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Mittwoch, 12. August 2015

Schreiben auf Reisen: Mediales Schreiben – oder Schreiben für andere

Im letzten Artikel habe ich dir einige Möglichkeiten vorgestellt, wie du während einer Reise deine Erinnerungen festhalten kannst. Dabei können das Reisetagebuch oder das Reisenotizbuch auf eine lange Tradition zurückblicken, schließlich existierten sie lange Zeit ohne Computer und Internet. Zwar gibt es auch heute noch Formen, wie die Ansichtskarte und den Reisebrief, die ganz ohne das World Wide Web auskommen, jedoch wird mittlerweile auch sehr gerne auf moderne Medien zurückgegriffen. Es ist dir natürlich freigestellt, wie du deine Erlebnisse festhalten willst und ob du das nur für dich selbst machst oder andere daran teilhaben lässt. Um dir dahingehend ein wenig Hilfestellung zu geben, erfährst du in diesem Artikel alles rund um das Mediale Schreiben. Ob du nun SMS verschickst, twitterst, mailst oder doch einen Reiseblog betreibst - die Daheimgebliebenen werden sehr dankbar sein, von dir und deinen Erlebnissen zu hören.

 

„Wir sind gut angekommen“ oder vom obligatorischen Foto der Unterkunft

Unabhängig vom Führen eines Reisetagebuchs gibt es bei mir immer Standartnachrichten, die ich mit dem Handy an meine Eltern oder meine Freunde schicke. Ganz weit vorne liegt die Nachricht „Wir sind nun angekommen“, kombiniert mit einem Foto von dem Ort, an dem wir so eben eingetroffen sind. Das ist alles gut und schön, wirkt aber bei genauerer Betrachtung ein wenig platt. Es ist möglich viel mehr aus solchen Sachen zu machen. Du kannst selbst solche Nachrichten ein wenig literarisieren und zu etwas Besonderen machen. Ich zeige dir, wie du Formen wie SMS, Twitter oder E-Mail auf Reisen nutzen kannst.
Die SMS kommt der traditionellen Ansichtskarte am nächsten. Sie richtet sich an einen einzigen Empfänger und schildert kurz, was dem Verfasser gerade in diesem Augenblick passiert. Im Idealfall entsteht daraus ein kurzer Dialog, bei dem sich Verfasser und Empfänger über ihre jeweilige Situation berichten. Es formen sich kleine Szenen, welche rückblickend in minimalistischer Form momentane Eindrücke oder Gegebenheiten abspeichern. Ich gebe euch ein kleines abgeändertes Beispiel aus meinem Kurzurlaub in Rheinsberg. Das ist wirklich passiert:

22:10 (Verfasser) Oh man. Ich war gerade mit Mama noch einmal unterwegs zum Schloss. Ich wollte ein paar Fotos vom Schloss bei Nacht machen, aber Pustekuchen … wir wurden vom Wachmann vom Grundstück begleitet. Nach Sonnenuntergang ist es verboten das Gebiet ums Schloss zu betreten. :/

22:15 (Empfänger) Das ist aber doof. :( Wieso ist das verboten?

22:17 (Verfasser) Dort ist nichts beleuchtet. Ist ja nur ein kleines Schloss.

22:20 (Empfänger) Schade. Hast du denn trotzdem Fotos gemacht?

22:25 (Verfasser) Ein paar … so aus Knatz. Hab ja schließlich Stativ und alles mitgeschleppt.

22:26 (Empfänger) Zeigst du sie mir, wenn du wieder da bist?

22:28 (Verfasser) Na klar. :) Und was treibst du so?

22:31 (Empfänger) Wir spielen gerade Werwolf¹, aber ich bin nach der ersten Runde rausgeflogen. :(

22:35 (Verfasser) Oh Schade, aber du kennst ja das Sprichwort ;)



An diesem Beispiel erkennt man den typischen Aufbau eines SMS-Austausches: Einer erzählt von seiner aktuellen Situation und dann der andere. So entsteht ein kleiner Dialog. Natürlich schwinden solche Dialoge irgendwann im Nachrichtenwald und man müsste sicher nach einem Jahr sehr lange im Nachrichtenverlauf suchen. Jedoch festigt sich die Erinnerung, indem man sie niederschreibt und sei es nur als kurze Mitteilung. Ich jedenfalls habe den Abend nicht vergessen.

 

Kleine Geschichten des Lebens

Bei der SMS ging es um kurzes Schildern und Kommentieren eines Augenblicks, bei der Mail geht es wieder mehr ums Beschreiben. Du kannst dem Empfänger (oder auch mehreren) einen Ausschnitt aus deinem Leben beschreiben. Mails auf Reisen fangen in diesem Sinne Details der Umgebung auf und schildern das Verhältnis des Schreibers zu eben diesen Details. Dabei entsteht eine Art autobiografischer Äußerungen, die dem Empfänger nicht nur mitgeteilt, sondern meist auch gleich aus der Distanz reflektiert werden. Eine Mail ist also eher ein Rückblick, der für den Empfänger geschaffen wird. Im Grunde enthält die Mail viele Eigenschaften eines Reisebriefes, der einer Reisemail als historischer Vorgänger dient. Aufgabe beider Formen (Mail und Brief) sind Klärung, Erörterung und bestmögliche Darlegung eines Sachverhaltes oder eines Erlebnisses. Diese Reflexion sollte idealerweise so gestaltet sein, dass der Empfänger sich aufgefordert fühlt etwas zu antworten und auf diese Erlebnisse eingeht.
Das Twittern funktioniert vom Inhalt wie eine SMS, nur dass man keinen persönlichen überschaubaren Kreis an Empfängern hat, sondern einen größtmöglichen Kreis an Followern (also Empfängern) erreichen will. Hier kannst du ein wenig mit den Nachrichten spielen, literarische oder raffinierte Texte verfassen, damit du die zumeist fremden Personen in deinen Bann ziehen kannst. Du kannst z. B. kleine Beobachtungen am Wegesrand in Minigeschichten umwandeln, sodass der Leser erst einmal stutzt und an deinem Text hängen bleibt. Natürlich ist hier die Herausforderung eine solche Geschichte in 140 Zeichen zu formulieren. Aber dafür stelle ich dir am Ende eine Schreibaufgabe bereit. Aus diesen kleinen Posts ergibt sich am Ende eine geheime Spur, eine Geschichte, die den Objekten und Gegebenheiten ein neues Gewand verleiht.

 

Schreiben auf Facebook und Bloggen 

Beide Sachen funktionieren nur, wenn du sie intensiv betreibst. Gerade Facebook lebt von Statusmeldungen. Und nur wenn du eine Nachricht nach der anderen schreibst, mit interessanten Geschichten, Informationen und Fotos, kannst du ein ganz neues Bild von dir erzeugen, welches sich aus diesen Einträgen ergibt. Allerdings bleibt die Frage, ob du diese Zeit in deinem Urlaub aufwenden möchtest. Dir muss bewusst sein, dass wenn du deine Leser einmal an der Angel hast, sie auch regelmäßig Meldungen und Kommentare von dir erwarten, um weiter mit deinem Facebook-Ich in die Thematik einzutauchen. Solch eine literarische Nutzung von Facebook ist nicht für jeden etwas. Viele begnügen sich mit gelegentlichen Posts und Bildern, was ihnen in der Fremde gerade auffällt.
Ganz anders ist es beim Bloggen. Das Bloggen kannst du als digitales Tagebuch sehen, wo du deine täglichen Eindrücke und Geschichten festhältst. Bist du kein Fan vom Schreiben mit Papier, dann ist vielleicht der Reiseblog etwas für dich. Es ist ein Tagebuch für eine möglichst breite Netz-Leserschaft, daher solltest du eine Sprache wählen, die weniger persönlich als allgemein ansprechend ist. Solche Sachen wie „Liebes Tagebuch, heute waren wir …“ sind eher fehl am Platz. Datum und Ort genügen. Außerdem solltest du dir Themen suchen, die du dann möglichst über mehrere Tage bearbeitest, viele Hinweise und Dokumente am Wegesrand sammelst und in deinem Blog der Öffentlichkeit zur Verfügung stellst. Fotos, regionale Musik oder ein Interview mit einem Einheimischen zu einem Thema sind immer sehr willkommen bei den Lesern. Durch die Kommentare und Anregungen der Leser entsteht eine interessante Zusammenarbeit, bei der man immer mehr Details ausarbeiten und entdecken kann.
Journalist Andrew Sullivan sagte einmal: „Bloggen verhält sich zum Schreiben wie Extremsportarten zur Leichtathletik: mehr Freistil, ungefährdeter, weniger regelgebunden, lebendiger. Bloggen bedeutet in vieler Hinsicht, laut herauszuschreiben.“²

Ein sehr passendes Schlusswort, wie ich finde. Ich werde mich nun erstmal auf meinen Urlaub vorbereiten. Im nächsten Artikel bekommt ihr von mir einen Erfahrungsbericht. Was nutze ich zum Schreiben auf Reisen? Wie bereite ich mich vor? Wie gehe ich vor? Außerdem gehe ich der Behauptung nach, dass es ganz ohne Kamera doch nicht geht. Bis dahin wünsche ich auch dir eine schöne Urlaubszeit.

Schreibaufgabe:

Es ist Urlaubszeit. Wenn du die Möglichkeit hast diese Schreibaufgabe im Urlaub zu erledigen, dann tu es. Es kommt sicher etwas Tolles dabei heraus. Die Daheimgebliebenen machen einfach einen Stadtspaziergang. Egal, ob im Urlaub oder nicht, verpacke Auffälligkeiten am Wegesrand in ein Korpus von 140 Zeichen und binde sie in eine kleine Geschichte ein. Du wirst deine Heimatstadt eventuell in einem ganz neuem Licht sehen. Solltest du nicht auf Twitter angemeldet sein, kannst du eine solch begrenzte Nachricht auch auf Facebook oder deinem Schreibblog posten.


¹ Werwolf ist ein Kartenspiel, welches man in sehr großen Gruppen spielen kann. Hierbei machen Dorfbewohner jagt auf eine Gruppe Werwölfe.
² zitiert nach Hans-Josef Ortheil: Schreiben auf Reisen. S. 103.


Mehr Informationen zum Thema Mediales Schreiben findest du u. a. in 'Schreiben auf Reisen' von Hans-Josef Ortheil

4 Kommentare:

  1. Sehr schön geschrieben, Anki...jetzt habe ich total Lust, ein kleines Urlaubstagebuch anzufangen, wenn wir Ende September in den Spreewald fahren :)

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    1. Danke dir Gaby :D
      Wenn du Lust dazu hast, dann solltest du es auf jedenfall einmal versuchen. Du kannst es ja zusätzlich mit ein paar Fotos bestücken, die ihr mit Sicherheit machen werdet. Ich finde sowas ist immer eine schöne persönliche Erinnerung.
      Du musst mir dann auf jedenfall berichten, was dabei heraus gekommen ist. :)

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  2. Toller Artikel, Anki! :) Endlich bin ich auch mal dazu gekommen ihn zu lesen. Für unseren Urlaub haben wir uns jetzt eine Art Mach dieses Buch fertig - Reisetagebuch gekauft, worauf ich schon total gespannt bin.

    Über Social Media und Bloggen würde ich eher nicht während meiner Reise berichten, da so ja auch Einbrecher darauf kommen könnten, dass man gerade nicht Zuhause ist. Diese Methoden finde ich besser für Menschen, die für mehrere Monate "on the road" sind und so all ihren Liebsten gleichzeitig berichten können. :)

    Ganz liebe Grüße :)
    Kim

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    1. Danke dir, liebe Kim! :)
      Mach dir nichts daraus. Ich komme im Augenblick auch nicht dazu alle Artikel zu lesen. Ich nehme für meine Urlaube auch immer ein Büchlein mit. Ich will auch nicht ständig im Internet hängen, gerade bei nicht mal 2 Wochen Urlaub. Nächsten Sonntag gehts auf nach Wien. Wenn ich vom Urlaub wieder da bin, werde ich einen Erfahrungsbericht zum Thema "themenbasierter Reisebericht" schreiben. :)

      Du hast Recht. Die Medialen Berichte eignen sich wirklich eher für längere Reisen: Auslandssemester, Weltreise, Rundreise etc. Nur leider kommt man trotzdem in die Versuchung zumindest Facebook daran teilhaben zu lassen, dass man ENDLICH in den Urlaub fahren kann. ;)

      Wohin fahrt ihr denn? Mich würde es freuen, wenn du hinterher eine kurze Rückmeldung geben könntest, wie das mit dem Buch geklappt hat. :)

      Grüßle
      Anki

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