, um seinen Kummer zu verarbeiten.Diese Briefe müssen auf keinen Fall abgeschickt werden, vielmehr geht es darum, Gedanken gezielt an eine bestimmte Person zu formulieren. Zum Beispiel rät man Menschen, die in Trauer sind, einen Brief an die verstorbene Person zu schreiben, in dem man all dies mitteilt, was man der betreffenden Person gerne noch sagen möchte. Das kann helfen, den Verstorbenen besser loslassen zu können.
Ebenso kann man Briefe an Menschen schreiben, mit denen man bestimmte Konflikte hat. Es kann guttun, einer bestimmten Person per Brief einmal richtig die Meinung zu sagen und seinem Ärger Luft zu machen. Die Person muss diesen Brief ja niemals erhalten.
Gleichzeitig kann dieses Schreiben in Konfliktsituationen aber auch helfen, die richtigen Worte zu finden, die man der anderen Person entgegnen kann. Dadurch, dass man sie schon vorformuliert hat, tritt man selbstsicherer auf.
4. Expressives Schreiben
Besonders emotional belastende Situationen kann man auch mit der Übung des „Expressiven Schreibens“ verarbeiten. Sie wird von Poesietherapeuten empfohlen und ist relativ einfach durchzuführen.Suche dir dazu einen ruhigen Ort, an dem du für eine Weile ungestört bist. Überlege dir ein Thema, das dich emotional berührt und beschäftigt. Stelle dir dann einen Wecker auf fünfzehn Minuten und schreibe in dieser Zeit alle Gefühle, Eindrücke und Gedanken auf, die dir zu diesem Thema einfallen. Wichtig ist, dass du dabei ganz ehrlich zu dir selbst bist. Dein Text braucht niemand anderes zu lesen, er ist nur für dich bestimmt.
Diese Methode kann sehr nervenaufreibend sein und vielleicht fühlst du dich zunächst niedergeschlagen, doch das gibt sich normalerweise nach einigen Minuten wieder. Wiederhole diese Übung drei bis vier Mal in der Woche. Du kannst dein Thema auch wechseln, doch es gilt: Je öfter man über ein bestimmtes Thema schreibt, desto besser entfaltet sich die Wirkung.
5. Schreiben mit allen Sinnen
Eine weitere Übung, die Poesietherapeuten durchführen, sind Beschreibungen der Sinne. Stelle dir hierzu eine ganz bestimmte Situation bildhaft vor und beschreibe sie mit all deinen Sinnen.Nehmen wir zum Beispiel einen Strandspaziergang. Hörst du die Möwen schreien, das Meer rauschen? Riechst du die Muscheln, die das Meer an Land gespült hat? Du leckst deine Lippen ab – schmeckst du das Salz? Was spürst du, wenn du den Sand berührst? Fühlt er sich warm oder kalt an? Was kannst du sehen? Welche Farbe hat das Wasser? Welche Tiere kannst du entdecken? Je detaillierter deine Beschreibungen sind, desto besser.
Die Übung hilft, sich auf den Moment zu konzentrieren und zur Ruhe zu kommen. Außerdem hat sie noch einen weiteren Effekt: Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es für unser Gehirn egal ist, ob wir uns eine bestimmte Situation in unserer Fantasie ausmalen oder sie tatsächlich erleben. Wenn du dir also eine besonders schöne, entspannende Situation ausmalst, kann das eine positive Auswirkung auf deine Psyche haben.
Probiere die verschiedenen Möglichkeiten ruhig einmal aus. Nicht alles ist für jeden geeignet, Menschen sind unterschiedlich. Vielleicht findest du ja eine Methode, die dir dabei hilft, Stress zu reduzieren und mehr zur Ruhe zu kommen.
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Zum Weiterlesen:
- Genie und Wahnsinn – Psychische Leiden bei Schriftstellern
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Mimi bloggt auf www.myna-kaltschnee.com über Bücher und das Schreiben. Ihre Geschichten sind in den Genres Horror, Fantasy und Science Fiction zu Hause.
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